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    Bei Rheuma – so gut wie die Originale

    Foto: Ruslan Huzau via Shutterstock

    Ein Gespräch mit Prof. Dr. Jürgen Braun, Inhaber des Lehrstuhls für Rheumatologie an der Ruhr-Universität Bochum und ärztlicher Direktor des Rheumazentrums Ruhrgebiet, über den Einsatz von Biosimilars in der Rheumatologie und den Austausch mit Patienten.

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    Prof. Dr. med. Jürgen Braun

    Inhaber des Lehrstuhls für Rheumato­logie an
    der Ruhr-Universi­tät Bochum und
    ärztlicher Direktor des Rheumazent­rums Ruhrgebiet

    In welchen Bereichen arbeiten Sie bereits mit Biosimilars?

    In sehr vielen Bereichen – wir setzen sie natürlich überall dort ein, wo sie zugelassen sind. Genauso wie bei den originalen Biologika setzen Rheumatologen sie dann ein, wenn Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen nicht auf eine konventionelle Basistherapie wie zum Beispiel mit dem am häufigsten verwendeten Medikament, dem Methotrexat, ansprechen.

    Diese Medikamente wirken antientzündlich und sie unterdrücken mehr oder minder stark das Immunsystem beziehungsweise bestimmte Funktionen dieses Systems. Damit kann verhindert werden, dass die Erkrankung weiter voranschreitet, Folgeschäden werden im Erfolgsfall vermieden und Begleiterkrankungen, die wegen der chronischen Entzündung entstehen können, reduziert.

    Der Vorteil von Biosimilars gegenüber den Originalpräparaten besteht im Wesentlichen in reduzierten Therapiekosten. Biosimilars werden daher zunehmend und mit gutem Erfolg eingesetzt. Wichtig ist bei allen diesen Medikamenten die sorgfältige Überwachung durch den behandelnden Facharzt in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt.

    Warum haben sich biologische Therapeutika gerade bei Rheuma so stark etabliert?

    Das liegt vor allem an der guten Wirksamkeit und Verträglichkeit. Die Prognose der betroffenen Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen hat sich dank der Biologika deutlich verbessert. Biosimilars sind in Bezug auf Sicherheit, Verträglichkeit und Effizienz vergleichbar zu den Originalprodukten, das bedeutet, dass es keine klinisch relevanten Unterschiede zum Referenzprodukt gibt.

    An vielen Orten in Europa, aber zum Teil auch noch in Deutschland werden nicht alle Rheumapatienten, bei denen das erforderlich wäre, mit diesen hochwirksamen Biopharmazeutika behandelt. Das liegt zum Teil an fehlenden Kenntnissen, aber auch zum Teil an zu langen Wartezeiten und ökonomischen systemimmanenten Problemen.

    Daher ist es gut, dass Biosimilars kostengünstig angeboten werden und sich als Alternative etablieren, um ein wichtiger Baustein zu werden, der mögliche Lücken in der Versorgung schließen kann. Aufgrund sinkender Behandlungskosten können dann im Prinzip mehr Patienten behandelt werden. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass auch die Originalprodukte im Preis sinken. Das alles kann zu erheblichen Kostenersparnissen für die Solidargemeinschaft führen.

    Wie schätzen Sie das Wissen hierzu auf Patientenseite ein?

    Nach meiner Erfahrung akzeptieren Patienten neue Medikamente, wenn Sie als Arzt adäquat auf die Zulassungssituation und die bisherigen Daten verweisen. Die Mediziner nehmen natürlich eine wichtige Rolle ein, sie müssen die Betroffenen adäquat informieren und mit ihnen den Einsatz von Biosimilars besprechen. Bei dem Neubeginn einer solchen Therapie ist das in der Regel unproblematisch, beim Wechsel auf ein solches Präparat besteht zum Teil größerer Informations- und Gesprächsbedarf.

    Fühlen sich Patienten nicht verunsichert, wenn ihnen ein Original durch ein „preiswertes“ Ersatzpräparat ersetzt wird?

    Das erlebe ich bei den aufgeklärten Patienten in meiner täglichen Arbeit eher nicht. Natürlich ist der Wissensstand der Patienten ziemlich unterschiedlich. Bei Patienten, die an einer Angsterkrankung leiden, könnte durch den Wechsel auf ein Biosimilar eine solche Verunsicherung auftreten.

    Wo sehen Sie dennoch Aufklärungsbedarf?

    Den gibt es natürlich grundsätzlich immer. Selbst einige Ärzte müssen noch verstehen, dass auch bei den Biologika der biologische Herstellungsprozess bedeutet, dass schon verschiedene Chargen eines Originalpräparates oder europäische und amerikanische Präparate desselben Herstellers eben nur ähnlich sind. Wegen der biologischen Herstellung können sie nicht identisch sein.

    Gleiches gilt für Biosimilars. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt, dass die Daten von Patienten, die mit Biologika oder Biosimilars behandelt werden, in Registern gesammelt werden, dies findet zum Teil bereits statt. Wichtig dabei ist, dass seltene bzw. unerwartete Nebenwirkungen dem Erstanbieterprodukt beziehungsweise dem Biosimilar genau zugeordnet werden können.

    Was möchten Sie Patienten mit auf den Weg geben?

    Biosimilars erhöhen die Therapievielfalt. Mehr Betroffene können mit ihnen vergleichbar sicher, verträglich und effizient behandelt werden. Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt und lassen Sie sich genau informieren, damit eine gemeinsame Entscheidung auf vernünftiger Basis getroffen werden kann.

    Insgesamt sind über 250 Biopharmazeutika in Deutschland zugelassen. Bekannter Vertreter dieser Medikamentenkategorie ist das Insulin.

     

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