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    Mit dem Defibrillator zurück ins Leben

    Wenn ein kurzer Schreckmoment zur Lebensgefahr wird. Foto: Racha Phuangpoo via Shutterstock

    Dass ich heute noch am Leben bin, ist ein kleines Wunder.

    Augenoptikerin Tina Flamm schreibt über ihr Leben mit Herzrhythmusstörungen.

    Ich leide seit meiner Geburt am Long-QT-2-Syndrom, einer genetisch bedingten Herzkrankheit. Bei dieser liegt eine elektrische Störung meines Herzens vor, so dass es vor allem in Schrecksituationen zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen aus der Herzkammer kommen kann. Das kann zu Herzrasen, Schwindel, Bewusstlosigkeit und im schlimmsten Fall zum plötzlichen Herztod führen.

    Ich bin froh, wieder zur Normalität zurückgefunden zu haben.

    Die EKG-Veränderungen waren schon in meiner Kindheit aufgefallen, die Ärzte hatten damals aber angenommen, dass dies nicht so schlimm wäre. Aber dann hatte ich im letzten Jahr meinen ersten Anfall. An alles, woran ich mich erinnere, war das laute Weckerklingeln meines Freundes, morgens um 8 Uhr. Danach war ich bewusstlos und nahm erst den Rettungsdienst wieder wahr.

    Zunächst deutete alles auf einen epileptischen Anfall hin, so dass ich in einer neurologischen Abteilung behandelt wurde. Die hinzugezogenen Kardiologen aus der Klinik Kirchheim – Dr. Torsten Beck und Dr. Matthias Zirnig – pflanzten aber damals bereits einen sog. Eventrecorder ein (ein Mini-EKG-Gerät, das unter der Haut platziert wird), da sie als Ursache des Anfalls eine Herzrhythmusstörung vermuteten, es bislang aber nicht beweisen konnten.

    Damit haben sie mir sehr geholfen. Denn als ich im März einen erneuten Anfall nach einem Alarm meines Feuerwehrmelders hatte, war relativ schnell klar, dass es doch keine Epilepsie sein konnte, sondern eine gefährliche Herzrhythmusstörung. Der Eventrecorder hatte diese aufgezeichnet. Ich bekam Tabletten, man wollte sehen, ob die Herzrhythmusstörungen dadurch unterbunden werden können. In Behandlung bin ich  bei Herrn Dr. Stephan Ruppert, der in Nürtingen eine kardiologische Gemeinschaftspraxis führt, und bei dem ich mich sehr gut aufgehoben fühle.

    Ich habe ihn nach dem zweiten Anfall gefragt, was mit mir passiert und womit ich im schlimmsten Fall rechnen muss. „Im schlimmsten Fall mit einem Defibrillator“, sagte er mir. Ich war nicht einmal geschockt. Wenn es so ist, dann ist es so, dachte ich. Hauptsache leben.

    Home-Monitoring gibt Sicherheit

    Wäre ich über 70 gewesen, dann hätte ich vermutlich sofort einen implantierbaren Defibrillator (ICD- implantierbarer Cardioverter-Defibrillator) bekommen und die Sache wäre erledigt gewesen. Ich bin aber erst 32, die Ärzte wollten nicht gleich operieren. Also bekam ich eine Defibrillator-Weste, die ich drei Monate lang trug. Wahrscheinlich hätte ich sie tragen können, so lange ich wollte. Aber ich litt unter der eingeschränkten Lebensqualität. Das war wie ein verkehrter Sport-BH, ich schwitzte schnell, hatte ständig einen nassen Rücken, bekam Ausschlag.

    Letztlich gab es zum ICD-Implantat keine Alternative. Die Entscheidung fiel mir deshalb auch nicht schwer. Das kleine Gerät an meinem Herzen merkt sofort, wenn etwas nicht in Ordnung ist und gibt leichte Impulse – wenn das nicht hilft, auch mal einen Schlag. Ganz automatisch stellt der ICD die normale Herzschlagfolge wieder her.

    Zuerst dachte ich, da ich ja noch jung und zudem sehr aktiv bin, ins Fitness-Studio gehe, Sport treibe, dass das Risiko sehr hoch ist, dass die Sonde Schaden nimmt. Es ist ja auch nur ein Kabel. Aber das Home Monitoring hat mir die Angst genommen. Jede Nacht werden die Daten aus meinem ICD über eine kleine Antenne im Implantat an meinen CardioMessenger gesendet. Der CardioMessenger sieht aus wie ein W-LAN-Router und steht neben meinem Bett. Anschließend überträgt der CardioMessenger meine Daten an ein zentrales Rechenzentrum in Berlin.

    Auf diese Daten haben dann nur meine behandelnden Ärzte Zugriff, sowohl Dr. Ruppert als auch die Ärzte in der Klinik. Wenn etwas nicht stimmt, bekommt Dr. Ruppert eine Benachrichtigung, im Urlaub auch direkt auf sein Smartphone. Er kann sich dann zeitnah kümmern und notwendige Maßnahmen einleiten, das gibt mir Sicherheit. Zudem erspare ich mir ständige Routine-Kontrollen.

    Kaum Einschränkungen

    Bis auf die Narbe habe ich heute kaum noch etwas, das an den Eingriff erinnert. Ich darf wieder fast alles, gehe meinem Vollzeit-Job als Augenoptikerin nach, meinem Hobby, ich bin Helferin bei der Freiwilligen Feuerwehr. Nur mit einem Atemschutzgerät ins brennende Haus darf ich nicht.

    Insgesamt gibt es aber wenig, worauf ich verzichten muss. Ich bin froh, wieder zur Normalität zurückgefunden zu haben. Manchmal, wenn ich die Tasche auf die Schulter lege, ist die Narbe etwas im Weg. Aber sonst denke ich nicht mehr so viel an die OP. Und von Tag zu Tag wird es weniger.

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