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    Repariert, aber nicht geheilt – warum Erwachsene mit angeborenem Herzfehler regelmäßig zum Arzt gehen sollten

    Doch wie immer gilt auch hier: Eine schöne Statistik ist das eine. Die konkreten Einzelfälle, aus denen sie sich zusammensetzt, sind das andere – und das eigentliche. In der täglichen Praxis gibt es nach wie vor großen Handlungsbedarf. Denn die meisten Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (kurz: EMAH) haben Rest- und Folgezustände, die mit wenigen Ausnahmen eine lebenslange ärztliche Begleitung notwendig machen. Das Problem: Viele Patienten begeben sich nicht mehr in Behandlung beziehungsweise brechen die Behandlung ab, wenn sie erwachsen werden.

    Junge Erwachsene mit angeborem Herzfehler entziehen sich der medizinischen Betreuung

    Was Außenstehenden zunächst ziemlich unerklärlich erscheint, wird schnell nachvollziehbar: Viele Patienten fühlen sich subjektiv einfach gut. Sie haben kein oder kaum Krankheitsempfinden, wissen wegen der angeborenen Herzfehler oft schlicht nicht, wie es ist, völlig gesund zu sein. Sie entziehen sich gerade in der Transitionsphase, dem Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen, der medizinischen Betreuung. Kardiologen und EMAH-Experten wie Prof. Dr. Dr. Harald Kaemmerer von der Klinik für Kinderkardiologie und angeborene Herzfehler am Deutschen Herzzentrum München und Rhoia Neidenbach, Leiterin einer von dort durchgeführten bundesweiten Studie zur Primärversorgung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern, sehen sehr großen Handlungsbedarf, um die Versorgungssituation der Betroffenen zu verbessern.

    „Obwohl in Deutschland eine flächendeckende Versorgung von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler durch zertifizierte Spezialisten in Kliniken und Praxen verfügbar ist, werden diese Spezialisten in der Mehrzahl der Fälle gar nicht erreicht“, schildert Neidenbach.

    Prof. Kaemmerer kennt die Ursachen: „Erwachsene mit angeborenem Herzfehler werden überwiegend von Hausärzten, Allgemeinärzten, Internisten und bestenfalls von Kardiologen betreut, die nicht speziell ausgebildet wurden und daher oftmals nicht über eine entsprechende Expertise in diesem Bereich verfügen. Das ist deshalb problematisch, weil sich die Behandlung von EMAH häufig von der Standardbehandlung von Patienten mit erworbenen Herzerkrankungen oder anderen chronischen Erkrankungen unterscheidet.“

    So kommt es, dass EMAH-Experten heute ihre Aufgabe auch darin sehen, Patienten und nicht spezialisierte Ärzte zu erreichen und über diese Problematik zu informieren. Zudem empfehlen sie allen Betroffenen, sich einer Patientenorganisation (zum Beispiel Deutsche Herzstiftung, Herzkind e. V. und andere) anzuschließen.

    EMAH und Lungenhochdruck (PAH): wie angeborene Herzfehler und PAH zusammenhängen (können)

    Einzelne angeborene Herzfehler sind von der Natur so gut balanciert, dass die Betroffenen diesen Fehler nicht oder erst spät erkennen. Nicht selten sind die klinischen Symptome auch so gering oder so untypisch, dass Ärzte den Herzfehler übersehen. Die Diagnose wird dann häufig zufällig im Rahmen einer Diagnostik gefunden – nicht selten erst bei einer Echokardiografie oder einer Herzkatheteruntersuchung.„Manchmal entwickelt ein Patient erst nach langer Zeit Symptome. Beispiel hierfür sind einzelne Herzfehler, die zu einer Lungengefäßerkrankung mit Lungenhochdruck führen. Es kommt sogar vor, dass zunächst nur die Diagnose eines Lungenhochdrucks gestellt und erst durch weitere Diagnostik der verursachende angeborene Herzfehler gefunden wird“, schildert Prof. Kaemmerer.

    Herzfehler behandeln: je früher, umso besser

    Heute wissen Spezialisten, dass angeborene Herzfehler im Spontanverlauf zu Lungenhochdruck führen  können – ein Hauptgrund, warum man versucht, angeborene Herzfehler so früh wie möglich zu behandeln. Bis vor Kurzem ist man dann davon ausgegangen, dass nach frühzeitiger und guter Behandlung die Patienten geheilt sind und die Gefahr eines Lungenhochdrucks gebannt ist. „Leider haben wir in den letzten Jahren aber lernen müssen, dass dies nicht immer so ist – und möglicherweise nicht wenige Patienten im Verlauf ihres späteren Lebens doch eine Lungengefäßerkrankung entwickeln.“

    Erfreulicherweise stehen aber seit einigen Jahren Medikamente und Maßnahmen zur Verfügung, mit denen auch in solchen Fällen geholfen werden kann. Hierfür ist natürlich die entsprechende Expertise erforderlich, und wir sind wieder beim entscheidenden Punkt: Patienten und Hausärzte müssen wissen, dass alle Patienten mit AHF in einer entsprechenden Nachsorge bleiben sollten und wo genau sie Hilfe finden können.

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