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    Was passiert bei Zöliakie im Körper?

    Foto: Albina Glisic via Shutterstock

    Nimmt ein Zöliakiebetroffener Gluten zu sich, dann greift das Immunsystem körpereigene Strukturen an, weshalb man bei Zöliakie von einer Autoimmunerkrankung spricht.

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    Bianca Maurer

    Ernährungsmanagerin Diätetik (B. Sc.)
    Pressesprecherin Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e.V.

    Der Organismus hält Gluten fälschlicherweise für schädlich und greift die Schleimhaut im Dünndarm an. Dadurch entzündet sie sich. Diese Entzündungen bewirken, dass die Zotten im Dünndarm kürzer werden. Diese faltigen Strukturen vergrößern die Oberfläche, sodass der Dünndarm letztlich ausgebreitet circa die Fläche eines Tennisfeldes hat.

    So können Nahrungsbestandteile schnell ins Blut gelangen. Sind die Zotten jedoch verkleinert, verringert sich die Oberfläche erheblich und damit auch die Aufnahme von Nährstoffen. Es kommt zu Vitamin- und Mineralstoffmängeln sowie zu vielfältigen Symptomen.

    Gibt es parallel Erkrankungen oder eine familiäre Häufung?

    Zöliakie tritt häufig gemeinsam mit anderen Autoimmunerkrankungen auf. Zu den Risikogruppen für Zöliakie gehören Menschen, die an Diabetes mellitus Typ 1, rheumatoider Arthritis, Trisomie 21 oder autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen leiden. Auch Verwandte ersten und zweiten Grades von Erkrankten sind häufiger betroffen. Diese Personen sollten sich untersuchen lassen, insbesondere falls Symptome auftreten, die auf eine Zöliakie hinweisen.

    Wie und wann macht sich die Erkrankung in der Regel bemerkbar? Warum wird sie gern auch unter den Tisch gekehrt oder verharmlost?

    Es gibt zahlreiche, vielfältige Symptome, die bei einer Zöliakie auftreten können. Im Kindesalter zeigt sich die Erkrankung häufig in Form von Eisenmangel, Wesensveränderungen wie Unzufriedenheit oder Weinerlichkeit und stagnierendem Wachstum. In späteren Jahren können Osteoporose, Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Depressionen oder gar Unfruchtbarkeit auftreten.

    Klassische Symptome wie Durchfall und Bauchschmerzen zeigt nur ein geringer Teil der Betroffenen. Die Symptome sind so vielfältig und unterschiedlich ausgeprägt, dass kaum zwei Krankheitsfälle identisch sind. Mediziner bezeichnen Zöliakie daher auch als „Chamäleon unter den Krankheiten“.

    Da es keine typischen Symptome gibt und die Beschwerden oft unspezifisch sind, dauert es bei vielen Betroffenen lange, bis die korrekte Diagnose gestellt wird. Oft werden Betroffene mit ihren Beschwerden deshalb nicht ernst genommen. Hier ist die Kompetenz der Ärzte gefragt, denn sie sollten auch bei extraintestinalen Symptomen an eine Zöliakie denken.

    Warum ist es in den letzten Jahren auch so ein Hypethema geworden?

    Neben der Zöliakie gibt es noch weitere Erkrankungen, bei denen eine glutenfreie beziehungsweise weizenfreie Ernährung nötig ist – Weizenallergie und Weizensensitivität. Jedoch gibt es auch viele Menschen, die ohne medizinische Notwendigkeit Gluten von ihrem Speiseplan streichen.

    Glutenfrei zu leben, wird seit Längerem von zahlreichen Prominenten, vor allem in den USA, propagiert. Auch in Deutschland wird hierüber berichtet, was auch hier zu der irrtümlichen Annahme geführt hat, ohne Gluten würde man grundsätzlich gesünder leben.

    Wie kann eine Zöliakie diagnostiziert werden?

    Ein Bluttest auf zöliakietypische Antikörper gibt den ersten Hinweis. Die endgültige Absicherung der Diagnose erfolgt durch eine Dünndarmbiopsie. Dabei wird eine Kamera über Mund, Speiseröhre und Magen in den Dünndarm geschoben. Mehrere Gewebeproben werden entnommen und anschließend mikroskopisch untersucht. Hierbei ist die abgeflachte Schleimhaut erkennbar. Der Patient muss sich unbedingt bis zur Diagnose glutenhaltig ernähren. Eine vorsorglich glutenfreie Ernährung verfälscht das Ergebnis.

    Welche Aussage kann ein einfacher Bluttest geben?

    Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass bei Kindern in 50 Prozent der Fälle auch ohne Biopsie, nur durch den Bluttest beim Facharzt, eine sichere Diagnose gestellt werden kann. Hierfür müssen jedoch unbedingt verschiedene Voraussetzungen gegeben sein, zum Beispiel müssen mehrere Antikörpertests durchgeführt werden und die Werte entsprechend hoch sein.

    Wie ist hier ein Gentest einzuordnen?

    In Deutschland tragen 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung die Gene, die vorhanden sein müssen, um eine Zöliakie zu entwickeln. Jedoch ist nur ein Prozent der Deutschen von Zöliakie betroffen, das heißt, das Vorliegen der erblichen Voraussetzungen lässt noch keine Aussage zu, ob der Patient im Laufe seines Lebens eine Zöliakie entwickelt oder nicht. Der Gentest eignet sich deshalb nur zum Ausschluss einer Zöliakie, nicht zur Diagnose.

    Wie wird dann weiter behandelt? Lässt sie sich therapieren? Was ist Betroffenen zu raten?

    Gegen Zöliakie gibt es keine Medikamente. Die einzige Therapie ist eine lebenslange, strenge glutenfreie Ernährung. Nur so kann sich die Dünndarmschleimhaut regenerieren und eine normale Nährstoffaufnahme gewährleisten.

    In den meisten Fällen tritt bereits wenige Wochen nach der Ernährungsumstellung eine Besserung ein und die Krankheitssymptome verschwinden. Werden jedoch regelmäßig Diätfehler gemacht, werden ständig neue Entzündungen hervorgerufen und somit steigt das Risiko für Begleiterkrankungen wie Lactoseintoleranz, Osteoporose oder Blutarmut. Deshalb ist es wichtig, die Diät konsequent einzuhalten.

    Betroffenen empfehlen wir, Mitglied bei der DZG zu werden, um einen kompetenten Ansprechpartner zu bekommen, der einem mit Rat und Tat rund um die Erkrankung, von der Diagnose bis hin zur glutenfreien Ernährung, zur Seite steht und sich für die Interessen der Betroffenen einsetzt.

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