Home » Krankheitsbilder » Krebs » Diagnose Krebs: „Du bist nicht alleine“
  • Krankheitsbilder

    Diagnose Krebs: „Du bist nicht alleine“

    Die Fachärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe mit dem Schwerpunkt der gynäkologischen Onkologie und medikamentöse Tumortherapie behandelt täglich Patientinnen mit Brust- oder Unterleibskrebs.

    Sie arbeiten nach dem Leitgedanken: „Du bist nicht alleine“. Was konkret meinen Sie?

    In den letzten Jahrzehnten fand eine Wandlung statt: Von der ausschließlichen Therapie einer Krankheit hin zur ganzheitlichen Therapie eines Menschen mit seinen Bedürfnissen und Ängsten. Bereiche wie die Psychologie wurden eingebunden, Interdisziplinarität gewann an Bedeutung.  Als Ärztin sehe ich mich in der Rolle eines Lotsen, der vom Diagnosegespräch über die OP durch die unterschiedlichen Phasen der medikamentösen Therapie bis hin zum Abschlussgespräch die Patientin an der Hand nimmt.

    Durch Kontinuität in der Behandlung versuche ich, Vertrauen zu gewinnen.

    Durch diese Kontinuität versuche ich, Vertrauen zu gewinnen. Das erleichtert die Arbeit, weil unter anderem bestimmte Ängste oder Wünsche im Vorfeld formuliert werden. Für die Patientin ist das wertvoll, weil sie sich geborgen fühlt, für den Arzt, weil er weiß, wo er individuell ansetzen kann und wo Angst  den Blick auf Therapiemöglichkeiten und Heilung verwehrt. 

    Ist das eine Beschreibung für die „individualisierte Krebstherapie“? 

    Das ist ein Teil davon. Zum einen ist es wichtig,  den Menschen in seiner sozialen Struktur zu sehen: Eine junge Frau mit 30 Jahren, die möglicherweise noch keine Familie gegründet hat und den tiefen Wunsch nach eigenen Kindern verspürt, die mitten im Leben und in ihrem Freundeskreis steht, hat andere Bedürfnisse als eine ältere Dame mit 85, die „lebenssatter“ und erfüllt ist .

    Zum anderen steht der Begriff der „individualisierte Krebstherapie“  für eine gezielte, tumorspezifische Behandlung, die abhängig ist von der Tumorbiologie. Diese wird bei der Untersuchung des Gewebes vom Pathologen untersucht und auf ihr basiert die Behandlungsempfehlung z.B. einer Antikörper-, Hormon- oder spezifische Chemotherapie.

    Wie stellt sich das eingangs beschriebene ‚ Netzwerk’ in der Praxis dar?

    Es setzt die Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche und Disziplinen an einem Ort voraus. Das bedeutet, dass an der Behandlung einer Brustkrebspatientin z.B. nicht nur der Fachbereich Gynäkologie beteiligt ist. Eingebunden sind auch die plastischen Chirurgie für einen möglichen Wiederaufbau, die Onkologie für die medikamentöse Therapie, die Psychoonkologie, um den Patienten seelisch zu stabilisieren, die Radiologie für die Bildgebung und viele andere Kolleginnen und Kollegen.

    Ein interdisziplinäres Netzwerk erleichtert das Arbeiten.

    Unsere Plattform sind regelmäßig stattfindende Tumorkonferenzen, das Herz eines onkologischen Zentrums. Hier besprechen wir alle Krebspatienten, um gemeinsam den weiteren Fahrplan festzulegen. Alle Partner des Netzwerks beleuchten gemeinsam alle Aspekte der Krankheit aber auch die soziale Einbindung und den Willen unseres Patienten.

    Sie selbst sind Teil des Experten Netzwerkes PRIMO MEDICO.  Warum ist dieses Netzwerk wichtig für Sie?

    Weil es letztlich Deutschland-, Österreich-, Schweiz übergreifend diese Interdisziplinarität von der ich sprach, noch stärker forciert. Interaktion und Austausch finden nicht mehr nur in der Klinik und in den Fachbereichen statt, sondern die Kliniken interagieren untereinander. Man tut sich leicht, möglicherweise einen Kollegen aus einem anderen Fachbereich anzusprechen. Es ist ein sehr innovatives Netzwerk, das die Zusammenarbeit erleichtert.

    Für diese Individualisierungen brauchen Sie doch aber auch viel mehr Zeit. Wie verschaffen Sie sich die?

    Die Zeit für den Patienten und seine Familie nehme ich mir: das vertrauensvolle Verhältnis, das über Wochen, Monate und manchmal auch Jahre einer Krebsbehandlung aufgebaut wird, führt am Ende dazu, dass weniger Worte erforderlich sind. Das fachliche Know-how darf ein Patient voraussetzen, die emotionale Intelligenz, die Arzt-Patienten-Bindung unterscheidet uns voneinander.

    Nächster Artikel