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    Wenn die DNA-Reparatur bei Zellen nicht mehr funktioniert: BRCA-Mutationen bei Brust- und Eierstockkrebs

    Frau Prof. Lüftner, was sind BRCA-Mutationen, die eine Ursache von Brust- und Eierstockkrebs sein können?

    BRCA steht für BReast CAncer (deutsch: Brustkrebs) und bezeichnet Gene, welche an der DNA-Reparatur von Zellen bei zufälligen Störungen der Zellteilung beteiligt sind. Die Zellen unseres Körpers werden durch Zellteilungen immer wieder erneuert. Statistisch gesehen entstehen hierbei zwischen 10.000 und 20.000 „Fehler“ pro Tag. Die Fehler in der DNA werden unter anderem mithilfe der BRCA-Proteine repariert. Wenn in den BRCA-Genen jedoch eine Mutation (Veränderung) vorliegt, kann der Reparaturmechanismus gestört werden.

    Wer sollte sich auf BRCA-Mutationen testen lassen?

    Die Frauen, in deren engerem Familienkreis bereits Brust- beziehungsweise Eierstockkrebs aufgetreten ist, sollten sich testen lassen, um ihr eigenes Risiko besser einschätzen zu können. Beim Brustkrebs erfolgt momentan unter anderem dann eine Testung, wenn mindestens drei Frauen innerhalb einer Familie betroffen sind, wenn eine Angehörige sehr jung erkrankt ist oder wenn eine besonders aggressive Form des nicht hormonabhängigen Brustkrebses vorliegt. Ebenso sollte sich – gemäß den aktuellen medizinischen Leitlinien – jede Patientin, die bereits an Eierstockkrebs erkrankt ist, auf Mutationen in den BRCA-Genen testen lassen.

    Wie viele Frauen mit Brust- und Eierstockkrebs haben BRCA-Mutationen?

    Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von BRCA-Mutationen liegt in Deutschland durchschnittlich bei fünf Prozent und variiert stark je nach Art des Brustkrebses. Beim hormonabhängigen Brustkrebs, an dem etwa 65 bis 70 Prozent aller Brustkrebspatientinnen in Deutschland leiden, liegen BRCA-Mutationen bei vier Prozent der Fälle vor. Insgesamt ist dies also eine große Gruppe und für mich ein Grund, bei grundsätzlich allen Frauen mit Brustkrebs einen Gentest anzustreben. Bei einem nicht hormonabhängigen, zum Beispiel dem sogenannten dreifach negativen Brustkrebs (circa zehn bis 15 Prozent der Fälle) weisen etwa zwölf Prozent BRCA-Mutationen auf. Auch beim Eierstockkrebs hängt die Häufigkeit der BRCA-Mutationen von der genetischen Konstellation ab. Die Wahrscheinlichkeit liegt hier bei bis zu 20 Prozent.

    Welche Konsequenz haben BRCA-Mutationen für Frauen und deren Familien?

    Das Ergebnis der BRCA-Testung bringt generell wichtige Informationen für alle Mitglieder der Familie. Hinsichtlich der Konsequenzen müssen wir zwischen Risikokon-
    stellation, das heißt dem Wissen um das familiäre Risiko, und den unmittelbaren Konsequenzen für die Behandlung unterscheiden. Bei Vererbung von BRCA-Mutationen ist das lebenslange Erkrankungsrisiko stark erhöht (bis zu 80 Prozent).

    Bei einer betroffenen Patientin stellt sich daher zunächst die Frage: Haben ihre Kinder, ihre Geschwister und möglicherweise auch ihre Eltern ebenfalls ein erhöhtes Erkrankungsrisiko? Zum anderen kann das Wissen um diese Mutationen eine wichtige Rolle bei der Therapiewahl spielen: Wenn ich zum Beispiel eine Patientin mit einem metastasierten Eierstockkrebs mit BRCA-Mutationen habe, kommen in bestimmten Behandlungssituationen Therapieoptionen infrage, die zielgerichtet bei BRCA-Mutationen wirken können.

    Was bedeutet „zielgerichtete Therapien“?

    Zielgerichtete Therapien, wie z. B. PARP-Inhibitoren, nutzen Defekte im DNA-Reparaturmechanismus, um Krebszellen gezielt absterben zu lassen. Für den Fall, dass der Eierstockkrebs trotz Ansprechen auf eine vorherige Chemotherapie zurückkommt (Rezidiv), kann der Einsatz einer zielgerichteten Therapie wirksam sein und zu einer Lebensverlängerung führen. Inwieweit solche Therapien auch bei der Erstdiagnose eingesetzt werden können, wird derzeit untersucht.

    DE-18410/19

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