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    „Mein Leben hat sich massiv verändert“

    Günther muss dreimal in der Woche für jeweils fünf Stunden an die künstliche Niere. Das bedeutet: Montags, mittwochs und freitags, egal ob Sommer oder Winter, schellt um kurz nach fünf Uhr der Wecker. Aufstehen, frisch machen, einen Kaffee trinken darf er nicht, das wäre zu viel Flüssigkeit. Jetzt noch die Oberschenkelprothese anziehen, das Bein war ihm amputiert worden, trotz aller Bemühungen der Ärzte.

    Das Taxi kommt um 6:20 Uhr, bringt ihn in die etwa 15 Kilometer entfernte Dialyseeinrichtung. Die Pflegekräfte dort kennt er, die Mitpatienten auch, sie haben das gleiche Schicksal. Das schweißt zusammen, auch wenn einmal einer nicht mehr zur Dialyse kommt. Wenn er mittags nach Hause kommt, muss Günther T. erst einmal schlafen. „Ich bin kaputt von der Dialyse, am späten Nachmittag geht’s dann wieder“, erzählt er. Dass es einmal so weit kommen würde, hätte er nicht gedacht. „Diabetes tut ja nicht weh“, sagt mein Patient.

    So wie ihm geht es über 100.000 Betroffenen in Deutschland. Neben der klassischen Blutwäsche kann ein chronisches Nierenversagen auch noch mit der Bauchfelldialyse behandelt werden, eine weitere Option ist die Nierentransplantation. Das Nierenversagen, das zu einer Nierenersatztherapie führt, ist bei etwa einem Drittel der von chronischem Nierenversagen Betroffenen eine Folge eines langjährigen Diabetes mellitus.

    Bei Günther T. hatte bereits die Mutter Diabetes, als er selbst mit 35 Jahren diagnostiziert wurde. Neben der familiären Häufung ist ein frühes Auftreten eines Diabetes mellitus ein Risikofaktor für einen Nierenschaden durch Diabetes, ebenso eine unzureichende Stoffwechselführung der Erkrankung in den ersten Jahren. Etwa 40 Prozent der Menschen mit Diabetes mellitus entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung einen Nierenschaden. Die Früherkennung dieser schmerzlosen Krankheit erfolgt durch regelmäßige Untersuchung des Urins auf kleinste Spuren von Eiweiß, die Mikroalbuminurie, sowie die Abschätzung der Funktionsleistung der Nieren durch die eGFR-Bestimmung.

    Wird ein Nierenschaden durch Diabetes festgestellt, sollte der Betroffene umfassend betreut werden. Der Patient kann durch Nichtrauchen und Senkung des meist erhöhten Körpergewichts entscheidend zur Verhinderung eines chronischen Nierenversagens beitragen. Wichtig sind eine optimale Behandlung der Diabeteserkrankung, eine exzellente Kontrolle des meist erhöhten Blutdrucks sowie eine zielwertorientierte Behandlung des erhöhten Cholesterins. Eine solche umfassende Betreuung sollte durch die Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und Fachärzten erfolgen, eine frühzeitige Einschaltung von Nierenspezialisten ist erforderlich. Die enge Zusammenarbeit zwischen Betroffenen, Haus- und Fachärzten und die zielwertorientierte, multifaktorielle Behandlung der Erkrankung können die Entwicklung eines Nierenschadens verhindern oder einen bereits eingetretenen Schaden zumindest abmildern.

    Das ist ein Gewinn an Lebensqualität für die Betroffenen. Und wenn es trotzdem zum chronischen Nierenversagen kommen sollte, hilft die frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Diabetes- und Nierenspezialisten, die aufkommenden Probleme rechtzeitig zu erkennen und die komplex Erkrankten optimal zu betreuen.

    Günther T. würde manchmal die Zeit gerne zurückdrehen wollen. Doch nun freut er sich zusammen mit seinen Pflegekräften und Ärzten auf seinen 60. Geburtstag: „Die kennen mich, und ich kenne sie, schon seit Jahren, das ist meine zweite Familie hier.“ Wünschen wir ihm alles Gute.

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