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Schlafapnoe ist eine Volkskrankheit, ihre Verbreitung gleicht der von Diabetes mellitus und dennoch wird sie unterschätzt. Prof. Dr. med. Ingo Fietze, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Charité, weiß: Unbehandelt kann diese nächtliche Atemstörung schwerwiegende Folgen haben.

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Prof. Dr. med. Ingo Fietze

Leiter des Interdisziplinären Schlafmed. Zentrums, Oberarzt, Facharzt für Innere Medizin, Pulmologe, Somnologe

Wer ist besonders anfällig für Schlafapnoe?

Grundsätzlich sind die Ursachen in den Erbanlagen zu suchen, die bestimmte anatomische Besonderheiten hervorrufen. Darum tragen Personen, deren Eltern schnarchen beziehungsweise an Schlafapnoe leiden, ein erhöhtes Risiko. In Europa spielt das Übergewicht eine zusätzliche Rolle, in Asien mehr die Anatomie. In der Regel fängt man dann mit 30 bis 40 Jahren an zu schnarchen, und später kommen dann die Atmungsaussetzer dazu.

Was passiert dabei im Körper?

Auch die Nerven, welche die Muskulatur im Rachen ansteuern und eigentlich den Atemweg offen halten, schlafen nachts mit ein. Die Muskeln bekommen keine Signale mehr und erschlaffen. Damit wird der Rachen von allen Seiten eng, denn Gaumensegel, Rachenseitenwände und Zungengrund verlegen den Einatemweg und es kommt zu einem Atemstillstand (Apnoe). Dabei steigt das Kohlendioxidlevel an, was dann ab einem bestimmten Wert im Gehirn eine Weckreaktion auslöst. Die Rachenmuskeln werden wieder aktiviert, man holt Luft, schläft wieder ein, bis der Kreislauf erneut beginnt.

Welche Folgen kann das haben? Womit müssen Betroffene kämpfen?

Die ständigen Weckreaktionen stören den Schlaf und beeinflussen das Kreislaufsystem. Mit den Atmungsstörungen kommt es zu zum Teil ausgeprägten Blutdruck- und Pulsschwankungen, was nachts nicht normal ist. Damit erhöht sich das Herz-Kreislauf-Risiko. Aber auch das Risiko für Diabetes mellitus, für einen Schlaganfall oder für das Auslösen einer Krebserkrankung. Am meisten stört den Schlafapnoiker aber der nicht erholsame Schlaf.

Wie lässt sich die Krankheit diagnostizieren?

Schlafapnoe ist sehr einfach zu diagnostizieren. Die Messung kann zu Hause durchgeführt werden, wobei Atmung, Schnarchen, Körperlage, Puls und Sauerstoffsättigung aufgezeichnet werden. Ist die Diagnose damit nicht eindeutig, geht es in ein Schlaflabor.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Die zwei effektivsten Behandlungsvarianten sind: die konventionelle CPAP-Therapie (Anm. d. Red.: CPAP –continuous positive airway pressure) und die alternative Versorgung COAT (continuous open airway therapy).

Erklären Sie uns die Unterschiede!

Die CPAP ist eine sogenannte nächtliche Überdruckatmung, die den Atemweg im Rachen mit einer Luftsäule offen hält. Diese entsteht, wenn man bei geschlossenem Mund mit Druckunterstützung einatmet und eben gegen diesen Druck dann auch ausatmet. Es ist die effektivste Therapie, aber eben ein Hilfsmittel, welches nicht sexy aussieht. Stellen Sie sich einfach vor, Sie tragen eine Maske auf der Nase, die passende Halterung um den Kopf, die dann noch zu einem Gerät führt. Eine weitaus „schickere“ Methode ist die Protrusionsschiene. Ähnlich dem Zahnschutz beim Knirschen werden oben und unten zwei Schienen eingesetzt, die miteinander arretiert werden, und zwar so, dass der Unterkiefer dabei um mehrere Millimeter nach vorn verschoben wird. Damit wird am Zungengrund mehr Platz geschaffen. Die Therapie ist jedoch nicht für jeden geeignet, aber für manche Betroffene sehr gut und auch als Ersatztherapie für Patienten, die mit CPAP nicht klarkommen, im Einsatz.

Was würden Sie die breite Öffentlichkeit zu diesem Thema wissen lassen?

Schlafapnoe macht müde und müde Menschen sind ein Risiko für sich und die Gesellschaft. Und Schlafapnoe löst andere Erkrankungen aus und ist sehr gut therapierbar. Daher nicht erst zum Arzt gehen, wenn es peinlich oder kriminell wird mit der Müdigkeit oder der Blutdruck schon hoch ist, sondern rechtzeitig. Circa 80 Prozent aller potenziellen Schlafapnoiker sind noch nicht erkannt. Eine gute Nachricht: Nicht jeder braucht die Maske, die wohl eine der Hemmschwellen darstellt, zum Arzt zu gehen.

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