Home » Krankheitsbilder » Innere-Organe » „Ich war ein Arschloch!“
  • Innere-Organe

    „Ich war ein Arschloch!“

    Sie waren 39 als Sie Ihren ersten Herzinfarkt hatten. Konnten Sie fassen, was mit Ihnen passiert?

    Es war am 11. April 2016. Ich war die ganze Nacht schon ganz unruhig und bin dann irgendwann aufgestanden, weil ich aufs Klo wollte. Das aber habe ich nicht mehr geschafft, denn beim Aufstehen merkte ich, dass mein Herz raste, ich war total unruhig und hatte eine Art Panikattacke, dachte ich. Es war, als hätte ich schlecht geträumt.

    Meine Mama, die uns damals zu dem Zeitpunkt besuchte, meinte noch im Scherz, ich solle doch erst einmal eine rauchen, um mich wieder zu beruhigen, aber ich fühlte da schon, dass sich das nicht so einfach in Rauch auflösen lässt. Und dann verspürte ich auch noch den Druck auf der Brust und lief wohl auch blau an, sodass meine Mutter dann Gott sei Dank doch den Notruf wählte. Zehn Minuten später kam der Notarzt mit einer Riesenmannschaft rein.

    Wussten Sie, was mit Ihnen passierte?

    Mir selbst sagte zu dem Zeitpunkt niemand, was genau mit mir los war, aber ich hörte sie darüber reden, dass dies ein schwerer Hinterwandinfarkt sei, was mich sofort in Panik versetzte – auch heute noch, wenn ich darüber rede. Ich weiß noch, dass meine Mutter in Tränen ausbrach, und da wusste ich, dass es ernst ist.

    Wie wurden Sie dann weiter behandelt?

    Beim ersten Eingriff habe ich einen Herzkatheter und einen Stent verpasst bekommen. Damit aber gab es Komplikationen, weshalb es wohl auch zum zweiten Infarkt knapp 14 Tage später kam. Wo dann der Stent ausgetauscht werden musste.

    Haben Sie sich im Nachhinein sehr mit Ihrem Infarkt beschäftigt?

    Ich weiß gar nicht so viel über Herzinfarkte, sondern viel mehr über die Psyche und darüber, wie sie einen außer Kraft setzen kann. Der Infarkt war ein Schlag ins Gesicht, der mich auf den Boden zurückholte. Denn in meinem Leben war zu diesem Zeitpunkt kein Platz für Pausen. Ich hatte so ziemlich das ungesündeste Leben, das man sich vorstellen kann.

    Ich war der, der im Auto auf der Autobahn mit Blinker links drängelte und dabei auf dem Schoß noch ein Notebook und in der Hand Zigarette und Energydrink hatte – ein richtiges Arschloch. Da war fast klar, dass einem das Leben irgendwann einen Tritt verpasst und der Körper einfach sagt: Alter, ich kann nicht mehr!

    Was und wer hat Ihnen in der Zeit danach geholfen?

    Was mir am allermeisten geholfen hat, war, in der Reha unter Gleichgesinnten zu sein, denn ich habe meinem Körper einfach nicht mehr vertraut. Wir hatten in der Gruppe eine Gemeinsamkeit, und das war die Angst, dass das noch einmal passieren kann. Unser Schicksal hat uns verbunden, wodurch wir uns einander unglaublich viel Kraft und Halt gegeben haben.

    Wie geht es Ihnen heute?

    Ich gehöre nicht zu den Menschen, die das so einfach wegstecken, ganz im Gegenteil. Ich glaube, auch nach der Reha habe ich weitere 600 Herzinfarkte in Form von Panikattacken gehabt. Obwohl das schon deutlich besser geworden ist. Denn seit dem Infarkt habe ich einen kompletten Wandel durchlaufen, die erste Version von Mike Leon Grosch gibt es nicht mehr.

    Ich habe meine Ernährung komplett umgestellt und zwölf Kilo abgenommen, mit dem Rauchen aufgehört und mich intensiv dem Sport gewidmet. Auch meinen Job im Vertrieb der Modebranche habe ich aufgegeben und mich wieder dem gewidmet, was mir mehr Freude gibt: der Musik. Auch wenn das Geldverdienen hier weitaus härter ist. Ich bin zum Beispiel sehr erfolgreich als Hochzeitssänger unterwegs.

    Allein in diesem Jahr waren es 40 Auftritte (Anm. d. Rdk.: Mehr Infos hierzu auf der Facebook- und Instagram-Seite von Mike Leon Grosch). Aber richtig stolz bin ich darauf, dass meine Herzleistung von anfänglich 40 auf nun wieder 65 Prozent hochgegangen ist und dass ich wieder das Herz eines Gesunden habe.

    Nächster Artikel