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    Sich an Glück zu gewöhnen, ist gefährlich

    Das Internetspielverbot wird von kommerziellen Anbietern aus dem Ausland unterlaufen und die Angebote erwecken oft den Anschein der Legalität. Foto: Xavier Lorenzo via shutterstock

    Spielen macht Spaß – vor allem, wenn man gewinnt. Wer spielt, Glück hat und dabei auch noch Geld gewinnt, wird mit jeder Menge Dopamin belohnt. Glücksspielsucht ist kein neues Phänomen; neu ist die Möglichkeit, die „Lust auf mehr“ einfach online – anonym, jederzeit, ohne soziale Kontrolle – zu stillen. Online-Gambling ist bequem, gefährlich und oft illegal.

    Das Suchtpotenzial von Glücksspielen ist gut erforscht. Schon in den 1950er-Jahren konnte die Funktionsweise unseres „mesocortikolimbischen dopaminergen Belohnungssystems“ durch Versuche mit Ratten nachgewiesen werden – und sofort wurde auch die Gefahr offensichtlich: Die Tiere konnten einfach nicht aufhören, sich zu belohnen.

    Die Möglichkeit, sich mittels eines Hebels einen kleinen Stromschlag zu verpassen, der für ein kleines „Dopamin-High“ sorgte, wurde schnell attraktiver als alles andere. Die Ratten drückten viel lieber den Glückshebel, als zu fressen oder zu trinken, oft bis zur totalen Erschöpfung. Kein Wunder also, dass heute jegliches Glücksspiel in Deutschland strengen Auflagen unterliegt und erst genehmigt werden muss.

    Diese Hürde aufrechtzuerhalten, wurde durch das Internet und unzählige Online-Glücksspielangebote extrem erschwert. Auf dem Papier sind alle Onlinekasinos illegal (nur in Schleswig-Holstein besteht eine Ausnahmeregelung) – in der Praxis ist der Online-Glücksspielmarkt ebenso wie die glücksspielrechtliche Situation in Deutschland sehr unübersichtlich.

    Das Internetspielverbot wird von kommerziellen Anbietern aus dem Ausland unterlaufen und die Angebote erwecken oft den Anschein der Legalität. Für die Konsumenten ist oft nicht zu erkennen, dass sie an einem Glücksspiel in einer gesetzlichen Grauzone teilnehmen.

    Für Spielsuchtexperten und Verhaltenswissenschaftler ist allerdings leicht zu erkennen, dass das Internetspiel wegen der mangelnden sozialen Kontrolle, der Anonymität und der ständigen Verfügbarkeit deutlich gefährlicher für die Entwicklung einer Spielsucht ist als das Spiel in sozial überwachten Räumen wie Spielbanken oder Lotto-Annahmestellen.

    Für wirklich tragfähige Langzeitstudien ist das Internet noch nicht alt genug – die Plausibilität dieser Zusammenhänge ist gesellschaftlich und ordnungspolitisch aber weitgehend akzeptiert und findet sich in entsprechend härteren Regelungen für das Internetspiel wider.

    Aber nicht nur Glücksspiele um Geld bergen ein hohes Suchtpotenzial. Auch Handygames, sogenanntes Social Gaming und simulierte Glücksspiele ohne Geldspieleinsatz stellen eine Gefahr dar: Die WHO (World Health Organisation) hat „Gaming Disorder“ dieses Jahr als eigenständige Krankheit klassifiziert. Insbesondere Kinder und Jugendliche sind gefährdet, denn die vielen bunten, harmlosen Fungames können der Einstieg in eine Spielsuchtkarriere sein – einerseits wegen des sich leicht entwickelnden Suchtgedächtnisses des jugendlichen Gehirns und andererseits, weil das echte Online-Glücksspiel oft nur einen Klick entfernt ist.

    Wer Kinder im handyfähigen Alter hat, weiß aus eigener Erfahrung, dass eine wirkliche Kontrolle schwer ist. Der Gefahr wird insofern wohl auf absehbare Zeit am besten durch offene, ehrliche Gespräche begegnet – am besten im Rahmen eines gemütlichen, altmodischen Spieleabends.

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