AUCH IN DUNKLEN PHASEN STECKT DIE MÖGLICHKEIT, NEUE KRAFT ZU ENTWICKELN.
Gaby Köster
Schauspielerin, Comedian und Autorin
@gabykoester_offiziell
Als Gaby Köster 2008 einen Schlaganfall erlitt, stand ihre Welt still. Doch statt aufzugeben, fand sie Schritt für Schritt zu neuer Energie. Im Interview spricht sie über Wut als Motor, ihren ganz persönlichen Neustart und warum sie Humor für lebenswichtig hält.
Frau Köster, Sie haben nach Ihrem Schlaganfall eine beeindruckende persönliche Reise durchlebt – was war für Sie rückblickend der Wendepunkt, an dem aus dem Rückschlag eine echte „Energiewende“ wurde?
Natürlich hat man nicht pausenlos gute Laune – das wäre auch unnatürlich. Nach meinem Schlaganfall war ich von anderen abhängig, und genau das fiel mir schwer, weil ich nie gerne um Hilfe bitte. Irgendwann habe ich gemerkt: Ich muss etwas finden, das nur mir gehört, etwas, das ich allein tun und bewältigen kann. Ich habe akzeptiert, dass dies wohl meine Aufgabe im Leben ist – mit den Dingen umzugehen, die nicht so laufen, wie man es sich wünscht, und trotzdem das Beste daraus zu machen. Genau darin habe ich meine Energiequelle gefunden: aus dem Widerstand eine Stärke zu entwickeln.
Ein Schlaganfall verändert das Leben oft unvermittelt – körperlich, emotional und sozial. Was waren für Sie die größten Herausforderungen in der Zeit danach, und wie sind Sie mit ihnen umgegangen?
Die größte Herausforderung war, dass ich weitermachen musste – für meine Mutter, für mein Kind, und letztlich auch für mich selbst. Ich wusste nicht wie, nur dass es so sein muss. Früher war ich sehr aktiv, immer unterwegs, und plötzlich saß ich im Rollstuhl. Das hat mich natürlich wütend gemacht. Aber genau diese Wut war mein Motor.
Schwer war für mich auch, Hilfe von anderen anzunehmen. Das bedeutet, Vertrauen aufzubauen, herauszufinden, wer wirklich an meiner Seite steht und bereit ist, sich auf meine neue Situation einzustellen. Zum Glück hatte ich Menschen, die mir diese Unterstützung gegeben haben – das war ein Lernprozess für beide Seiten. Und gleichzeitig war da die Sorge um die finanzielle Situation, weil weniger Jobs hereinkamen. Es war ein ständiges Austarieren zwischen Loslassen, Kämpfen und Annehmen.
Ihr persönlicher Weg hat viele Menschen für das Thema Schlaganfall sensibilisiert. Was würden Sie anderen mit Blick auf Prävention, Herz-Kreislauf-Gesundheit und ein bewusstes Leben mit auf den Weg geben?
Das Wichtigste ist, auf sich selbst zu hören. Pausen sind keine Schwäche, sondern notwendig. Wer merkt, dass er eine Auszeit braucht, sollte sie sich auch nehmen. Man darf die Warnsignale des Körpers nicht übergehen. Dazu gehört auch: nicht übermäßig trinken, nicht rauchen, nicht permanent über die eigenen Grenzen gehen. Ich sage ganz ehrlich: Ich bin kein Held – ich bin ein Mensch, und Menschen machen Fehler. Aber das bewusste Leben, das Maßhalten, die kleinen Auszeiten, die Achtsamkeit – das ist entscheidend. Wer das ignoriert, wird irgendwann vom Körper gestoppt, und zwar so, dass man nicht mehr weghören kann.
Viele Betroffene berichten, dass nicht nur der eigene Körper, sondern auch die Umwelt zur Hürde wird – im Alltag, im Verkehr, in der Kommunikation. Wie barrierefrei erleben Sie unsere Gesellschaft heute – und wo sehen Sie den dringendsten Handlungsbedarf?
Barrierefreiheit ist immer noch ein großes Problem. Es fängt schon bei Kleinigkeiten an: abgesenkte Bürgersteige, ausreichend Behindertentoiletten, Möglichkeiten, sich mit einem Rollstuhl frei zu bewegen. Unsere Gesellschaft wird älter, und trotzdem wird viel zu wenig dafür getan, den Alltag für Menschen mit Einschränkungen leichter zu machen. Das größte Problem ist oft nicht die Infrastruktur, sondern die Einstellung. Viele Menschen denken nur an sich und nicht daran, wie es für andere ist. Deshalb wäre es so wichtig, Kinder schon früh zu sensibilisieren. Wenn man Empathie und Achtsamkeit in jungen Jahren vermittelt, kann langfristig ein anderes Bewusstsein entstehen.
Krankheit und Behinderung sind für viele ein Tabuthema. Was wünschen Sie sich im gesellschaftlichen Umgang – mehr Offenheit, mehr Normalität, oder vielleicht auch mehr Humor?
Für mich ist Humor das Allerwichtigste. Ohne Humor hätte ich vieles gar nicht überstanden. Er macht das Leben leichter, gerade in schwierigen Zeiten. Aber genauso wichtig ist, dass in der Öffentlichkeit mehr über Menschen mit Behinderung gesprochen wird – und vor allem mit ihnen. Wir brauchen mehr Normalität im Umgang, weniger Tabus, weniger falsche Scheu.
In Ihrem Buch „Meine Energiewende“ sprechen Sie sehr offen über Spiritualität, Intuition und neue Kraftquellen. Was hat Ihnen geholfen, wieder Lebenssinn und Zuversicht zu finden?
Mir geben Kraftorte unheimlich viel – die Natur, Momente der Ruhe, das „Zurück zu den Wurzeln“. Wenn man rausgeht, sich abgrenzt von dem Trubel der Zivilisation, findet man wieder zu sich selbst. Wichtig war für mich auch, niemals aufzugeben. Selbst wenn die Motivation fehlt – man muss sich immer wieder klar machen: Aufgeben ist keine Option. Tagebuchschreiben hat mir geholfen, meine Fortschritte zu sehen. So wird sichtbar, wie weit man schon gekommen ist, auch wenn man es im Alltag gar nicht so spürt.
Ich möchte anderen mitgeben: Auch in dunklen Phasen steckt die Möglichkeit, neue Kraft zu entwickeln. Man muss den Weg gehen, Schritt für Schritt – und irgendwann blickt man zurück und erkennt, dass man stärker ist, als man je gedacht hätte.
BUCHTIPP
Gaby Köster: „Meine Energiewende – Wie ich die Spiritualität als Lebensretter entdeckte“
Die witzigste Sinnsuche aller Zeiten mit Bestsellerautorin und Comedienne Gaby Köster
Umfang: 240 Seiten ISBN: 978-3-8338-9359-9
Für weitere Informationen besuchen Sie die Webseite:
www.gabykoester.de





