Vom Sport in die Intensivstation – so abrupt änderte sich das Leben von Ina Borck. Im Gespräch berichtet sie über den Kampf um jedes Wort, die Kraft der Neuroplastizität und die Rolle der Gesellschaft im Umgang mit Betroffenen.
AUCH, WENN ES SICH ZUNÄCHST AUSSICHTSLOS ANFÜHLT, WIRD ES MIT JEDEM TAG BESSER.
Ina Borck
@inaontour
Liebe Ina, wie verliefen die Symptomatik und Diagnostik des Schlaganfalls bei dir?
Ich hatte keinerlei Vorzeichen und der Schlaganfall hat sich nicht angekündigt. Ich hatte gerade Sport gemacht und während des Bauchmuskeltrainings machte sich ein Engegefühl breit und ich dachte, dass ich mich zu sehr anstrengte. Da meine damalige Frau mit im Raum war, erkannte sie schnell mein Unwohlsein. Aus Erzählungen weiß ich, dass meine linke Körperhälfte bereits gelähmt war und ich konnte nicht mehr antworten. Sie alarmierte den Rettungsdienst. Ich wurde dann abgeholt und nach der Untersuchung erfolgte die Diagnose: Schlaganfall.
Was waren die größten Herausforderungen in der Zeit nach dem Schlaganfall?
Da der Schlaganfall sehr groß war, konnte ich nach dem Aufwachen aus dem Koma weder sprechen noch gehen oder eigenständig Nahrung zu mir nehmen. Ich musste von dort an alles wieder Schritt für Schritt lernen. Zunächst musste ich mich sammeln und neu erlernen, meine Gedanken in Sprache umzuwandeln. Ich hatte tolle Hilfe von den Logopäden und war unglaublich glücklich, als ich wieder eigenständig trinken und nach einiger Zeit auch wieder erste Wörter äußern konnte.
Welche Unterstützung war für dich auf dem Weg der Rehabilitation besonders wertvoll?
Ich habe mir selbst Ziele gesetzt und an diesen ständig gearbeitet. Ich hatte einen strengen Ablauf meiner Therapien und habe darüber hinaus auch noch Trainings absolviert. Als ich von den Ärzten erfahren habe, dass ich mit hartem Training viel wieder lernen kann, hat mich die Motivation gepackt und ich habe oft bis in die Morgenstunden geübt. Ich hatte bei meinen Vorhaben stets die Rückendeckung meiner Familie. Ohne diese Unterstützung hätte ich es nicht geschafft, motiviert zu bleiben.
Welche Rolle spielen Hilfsmittel oder Therapien heute noch in deinem Alltag?
Die Häufigkeit der Therapieeinheiten ist zurückgegangen, aber trotzdem versuche ich, täglich zu trainieren. Inzwischen kenne ich viele Übungen für zuhause. Darüber hinaus gehe ich 3-mal pro Woche zur Physiotherapie und 2-mal pro Woche zur Ergotherapie.
Da mein linker gelähmter Arm noch nicht im Alltag unterstützen kann, nutze ich täglich ein sogenanntes Einhänderbrett. Dieses ersetzt die Haltefunktion der linken Hand, um mir ein Brot schmieren zu können, oder Karotten zu schälen etc. Das ist wirklich ein Hilfsmittel, welches immer wieder bei mir zum Einsatz kommt. In meiner Küche habe ich außerdem eine Vorrichtung zum Öffnen von Flaschen oder Gläsern.
Was wünscht du dir von der Gesellschaft im Umgang mit Schlaganfall-Betroffenen?
Ich wünsche mir, dass Betroffene nicht komisch angeguckt werden. Es ist sehr verletzend, wenn ich durch die Stadt laufe und abwertende Blicke erhasche. Es ist nicht leicht, selbst mit seinen Einschränkungen zurecht zu kommen. Gemeine Blicke machen es nicht unbedingt leichter. Deswegen hoffe ich, dass sich mehr mit dem Thema Schlaganfall in der Gesellschaft auseinandergesetzt wird.
Welchen Rat würdest du anderen Menschen geben, die gerade erst einen Schlaganfall erlitten haben?
Auch, wenn es sich zunächst aussichtslos anfühlt, wird es mit jedem Tag besser. Wir müssen daran festhalten, wie viel das Gehirn erneut zu erlernen schaffen kann. Dank der Neuroplastizität werden im Gehirn neue Wege geschaffen, um zum Beispiel motorische Ausfälle wieder antrainieren zu können. Die erste Zeit wird hart, aber wir müssen lernen, mit dem Krankheitsbild zu leben.
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