Die Volkserkrankung der „gutartigen Prostatavergrößerung (BPH)“ betrifft rund zwei Drittel aller Männer über 65 Jahre. Die Prostata liegt unterhalb der Blase und umschließt die Harnröhre, welche somit bei zunehmendem Wachstum den Blasenabfluss zunehmend einengt. Typische „männliche“ Beschwerden sind dabei häufiges oder nächtliches Wasserlassen, ein schwacher Harnstrahl oder plötzlich einsetzender Harndrang. Privatdozentin Dr.med. Marina Kosiba, Oberärztin an der Universitätsmedizin Frankfurt (UMF), Sektionsleitung für BPH und Laserchirurgie der Klinik für Urologie, spricht hier über die Vielzahl innovativer minimal-invasiver operativer Behandlungsmöglichkeiten.


Was raten Sie Männern mit Prostatabeschwerden?
Zuerst einmal: Keine Angst vor dem Arztbesuch! Nicht jeder braucht gleich eine Operation. Heutzutage gibt es eine Vielzahl an therapeutischen Möglichkeiten, die wir unseren Patienten ganz individuell anbieten können. Oft helfen schon einfache Maßnahmen: weniger Kaffee, eine gleichmäßige Flüssigkeitsaufnahme über den Tag oder pflanzliche Mittel. Wenn das nicht ausreicht, stehen sehr wirksame und gut verträgliche Medikamente, Lebensqualitäts-erhaltende minimal-invasive operative Therapien oder verschiedene vor allem Laserchirurgische Operationsmethoden zur Verfügung, die die Beschwerden deutlich lindern.
Wie entscheiden Sie, welche Therapie für einen Patienten in Frage kommt?
In der ganz deutlichen Mehrheit der Fälle entscheidet nicht der Arzt, sondern der Patient selbst aufgrund seiner individuellen Symptome und Präferenzen, welche Therapie für ihn am besten passt.
Das ist das Schöne an der heutigen BPH Therapie. Wir entfernen uns immer mehr von der „One-size-fits-all“-Mentalität, die viele Jahre durch die Dominanz der Elektroresektion als nahezu einzige Operationsmethode vorgeherrscht hat. Heute haben wir aufgrund von Evidenz und medizinischem Fortschritt eine hochindividualisierte Therapielandschaft. Hierzu benötigt es allerdings eine differenzierte und qualitativ hochwertige Beratung, die wir unseren Patienten an der UMF im Rahmen unserer Spezial-Sprechstunden anbieten.
Was sind Ihrer Meinung nach die vielversprechendsten neuen Therapieoptionen neben der klassischen Elektroresektions-OP?
In den letzten Jahren haben sich neben Laserenukleationsverfahren, die wir an der UMF als Laserzentrum mit großer Expertise durchführen, sogenannte minimal-invasive operative Verfahren etabliert. Diese minimal-invasiven OP-Verfahren bieten gute Ergebnisse bei geringerer Beeinträchtigung der Lebensqualität und gleichzeitig schnelleren Erholungszeiten als die klassischen OPs. Zwei Beispiele hierfür, die wir unseren Patienten an der UMF anbieten sind die sog. RezumTM-Wasserdampfablation und die iTindTM– Stentimplantation.
Was ist die iTindTM– Stentimplantation genau?
Dabei wird ein temporärer Stent – ein kleines, sich entfaltendes Nitinol-Körbchen – vorübergehend in die Prostata eingesetzt. Durch den Stent wird das Prostatagewebe sanft -wie ein Vorhang- auf die Seite geschoben, was das Wasserlassen erleichtert. Der Eingriff ist bei uns an der UMF ohne Narkose möglich. Nach etwa einer Woche wird der iTindTM-Stent ambulant entfernt – die meisten Patienten können unter und nach der Therapie normal ihrem Alltag nachgehen.
Für wen ist iTindTM geeignet?
Das Verfahren ist vor allem für Männer mit einer kleineren Prostata und noch mäßigen Beschwerden geeignet – und für jene, die Medikamente nicht gut vertragen oder nicht täglich Tabletten einnehmen möchten. Ein großer Vorteil gegenüber der klassischen OP ist zudem, dass der Samenerguss in der Regel vollständig erhalten bleibt und das iTINDTM-Verfahren praktisch keinerlei Inkontinenzrisko birgt. Wir bieten mit iTindTM insgesamt sieben verschiedene BPH-Therapien an – von der Laserenukleation über die Wasserdampftherapie bis zur Embolisation. Dabei ist für uns entscheidend: Jeder Mann bekommt die für ihn passende, optimale Therapie.