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Immunologie

Rheumatoide Arthritis im Fokus: Früherkennung, interdisziplinäre Behandlung und moderne Therapien

Foto: Shutterstock, 2643581951

Rheuma ist längst keine reine Gelenkerkrankung mehr. Sie betrifft den ganzen Körper – und verlangt nach einer Medizin, die über Fachgrenzen hinausdenkt. Ein Gespräch mit Dr. Keihan Ahmadi-Simab über moderne Ansätze und den Einfluss von Lebensstil und Ernährung.

Die Diagnose rheumatoider Arthritis (RA) wird heute oft früher gestellt als in der Vergangenheit. Welche diagnostischen Innovationen haben sich in den letzten Jahren als besonders hilfreich erwiesen, um einen frühen Therapiebeginn zu ermöglichen?

Dank moderner Verfahren kann rheumatoide Arthritis heute deutlich früher erkannt werden. Besonders hilfreich sind spezifische Labormarker wie CCP-Antikörper, die oft schon vor ersten Symptomen auf eine RA hinweisen. Auch hochauflösender Ultraschall und MRT zeigen entzündliche Prozesse, bevor sie im Röntgenbild sichtbar werden. Zudem ermöglichen Biomarker-gestützte Risikoscores eine individuelle Einschätzung des Erkrankungsrisikos wie Leiden Early Arthritis Clinic Prediction Rule (LEIDEN-Score).

Rheumatoide Arthritis betrifft nicht nur die Gelenke, sondern kann sich auf den ganzen Körper auswirken. Wie wichtig ist daher eine interdisziplinäre Versorgung – zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Kardiologie, Ernährungsmedizin oder weiteren Fachrichtungen?

RA ist eine systemische Erkrankung, die auch Herz, Lunge, Auge, Gefäße und Stoffwechsel betrifft. Eine enge Zusammenarbeit von Rheumatologie, Kardiologie, Pneumologie, Augenheilkunde und Ernährungsmedizin ist daher entscheidend. Durch interdisziplinäre Betreuung lassen sich Komplikationen wie kardiovaskuläre Risiken, mögliche Organbeteiligungen, Osteoporose oder Depression früh erkennen und optimal behandeln.

Individuelle Therapiepläne, die verschiedene Fachrichtungen einbeziehen, verbessern Prognose und Lebensqualität deutlich.

Gibt es beim Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln Inhaltsstoffe, die bei rheumatoider Arthritis besonders empfehlenswert oder eher zu meiden sind?

Empfehlenswert sind Omega-3-Fettsäuren mit nachgewiesener antientzündlicher Wirkung sowie Vitamin D, besonders bei wenig Sonnenlicht. Vorsicht gilt bei hochdosierten Antioxidantien oder Spurenelementen wie Eisen, da sie Entzündungen fördern oder Nebenwirkungen verursachen können. Auch Präparate mit viel Nachtkerzen- oder Borretschöl sind kritisch zu sehen. Grundsätzlich sollten Nahrungsergänzungsmittel nur in Absprache mit dem Arzt eingesetzt werden.

Können Betroffene durch ihren Lebensstil (Bewegung, Stressmanagement, Ernährung, Schlaf) den Verlauf der Erkrankung beeinflussen?

Bewegung erhält die Gelenkfunktion und reduziert Entzündungen. Geeignet sind gelenkschonende Aktivitäten wie Schwimmen, Radfahren oder Physiotherapie. Auch Stressmanagement und ausreichender Schlaf sind wichtig, da Stress und Schlafmangel Schübe begünstigen. Eine mediterrane, antientzündliche Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Vollkorn und Omega-3-Fettsäuren wirkt unterstützend; Alkohol und stark verarbeitete Produkte sollten gemieden werden.

Welche neueren Therapieoptionen sehen Sie als „Gamechanger“ für RA-Betroffene?

Zielgerichtete Therapien wie Biologika und JAK-Inhibitoren blockieren spezifische Entzündungswege und helfen auch Patienten, die auf klassische Medikamente nicht ansprechen. Sie reduzieren Symptome schnell und verhindern Gelenkschäden. Das „Treat-to-Target“-Konzept, bei dem die Behandlung konsequent an Zielwerten wie Remission ausgerichtet wird, hat die Prognose weiter verbessert.

Zusammen mit den diagnostischen Fortschritten ermöglichen diese Optionen einen frühen, individuellen und wirksamen Behandlungsstart.

Dr. Keihan Ahmadi-Simab

Ärztlicher Direktor des MEDIZINICUM Hamburg, Facharzt für Innere Medizin, Rheumatologie, klinische Immunologie und Gastroenterologie 

Weitere Informationen finden Sie unter medizinicum.de/dr-k-ahmadi-simab

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