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    „Manche Nahrungsmittelallergien bei Kindern haben eine gute Prognose“

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    Dr. Yvonne Braun ist selbständige Ernährungsberaterin und hat selbst eine Tochter, die eine Nussallergie hat. Wie man Lebensmittelallergien bei Kindern erkennt und wie man mit ihnen umgeht, erzählt sie uns im Interview.

    Die häufigsten Auslöser von primären Nahrungsmittelallergien im Kindesalter sind: Hühnerei, Kuhmilch, Erdnüsse, Schalenfrüchte, Weizen, Soja, Fisch, Schalentiere und Saaten.

    Dr. Yvonne Braun

    Diplom-Oecotrophologin und selbständige Ernährungsberaterin

    Foto: Jutta Sixt Fotografie

    Welche Nahrungsmittelallergien treten vermehrt im Kindesalter auf und welche im Erwachsenenalter?

    Die häufigsten Auslöser von primären Nahrungsmittelallergien im Kindesalter sind: Hühnerei, Kuhmilch, Erdnüsse, Schalenfrüchte (zum Beispiel Haselnuss und Cashew, Weizen, Soja, Fisch, Schalentiere (zum Beispiel Shrimps) und Saaten (zum Beispiel Sesam). Die Häufigkeit einer Nahrungsmittelallergie bei deutschen Kindern beträgt ungefähr 4,2 Prozent.

    Erwachsene sind eher von sekundären Nahrungsmittelallergien (Kreuzallergien) betroffen. Die Symptome nach Verzehr bestimmter Lebensmittel entstehen dann aufgrund von strukturellen Ähnlichkeiten der Allergieauslöser. Die häufigste Kreuzallergie ist die Allergie gegen Kern- und Steinobst als Folge einer Birkenpollenallergie.

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    Was sind die ersten Anzeichen einer Nahrungsmittelallergie bei Kindern?

    Sehr viele Kinder reagieren über die Haut. Dabei sind zum Beispiel Quaddeln, Hautrötungen, Juckreiz vor allem von Handflächen, Schwellung von Lippen, Augen oder Gesicht mögliche Symptome. Allergische Reaktionen bei Kindern können auch den Magen-Darm-Trakt betreffen, zum Beispiel Kribbeln in Mund und Rachen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfe, Durchfall. Manche Kinder reagieren auch über die Atemwege, zum Beispiel mit Husten, Heiserkeit, pfeifender Atmung oder über das HerzKreislauf-System.

    Wie werden Nahrungsmittelallergien diagnostiziert?

    Die Diagnose erfolgt über die fundierte Anamnese (Reaktion nach Verzehr eines bestimmten Lebensmittels), den Sensibilisierungsnachweis im Blut (IgE-Test) oder durch einen Prick-Test auf der Haut und gegebenenfalls durch eine ärztlich kontrollierte Provokation.

    Grundsätzlich gilt, dass man nur von einer Allergie spricht, wenn der Sensibilisierungsnachweis positiv ausfällt und eine Symptomatik nach Verzehr des Lebensmittels erfolgt.

    Gibt es wirksame Behandlungen oder Möglichkeiten, die Beschwerden zu lindern?

    Für die meisten primären Nahrungsmittelallergien bei Kindern ist die Meidung des Allergieauslösers die einzige Möglichkeit zur Vorbeugung vor Reaktionen. Kinder mit vorausgegangener starker Symptomatik oder einer Allergie gegen häufige Auslöser einer schweren Reaktion (zum Beispiel Erdnuss oder Nussallergie) erhalten ein so genanntes Notfallset. Dieses besteht aus Antihistaminikum, Cortison und einem Adrenalin-Autoinjektor. Im Falle einer allergischen Reaktion dieser Kinder ist das schnelle Handeln entscheidend dafür, dass sich die Symptome gut unter Kontrolle bringen lassen. Als Therapie der Nahrungsmittelallergie ist in Deutschland derzeit nur die orale Immuntherapie bei Erdnussallergie zugelassen.

    Welche Ratschläge haben Sie für Eltern, um ihr Kind vor Lebensmittelallergien zu schützen?

    Die Allergieprävention beginnt bereits in der Schwangerschaft. Neben einer gemüsebetonten, ausgewogenen Ernährung spielt auch die Vermeidung von Schadstoffen (vor allem die Exposition gegenüber Tabakrauch) eine wichtige Rolle.

    Nach der Geburt sollte in den ersten Lebenstagen bei Stillwunsch der Mutter kuhmilchbasierte Formulanahrung nur bei medizinischer Indikation zugefüttert werden.

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    Kinder, die in den ersten 24 Lebensstunden mit kuhmilchbasierter Formulanahrung zugefüttert und danach bis zur Einführung der Beikost ausschließlich gestillt werden, haben ein um das 16-fache erhöhtes Risiko für eine Kuhmilcheiweißallergie. Die Einführung der Beikost zur Allergieprävention folgt den allgemeinen Empfehlungen zur Beikosteinführung. Der Brei sollte gemüsebetont und selbst gekocht sein, regelmäßiger Verzehr von Fisch und zu gegebener Zeit vollfetten Milchprodukten ist empfehlenswert. Die gezielte Einführung vondurcherhitztem Hühnerei ab ca. dem sechsten Lebensmonat kann der Hühnereiallergie vorbeugen.

    Bleiben solche Allergien ein Leben lang bestehen oder gibt es Ausnahmen?

    Die Hühnerei-, Kuhmilch- und Weizenallergien haben in der Regel eine gute Prognose. 70 Prozent der Kinder mit Kuhmilcheiweißallergie und 50 Prozent der Kinder mit Hühnereiallergie werden innerhalb von einem Jahr tolerant. Und auch bei den restlichen Kindern verwachsen sich diese Allergien oft bis zum Schuleintritt.

    Vor allem die Erdnussallergie und die Allergie gegen Schalenfrüchte haben eine schlechtere Prognose, sie verwachsen sich bei ca. 20 Prozent der Kinder. Wichtig ist, die Nahrungsmittelunverträglichkeiten im Alter klar von Nahrungsmittelallergien abzugrenzen. Die meisten Unverträglichkeiten beruhen auf einem Enzymdefekt. Es kommt häufiger vor, dass die Enzyme zum Abbau von Laktose oder Fruktose bei älteren Menschen nicht mehr in ausreichenden Mengen gebildet werden und eine Symptomatik nach Verzehr auftritt. Dies ist jedoch keine Allergie.

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