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In Deutschland leben etwa 7,5 Millionen Menschen mit altersbedingter Makuladegeneration (AMD). Eine lebensverändernde Augenerkrankung, die ausgehend vom Zentrum des Gesichtsfeldes (Makula) das Sehvermögen zunehmend einschränkt. Die sogenannte feuchte Verlaufsform kann mittlerweile behandelt werden. Die weitaus häufigste Form aber,  die trockene AMD, ist noch unheilbar. Doch die Augenklinik Sulzbach will eine Therapie entwickeln – mit Stammzellen. Priv. Doz. Dr. Boris Stanzel, Leiter des Sulzbacher Makulazentrums und weltweit bedeutender Stammzell-Forscher, über seine Zukunftspläne

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PD Dr. med. Boris Stanzel

Sektionsleiter Makulazentrum Augenklinik Sulzbach Knappschaftsklinikum Saar

Herr Dr. Stanzel, wie soll das erste Heilverfahren gegen trockene AMD funktionieren?

Wir konzentrieren uns auf die Ernährungsschicht der Netzhaut, RPE genannt. Bei trockener AMD geht diese Schicht zugrunde. In Folge sterben die Sehzellen. Wir wollen die kranke Nährschicht durch frische, gesunde Stammzellen ersetzen. Eine Art Jungbrunnen für die Makula.

Wo kommen die Stammzellen her?

Wir verwenden eine innovative Technik: iPS-Zellen, die ethisch unbedenklich z.B. aus Blutspenden gewonnen werden. Wir können daraus RPE-Zellen gewinnen, die den körpereigenen Zellen des Patienten so sehr ähneln, dass sie nicht abgestoßen werden.

Gibt es Hinweise, dass die Methode funktionieren könnte?

Weltweit gab es bereits zehn AMD-Zelltherapie-Studien. Alle verliefen sicher und lieferten erste Effizienz-Signale.

Sie haben in Bonn, Stanford, Bethesda (USA) und Singapur an Stammzellen geforscht. Was führte Sie nun nach Sulzbach/Saar?

Für jemanden, der die Bedeutung der Augenklinik Sulzbach kennt, ist dieser Schritt logisch. Sie ist eine der weltweit innovativsten Augenkliniken und mit über 2000 großen Netzhaut-OPs im Jahr Deutschlands größtes Zentrum für Netzhautchirurgie. Unser Makulazentrum ist mit jährlich 11.000 Behandlungen eines der bedeutendsten AMD-Zentren, gerade auch im Bereich der subretinalen Chirurgie …

… also Operationen unter der Netzhaut – aber die feuchte AMD wird doch medikamentös behandelt?

Manche Formen der AMD lassen sich auch operativ behandeln! Sulzbach gehört zu den wenigen Zentren, die solche OPs durchführen. Unser Chefarzt Prof. Dr. Peter Szurman ist einer der renommiertesten Spezialisten für subretinale Chirurgie.

Und wie sieht es mit Ihrem Spezialgebiet Stammzellforschung aus?

Die Augenklinik Sulzbach unterhält mehrere Forschergruppen samt Reinraum-Labor, Entwicklungspartnerschaften mit Medizintechnik-Firmen, ein klinisches Studienzentrum und, für mich einzigartig, eine Forschungskooperation mit dem benachbarten Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik, spezialisiert auf die Kultivierung und Konservierung von Stammzellen. Ideale Voraussetzungen für die Entwicklung eines Zelltherapeutikums gegen trockene AMD.

Wie weit sind Sie?

Wir haben gerade eine Beobachtungsstudie, um die Machbarkeit der Therapie zu testen. Hierfür konnten wir bereits 140 AMD-Patienten gewinnen.

Und wie sieht Ihr weiterer Plan aus?

Im ersten Schritt spritzen wir Stammzellen unter die Netzhaut. Dort sollen sie die kranken Zellen der Nährschicht ersetzen. Unsere Ziel-Therapie ist eine funktionalisierte Trägermatrix mit RPE-Zellen, die unter die Netzhaut implantiert wird. Das können Sie sich wie eine Art Rollrasen vorstellen, der eine verwelkte Stelle erneuert.

Wann können wir erste Ergebnisse erwarten?

Ich hoffe, in zwei bis drei Jahren werden wir die ersten Patienten behandeln.

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