Home » Augenblick, bitte! » „Vor der Diagnose war ich blind“
  • Augenblick, bitte!

    „Vor der Diagnose war ich blind“

    Foto: Georg Verhasselt

    Im Interview spricht der Schauspieler Tim Rasch über sein Leben mit grünem Star. 

    Wie hast du festgestellt, dass mit deinen Augen etwas nicht stimmt?

    Im März 2020 habe ich das bemerkt. Meine Augen wurden lichtempfindlicher. Zudem habe ich einen schwarzen Punkt wahrgenommen, wenn ich auf eine weiße Wand geschaut habe. 

    Was hast du dann unternommen? 

    Anfangs gar nichts. Ich dachte, das sei nur temporär – was von allein kommt, geht auch wieder von allein. Als ich nach Köln gezogen bin, um bei „Köln 50667“ mitzumachen, hatte ich das Gefühl, dass es schlimmer wird. Wieder zurück in Bremen, bin ich dann zum Augenarzt gegangen. Im August 2020 bekam ich die Diagnose grüner Star. 

    Wie bist du mit dieser Diagnose umgegangen?

    Schlimm waren die Monate davor. Ich hatte riesengroße Angst zu erblinden. Meine größten Sorgen waren, dass ich meinen Eltern, meinen Geschwistern, meinen Kindern nicht mehr in die Augen schauen kann. Die drei Monate vor der Diagnose waren die schlimmsten. Das war wirklich eine harte Zeit. Als die Diagnose dann kam, war ich eher beruhigt, da ich Gewissheit hatte, was es ist. Die Ärzte konnten mir dann auch meine Ängste nehmen und mir Sicherheit geben, indem sie mir erklärten, wie der grüne Star behandelt wird und dass man ihn zwar nicht heilen, aber stoppen kann. 

    Gehst du jetzt regelmäßig zur Vorsorge bzw. bist du in Behandlung?

    Ich gehe alle vier Monate in das Klinikum, das auch die Diagnose gestellt hat. Zudem nehme ich Augentropfen, die den Augeninnendruck senken. Nebenbei haben diese Augentropfen auch noch einen kleinen Beautyeffekt, da sie die Wimpern dunkler färben. Wenn schon so ein Schicksal, dann wenigstens mit schönen Wimpern (lacht). 

    Wie hat sich dein Leben seit deiner Diagnose verändert? 

    In meinem Leben hat sich nicht wirklich viel verändert, doch meine Sichtweise auf das Leben ist eine komplett neue. Mein Mindset hat sich unglaublich gedreht. 


    Inwiefern?

    Ich schätze alles viel mehr. Was vorher normal war, also sich mit Freunden oder Familie treffen beispielsweise und ihnen in die Augen schauen zu können, ist für mich jetzt jedes Mal ein besonderer Moment, den ich sehr genieße. Ich würde sagen, dass ich vor der Diagnose oft blind war und jetzt das Leben erst richtig sehe. 

    Kann es sein, dass du deine Lieben irgendwann nicht mehr sehen können wirst?

    Da ich in Behandlung bin, ist das Risiko zum Glück sehr gering. Erst nach 15 Jahren mit der Erkrankung ohne Behandlung ist das Risiko sehr, sehr hoch, dass man erblindet. Heimtückisch an dieser Erkrankung ist, dass über 50 Prozent der Leute gar nicht wissen, dass sie den grünen Star haben, weil das Gehirn kleine Makel im Sichtfeld ausgleicht. Mir ist aufgefallen, dass viele Menschen Probleme mit den Augen einfach ignorieren. So wie ich es am Anfang ja auch gemacht habe. Mein Tipp: Macht es nicht! Geht zum Augenarzt. Das kann ich jedem nur raten – egal wie alt man ist. Wir alle hören viel zu wenig auf unseren Körper, doch das Schlimmste, was passieren kann, ist Krankheiten zu spät zu erkennen. Also geht zum Arzt – damit brecht ihr euch keinen Zacken aus der Krone. Macht es für euch und die Menschen, die ihr liebt.  

    Du hast dich im Zusammenhang mit deiner Diagnose auch schon zum Thema mentale Gesundheit geäußert. Was gibst du Menschen mit auf den Weg, die sich in ähnlichen Situationen befinden und mit psychischen Tiefs zu kämpfen haben? 

    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es superschwer ist, dort wieder herauszukommen. Ich habe für mich festgestellt, dass es mir hilft, mich nicht noch zusätzlich damit zu geißeln, dass es mir gerade nicht so gut geht, sondern es zu akzeptieren. Es ist okay, sich nicht gut zu fühlen, es ist okay, traurig zu sein. Es ist völlig normal, dass man nicht jeden Tag glücklich ist. Also sei nicht so hart zu dir selbst! 

    Sie möchten mehr über Tim erfahren?

    Verfolgen Sie seine bewegende Geschichte auf Instagram @tim_rasch.

    Nächster Artikel