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    Sei offen, witzig, komisch, peinlich – und genieße es!

    „Nicht tot zu kriegen" wird am 10. August, um 20:15 Uhr, im ZDF ausgestrahlt. (Foto: ZDF)

    Die Schauspielerin Iris Berben hat eine unvergleichliche Präsenz, und auch im Interview ist sie eigentlich wie immer: In Bestform und mit natürlicher Selbstverständlichkeit sinniert sie über das Alter und die Fragen des Lebens. 

    Die neue Generation 60+ – was fällt Ihnen spontan dazu ein?

    Das Bild hat sich komplett verändert – visuell, gesellschaftlich, inhaltlich. War die Generation damals im Hintergrund, besonders die Frauen, gehört die heutige Generation 60+ immer selbstverständlicher dazu und ist Teil des Alltags. Ob das beruflich ist, ob das Interessen sind, die sie einfordern und haben, oder ob das Verantwortung ist, die weiterhin übernommen wird. 

    Was macht diese Generation aus?

    Sie steht mitten im Leben und es gibt nicht mehr diese strikte Trennung zwischen Jung und Alt. Man merkt immer mehr, dass die Fähigkeiten ausgetauscht werden. Es findet eine Kommunikation statt, die einen Mehrwert für die Gesellschaft im Allgemeinen bietet. Es ist eine schöne Ent-wicklung, die in dem Zusammenhang zu beobachten ist.

    Dennoch gibt es immer noch viele ältere Menschen, die sich abkapseln. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

    Manche Menschen sind sicherlich verhaftet in alten Traditionsbildern, in die sie sich zurückgezogen haben. Was ich sehr schade finde, denn besonders die Frauen scheinen manchmal einfach zu verschwinden. Dabei ist der Austausch von Jung und Alt essenziell für die Gesellschaft und auch die Wirtschaft. Ein weiterer Grund der Abkapselung ist schlicht und einfach Überforderung. Hier spielen Themen wie Globalisierung und Digitalisierung eine große Rolle. Um da als älterer Mensch mitzuhalten, muss man offen sein und bleiben – nur dann kann man ein Teil vom großen Ganzen sein. Es gibt so viele Angebote für reifere Menschen, die auch genutzt werden sollten. Nur so verfestigt sich das Bild der Selbstverständlichkeit von Alter als großer und wichtiger Teil der Gesellschaft immer mehr.

    Sie werden in vier Tagen 70 Jahre jung und die Welt hat sich in den letzten sieben Dekaden verändert …

    … und hier ist besonders das Frauenbild hervorzuheben. Und das ist etwas, was mich extrem interessiert, weil das ganz viel auch mit Auftritten in meiner Branche zu tun hatte. Vor einigen Jahren hatten Frauen jenseits der 40 kaum noch Chancen auf eine Filmrolle. Man dachte, dass es gar keine Geschichten gibt, die sich zu erzählen lohnen. Das war im Theater immer anders, doch im Film und im Fernsehen war die 40 wie eine magische Grenze. Hier hat sich zum Glück einiges getan. Ich für mich habe gemerkt, dass es keine Grenze mehr gibt, außer man setzt sich selbst welche. Das kam für mich nie in- frage, da ich viel zu neugierig bin und das Leben genießen will. Die Frage, ob ich zu alt für dies oder jenes bin, habe ich mir nie gestellt. Das habe ich schon von meiner Mutter vorgelebt bekommen. Sie ist Jahrgang 1922 und hat immer schon ein selbst-bestimmtes Leben für sich eingefordert. Sie hat mir gezeigt, was Alter auch bedeutet.

    Und was bedeutet es? 

    Offen, witzig, komisch, peinlich und einfach alles sein zu können – ohne auf der Verliererseite zu stehen. 

    Zwei Tage vor Ihrem runden Geburtstag wird der Thriller „Nicht tot zu kriegen“ im ZDF ausgestrahlt. Darin spielen Sie Simone Mankus, eine Filmdiva, die auf über 40 Jahre Berufsleben zurückblickt. Sie haben vor zwei Jahren Ihr 50-jähriges Film- und TV-Jubiläum gefeiert. Wie viel Iris Berben steckt in diesem Film?

    Das überlasse ich den Zuschauern (lacht) – der Film ist ein Spiel mit der Realität und der Fiktion. Ich kenne das so auch nicht, dass man in Auszügen seine Biografie nachspielt. Also ja, ich verrate es Ihnen, Simone Mankus und ich sind uns in mancher Hinsicht tatsächlich ähnlich. Rückblickend gab es bei mir auch hin und wieder kleine Skandale – zumindest waren sie es für die anderen. Der Unterschied zwischen ihr und mir ist allerdings, dass sie in ihrer Zeit, den 60er- und 70er-Jahren, stecken geblieben ist. Nach wie vor glaubt sie, dass der große Auftritt der Pelzmantel ist und das perfekt geschminkte Gesicht, die große Geste. Da steckt von mir gar nichts drin. Die Welt verändert sich und wir verändern uns mit ihr. Es heißt ja oft, man solle sich treu bleiben. Das ist ein schöner Satz, aber man muss die Fähigkeit der Korrektur und der Weiterentwicklung zulassen.

    Das Fernsehen und Ihre Fans lieben Sie. Das bestätigt sich auch darin, dass an Ihrem Geburtstag eine weitere Filmpremiere gezeigt wird: „Mein Altweibersommer“ im Ersten. Darin spielen Sie eine Ehefrau, die aus ihrem eingefahrenen Leben ausbrechen möchte und sich schließlich einem Wanderzirkus anschließt. Hat der Film auch Parallelen zu Ihrem Leben?

    In diesem Film finde ich mich zu Teilen wieder, denn ich kann die Gedanken dieser Frau gut nachvollziehen. Obwohl in ihrem Leben alles perfekt scheint – Beruf, Familie, Partnerschaft –, trägt sie dennoch eine Sehnsucht in sich, bei der sie hinterfragt, ob es da noch etwas anderes gibt. Kann ich mich noch über mich selbst erstaunen? Kann ich andere noch verblüffen? Ist da noch irgendetwas in mir, das noch nicht entdeckt und ausgelebt wurde? Was ich an dem Film so mag, ist die Leichtigkeit, mit der ein schweres Thema erzählt wird. 

    „Mein Altweibersommer“ wird am 12 .August, um 20:15 Uhr, im Ersten ausgestrahlt. Foto: ARD

    Können Sie diese Sehnsucht verstehen?

    Ja, das kann ich. Leben bedeutet Verände-rung. Träume und Sehnsüchte zu haben, ist ganz normal. Bei manchen bleiben sie nur im Kopf und man findet dort die Antwort darauf oder man bricht aus seinem Leben aus. Das habe ich auch getan. Ich selbst habe mich nach über 32 Jahren von meinem Partner getrennt, weil wir uns einfach unterschiedlich entwickelt haben. Eine Trennung muss auch nicht in einem Rosenkrieg enden. Mein Expartner ist heute einer meiner besten Freunde. 

    Was braucht es, um seine Sehnsüchte und Träume zu erfüllen?

    Mut! Und Mut kennt kein Alter. Ob 50, 60, 70 oder 80 – Neues auszuprobieren, sich zu trauen und weiterzuentwickeln, kennt keine Altersgrenzen. Man muss sich nur trauen, und das rate ich jedem Menschen – egal wie alt er ist. 

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