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Luft und Lunge

Alpha-1 und Bronchiektasen – ein oft übersehener Zusammenhang

Foto: shutterstock 2484465273

Inzwischen gibt es bei beiden Erkrankungen vielversprechende Ansätze zur gezielten Behandlung. Erste Studien zu innovativen Wirkstoffen lassen hoffen, dass Patienten in Zukunft nicht nur Symptome lindern, sondern die Krankheitsprozesse an ihrer Wurzel beeinflussen können.

Marion Wilkens

Vorsitzende der Gesellschaft für Alpha-1-Antitrypsin-Mangel Erkrankte e.V.

Bronchiektasen sind krankhafte bleibende Erweiterungen der Atemwege. Normalerweise sind die Bronchien schlauchförmig und sorgen dafür, dass Luft frei bis in die Lunge gelangt und Schleim wieder abtransportiert wird. Wenn ihre Wände jedoch beschädigt und überdehnt sind, sammelt sich Schleim leichter an – ein idealer Nährboden für Bakterien. Das führt zu häufigen Infekten, chronischem Husten und Atemnot. Viele Betroffene kämpfen zudem mit Auswurf, der nicht selten übel riecht oder sogar Blutbeimengungen aufweist.

Die Ursachen für Bronchiektasen sind vielfältig: wiederholte Infektionen in der Kindheit, eine Fehlfunktion der Flimmerhärchen, aber auch chronische Lungenerkrankungen wie COPD oder Asthma können sie begünstigen. Besonders interessant – und lange unterschätzt – ist der Zusammenhang mit einem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, kurz Alpha-1. Dabei handelt es sich um eine seltene, genetisch bedingte Stoffwechselstörung, bei der ein wichtiges Schutzprotein fehlt oder in zu geringer Menge vorhanden ist. Ohne diesen Schutz können körpereigene Enzyme das empfindliche Lungengewebe angreifen, was auf Dauer zu Emphysem, COPD oder eben auch zu Bronchiektasen führt.

Falls Sie über Jahre hinweg immer wieder an Atemwegsinfekten leiden, Ihr Husten nicht verschwindet oder Sie ungewöhnlich früh eine COPD entwickelt haben, macht ein einfacher Bluttest auf Alpha-1 Sinn. Auch Personen mit familiärer Vorbelastung sollten aufmerksam sein. Nicht jeder Patient mit Alpha-1 entwickelt automatisch Bronchiektasen – Studien zeigen jedoch, dass sie bei Alpha-1-Betroffenen häufiger auftreten als in der Allgemeinbevölkerung. Umgekehrt gilt: Wer Bronchiektasen hat, sollte den einmaligen Alpha-1-Test in Betracht ziehen, um die genetische Ursache auszuschließen.

Je früher Alpha-1 oder Bronchiektasen erkannt werden, umso besser lassen sich Folgeschäden vermeiden. Eine gezielte Therapie kann Entzündungen reduzieren, Infekte verhindern und die Lebensqualität deutlich verbessern. Zudem sind vorbeugende Maßnahmen entscheidend: regelmäßige Impfungen gegen Grippe und Pneumokokken, konsequente Infektprophylaxe, Atemphysiotherapie und ein vollständiger Rauchstopp.

Auch das Stigma spielt eine Rolle. Viele Betroffene berichten, dass chronischer Husten im Umfeld als „selbstverschuldet“ wahrgenommen wird – besonders, wenn Rauchen im Raum steht. Insbesondere die Angst vor Ansteckung, gerade seit der Corona-Pandemie, lässt Menschen Abstand halten. Doch weder Bronchiektasen noch Alpha-1 sind selbstverschuldete oder gar ansteckende Erkrankungen. Mehr Aufklärung könnte helfen, Vorurteilen entgegenzuwirken und Betroffene zu ermutigen, rechtzeitig ärztliche Hilfe zu suchen.

Die Forschung arbeitet intensiv an neuen Therapieoptionen. Neben klassischen Infektkontrollen und Atemtechniken bei Bronchiektasen und der Substitution des fehlenden Eiweißes bei Alpha-1, gibt es inzwischen bei beiden Erkrankungen vielversprechende Ansätze zur gezielten Behandlung. Erste Studien zu innovativen Wirkstoffen lassen hoffen, dass Patienten in Zukunft nicht nur Symptome lindern, sondern die Krankheitsprozesse an ihrer Wurzel beeinflussen können.

So gilt: Wer über längere Zeit unter hartnäckigem Husten, Atemnot oder immer wiederkehrenden Infekten leidet, sollte das ernst nehmen. Ein frühzeitiger Test auf Alpha-1 und eine gezielte Abklärung auf Bronchiektasen, meistens durch ein CT, können entscheidend sein – für eine bessere Behandlung, weniger Belastung im Alltag und neue Perspektiven für die Zukunft.

Weitere Informationen & Anlaufstellen finden Sie unter:

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