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    Wenn der Geruchssinn fehlt: „Es ist, als ob das Leben nicht vollständig ist.“

    Wer kennt ihn nicht, den Geruch nach einem Sommerregen, den Duft vom frisch gemähten Rasen oder den der Lieblingsblumen? Gerüche umgeben uns täglich und beeinflussen unser Leben – oft mehr, als wir denken. Stimmung, Gefühle, Genuss, Erinnerungen – das alles ist eng mit Gerüchen verbunden. „Der Geruch von Sonnencreme auf der Haut, da bin ich sofort zurückversetzt ans Meer, an den Badeurlaub mit der Familie“, erzählt der Profifußballer Georg. Riechen zu können, ist für ihn aber keine Selbstverständlichkeit. Zeitweise hatte er den Geruchssinn verloren, denn Georg leidet unter chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen.

    In Europa sind bei etwa elf Prozent der Bevölkerung die Nasen- und Nasennebenhöhlen dauerhaft entzündet, bei rund einem Fünftel von ihnen bilden sich zusätzlich Nasenpolypen.1,2 Man spricht dann von einer chronischen Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (CRSwNP). Eine ständig verstopfte Nase, anhaltender Schnupfen, Gesichtsschmerzen, Störungen des Riechvermögens oder sogar ein vollständiger Verlust des Geruchssinns sind für viele Patient*innen Alltag.3 Dabei wird der Verlust des Geruchssinns meist als belastendes Symptom wahrgenommen. „Nicht riechen zu können, ist für mich, als ob das Leben nicht vollständig oder nicht mit allen Sinnen wahrgenommen werden kann“, berichtet Georg.

    Initiative für Betroffene

    Über 1 Million Menschen in Deutschland leiden an einer CRSwNP – trotzdem ist die Erkrankung kaum jemandem ein Begriff. Auch einige Betroffene können ihre Symptome nicht einordnen. Angehörige fühlen sich hilflos. Die deutschlandweite Initiative „Neustart für die Nase“ möchte dies ändern und mehr Aufmerksamkeit und Verständnis für die Erkrankung schaffen. Das Herzstück ist die „Duft des Lebens“-Kampagne. Zusammen mit einer Duft-Expertin von Frau Tonis Parfum haben drei Patient*innen ihren persönlichen Duft des Lebens kreiert. Das Besondere: Alle litten zumindest zeitweise am Verlust ihres Geruchssinns. Sie haben ihren „Duft des Lebens“ aus Erinnerungen an Düfte, die sie in dieser Zeit besonders vermisst haben, erstellt. Sie möchten von ihrem Leben mit CRSwNP berichten und so auf die Erkrankung und die Folgen für die Betroffenen aufmerksam machen. „Ich konnte fast 40 Jahre nichts riechen und habe dem Riechen weniger Bedeutung zugemessen. Ich hatte mich arrangiert damit, nichts riechen zu können“, erzählt Silvia, CRSwNP-Betroffene aus Berlin, und ergänzt: „Seitdem ich wieder etwas riechen kann, ist es sensationell, es ist ganz fantastisch, wie ein neues Leben. Ich merke erst, was mir gefehlt hat. Das war mir gar nicht so bewusst.“

    Fühlt sich an wie eine Erkältung, geht aber weiter 

    Die Symptome einer CRSwNP ähneln denen einer Erkältung. Allerdings werden sie nicht nach einigen Tagen wieder verschwinden, CRSwNP ist eine chronische Erkrankung. Mit ihr geht zudem oftmals langfristig ein großer Verlust der Lebensqualität einher. Der über Wochen, Monate oder sogar Jahre andauernde Schnupfen strengt die Erkrankten an und erschwert oftmals den sozialen Austausch – die Angst vor Außenwahrnehmung führt bei manchen Betroffenen dazu, dass sie sich zurückziehen. „Schlafstörungen führen zu Konzentrationsproblemen, einer verminderten Leistungsfähigkeit und lassen den Alltag zu einer Herausforderung werden. Der Geruchsverlust schmälert wiederum Freude und Genuss am Essen, oft auch an Geselligkeit“, erklärt Prof. Dr. Boris Haxel, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde des Schwarzwald-Baar Klinikums in Villingen-Schwenningen. Die Ursache einer CRSwNP ist noch nicht vollständig geklärt. Im Gegensatz zu einer Erkältung spielt aber in den meisten Fällen eine Fehlregulation des Immunsystems eine wichtige Rolle. Dies führt zu der chronischen Entzündung der Nasenschleimhaut und der Nebenhöhlen.

    Diagnose CRSwNP – Was nun?

    In den letzten Jahren hat sich bei den Behandlungsmöglichkeiten einer CRSwNP viel getan. Lange Zeit kamen bei n den letzten Jahren hat sich bei den Behandlungsmöglichkeiten einer CRSwNP viel getan. Lange Zeit kamen bei schweren unkontrollierten Formen nur Kortisontabletten und Operationen zum Einsatz. „Es gibt nun auch die Möglichkeit, dass Patientinnen mit sogenannten Biologika – also spezifischen Antikörpern – behandelt werden können. Das war ein Riesenschritt für die Behandler, aber auch für die Patientinnen, die teilweise auch schon mehrere Operationen durchgemacht haben“, erzählt Prof. Haxel und rät, beim Verdacht, an einer CRSwNP erkrankt zu sein, unbedingt das Gespräch mit einem HNO-Arzt oder einer HNO-Ärztin zu suchen. Denn ohne eine Therapie werden die Beschwerden nicht einfach wieder verschwinden. 

    Weitere Informationen:

    Auf aktiv-gegen-nasenpolypen.de gibt es den Film zur „Duft des Lebens“- Kampagne zu sehen. Außerdem finden sich viele weitere Informationen über die Erkrankung und Angebote wie Tipps vom Experten, eine Arztsuche oder ein Selbsttest.

    Der neue Instagram-Kanal @Neustart_Nase informiert über CRSwNP und was es für die Betroffenen bedeutet, und lädt die User ein, sich zu vernetzten und auszutauschen – denn sie sind nicht allein.


    1 Hastan D et al. Allergy 2011; 66(9): 1216-1223
    2 Stuck BA, et al. HNO 2012; 60(2): 141-162
    3 Fokkens WJ, et al. Rhinology 2012; 50: 1-12

    MAT-DE-2203710-1.0-08/2022

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