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Home » Magen und Darm » Metaorganismus Mensch: Adipositas individuell verstehen
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An der Leipziger Universitätsmedizin erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie Körper, Organe, Zellen und Mikroben miteinander sprechen. Unter anderem zeigen Dr. Rima Chakaroun und Dr. Veronica Witte auf, wie nah sich Labor und Leben, Moleküle und Menschen, Bauch und Gehirn tatsächlich sind – und was das alles über unsere Gesundheit und die Möglichkeit personalisierter Therapien verrät.

Dr. Veronica Witte
Dr. Rima Chakaroun

Adipositas gilt heute als eine der komplexesten Volkskrankheiten. Lange wurde sie auf Lebensführung reduziert – zu viel, zu fett, zu süß. Doch moderne Stoffwechselforschung zeigt ein anderes Bild: Übergewicht ist kein bloßes Ergebnis von fehlender Willenskraft, sondern Ausdruck biologischer, hormoneller und mikrobieller Prozesse. Am Exzellenzcluster Leipzig Center of Metabolism – LeiCeM der Universität Leipzig arbeiten Forschende daran, diese Mechanismen zu verstehen – und Therapien zu entwickeln, die der Vielfalt der Erkrankung gerecht werden.

Adipositas – ein vernetztes Krankheitsbild

Dr. Rima Chakaroun, Ärztin und Forscherin an der Leipziger Universitätsmedizin, untersucht, wie der Stoffwechsel als fein vernetztes System funktioniert – und warum er bei manchen Menschen aus dem Gleichgewicht gerät. Sie betrachtet den Menschen als Metaorganismus: ein Zusammenspiel zwischen menschlichen und mikrobiellen Zellen mit tausenden Botenstoffen, die als Zwischensignale fungieren – wie Metabolite, Proteine, aber auch Hormone. Gemeinsam bestimmen deren Interaktionen über Gesundheit oder Krankheit. Ihr besonderes Interesse gilt dem Zusammenspiel von Mikrobiom, Fettgewebe und Geschlecht. Denn Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur hormonell, sondern auch darin, wie ihr Stoffwechsel auf Ernährung, Medikamente oder Stress reagiert.

Bis 2035 wird voraussichtlich etwa die Hälfte der Bevölkerung an Adipositas leiden. Aber jede dieser Geschichten ist anders – und genau das müssen wir verstehen.

Wie beeinflussen bakterielle Signalstoffe den Hormonhaushalt? Wie entstehen Entzündungen im Fettgewebe? Und wie prägen diese Faktoren die Entstehung von Adipositas? „Es gibt viele biologische Wege, die zu Übergewicht führen – und ebenso viele Wege, daraus wieder herauszufinden.“ Mit Multi-Omics-Analysen – der parallelen Auswertung genetischer, molekularer und mikrobieller Daten – will sie Muster identifizieren, die künftig individuell zugeschnittene Therapien ermöglichen. Ziel ist eine Medizin, die Unterschiede nutzt: für personalisierte Behandlungen, die die molekulare und geschlechtsspezifische Vielfalt von Adipositas berücksichtigen.

Wenn der Darm mitentscheidet

Wie sehr der Bauch tatsächlich „mitentscheidet“, ist das Thema von Dr. Veronica Witte. Die Biologin und Neurowissenschaftlerin erforscht an der Leipziger Universitätsmedizin und am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, wie Mikrobiom, Gehirn und Essverhalten zusammenhängen. „Dass das Gehirn den Darm beeinflusst, wussten wir schon lange“, sagt sie. „Aber dass der Darm auch das Gehirn lenken kann, wird erst jetzt in mehr und mehr gut gemachten Studien untersucht.“ Im Zentrum steht die sogenannte Darm-Hirn-Achse – eine Datenautobahn zwischen Kopf und Bauch, die über Nervenbahnen, Hormone und Stoffwechselprodukte Informationen transportiert.

Stoffwechselprodukte, die bei der Verdauung entstehen, können das Gehirn direkt beeinflussen – etwa über den Vagusnerv oder über Botenstoffe im Blut.

Ihre Studien legen nahe: Bestimmte kurzkettige Fettsäuren, die bei der Verdauung entstehen, stimulieren über den Vagusnerv Hirnareale, die mit Appetit, Motivation oder Belohnung zu tun haben. Die Studien kombinieren MRT-Bildgebung, biochemische Analysen und psychologische Tests. Sie zeigen, dass selbst kleine Veränderungen im Mikrobiom unser Essverhalten beeinflussen können – und dass es möglich ist, diesen Dialog zwischen Darm und Gehirn therapeutisch zu nutzen. „Vielleicht können wir eines Tages gezielt in die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn eingreifen und Menschen anhand weniger Tests personalisierte Ernährungsempfehlungen geben“, sagt sie.

Präzise, präventive und partizipative Medizin

Beide Forscherinnen sind ins Exzellenzcluster LeiCeM eingebunden – einem Verbund von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus klinischer Medizin, Biologie, Informatik, Genetik und Neurowissenschaften, die den Stoffwechsel in seiner ganzen Komplexität besser verstehen wollen. Sie verfolgen einen organübergreifenden Ansatz, der über einzelne Krankheitsbilder hinausgeht: Von Fettgewebe, Leber und Gehirn über den kardiovaskulären Stoffwechsel bis zur Rolle des Mikrobioms – das Cluster verbindet molekulare Grundlagenforschung mit klinischer Anwendung.

Grafik: Enzo Forciniti/Universität Leipzig

Mit seiner engen Vernetzung zwischen der Universitätsmedizin Leipzig und exzellenten außeruniversitären Partnern gilt Leipzig heute als einer der führenden Standorte der Stoffwechselforschung. Die Themen reichen weit über Adipositas hinaus – betrachten auch die Rolle von Geschlecht und Gender, frühkindlicher Prägung, genetischer Disposition und psychischer Gesundheit. Die Forschung in LeiCeM leistet einen Beitrag zur Weiterentwicklung unseres Gesundheitsverständnisses: weg vom reinen Krankheitsmanagement, hin zu einer präzisen, präventiven und partizipativen Medizin. Mit Blick auf LeiCeM bekommt „ein gesundes Bauchgefühl“ eine zweite Bedeutung: Es steht nicht nur für Vertrauen in den eigenen Körper, sondern auch für Vertrauen in eine Wissenschaft, die den Menschen als Ganzes sieht – vom Molekül bis zum Motiv. „Ich wünsche mir, dass Adipositas irgendwann so selbstverständlich differenziert und mit Respekt vor der individuellen Biologie behandelt wird wie andere komplexe Erkrankungen.

Und Witte ergänzt: „Wir stehen am Anfang, die Sprache des Stoffwechsels zu verstehen. Aber wenn wir sie einmal übersetzen können, können wir vielleicht Krankheiten verhindern, bevor sie entstehen.“

Stoffwechselforschung der Zukunft im Leipzig Center of Metabolism

Forschende am Exzellenzcluster Leipzig Center of Metabolism – LeiCeM arbeiten daran, Prävention und Therapie durch personalisierte Ansätze entscheidend zu verbessern. Untersucht wird, wie Stoffwechselprozesse Körper und Gehirn vernetzen und wie daraus neue Therapien entstehen. Die interdisziplinär arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vereinen molekulare, zelluläre und systemische Grundlagenforschung, klinische Studien und Künstliche Intelligenz, um personalisierte Behandlungen für Adipositas, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Fettlebererkrankung, Atherosklerose und andere Herz- Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln. Zu den zentralen Themen zählen: Adipozytenbiologie und Lipidologie, Mikrobiom und Immunmetabolismus, Organ-Interaktionen (Leber, Herz, Gehirn, Niere, Fettgewebe), Ernährung und Prävention, Energiehaushalt und zirkadiane Rhythmen, metabolische Alterungsprozesse, Frauen- und Geschlechterforschung. Ein interdisziplinäres Netzwerk vereint dafür zahlreiche Fächer der klinische Medizin, Neurowissenschaften und Verhaltensforschung, Molekularbiologie und Evolutionsgenetik, (Bio)Informatik und Systembiologie.Ziel ist es, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schneller in die Kliniken zu bringen und Patientinnen und Patienten individuelle Wege zu mehr Gesundheit zu eröffnen. Leipzig bietet ideale Bedingungen: ein dichtes Netz aus universitärer Medizin, Max-Planck-Instituten, Helmholtz- und Fraunhofer-Forschung. Was hier entsteht, reicht weit über die Exzellenz des Standorts hinaus, Leipzig wird zum Modell für medizinische Zukunftsarbeit auf internationalem Niveau.
Ziel ist es, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schneller in die Kliniken zu bringen und Patientinnen und Patienten individuelle Wege zu mehr Gesundheit zu eröffnen. Leipzig bietet ideale Bedingungen: ein dichtes Netz aus universitärer Medizin, Max-Planck-Instituten, Helmholtz- und Fraunhofer-Forschung. Was hier entsteht, reicht weit über die Exzellenz des Standorts hinaus, Leipzig wird zum Modell für medizinische Zukunftsarbeit auf internationalem Niveau.

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