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    „Eine Achterbahnfahrt“

    Foto: Markus Maria Profitlich GmbH

    Vor vier Jahren bekam der beliebte Komiker Markus Maria Profitlich die Diagnose Parkinson. Wie er damit lebt, was ihm hilft, seinen Humor nicht zu verlieren, und warum er jedem Betroffenen die Selbsthilfe ans Herz legt, lesen Sie im Interview. 

    Wie empfinden Sie die vergangenen Jahre rückblickend?

    Ziemlich heftig. Zuerst fällt man in ein tiefes Loch, aus dem man anfangs versucht selbst herauszukommen, was aber falsch ist. Dann beginnt man, sich mit der Krankheit auseinanderzusetzen, was es auch nicht besser macht. Es ist eine Achterbahnfahrt. Seit einem Jahr habe ich mich aber damit arrangiert und akzeptiert, dass es Teil meines Lebens ist – und auch immer sein wird. 

    Wie hat sich die Erkrankung damals bei Ihnen geäußert und wie kam es zur Diagnose?

    Wenn ich auf der Bühne stand, bekam ich einen Schwankschwindel und hatte das Gefühl, gleich umzufallen. Doch die Außenstehenden sagten, dass ich kerzengerade stand. Beim Neurologen wurden diverse Untersuchungen gemacht, doch nichts wurde gefunden. Erst der HNO-Arzt äußerte die Vermutung. Daraufhin wurde ein DaTSCAN durchgeführt, der dann die Diagnose Parkinson im weit fortgeschrittenen Stadium zur Folge hatte. Das war am 30. Mai 2017, am Hochzeitstag von meiner Frau und mir. 

    Wie sind Sie mit der Diagnose umgegangen?

    Ich habe den Fehler gemacht, mich über Google zu informieren. Das war fatal, denn laut den Informationen war ich quasi schon tot. Jeder, der eine solche Diagnose bekommt, sollte zeitnah zu einer Selbsthilfegruppe gehen und sich mit Betroffenen austauschen.  

    Wie sehen gute, aber auch schlechte Tage bei Ihnen aus? 

    Je weiter fortgeschritten der Parkinson ist, desto häufiger kommen On- und Off-Tage vor. Die Off-Tage können wirklich heftig sein, sodass man morgens vor lauter Schmerzen nicht aufstehen kann, einfach liegen bleiben muss, um dann jemanden zu haben, der einem die Tablette in den Mund steckt, weil man es selbst nicht mehr kann. Es fühlt sich an, als ob eine Eisenbahnschiene auf einem draufliegt. Jede Bewegung, jede Berührung bedeutet Höllenqualen. An guten Tagen, also On-Tagen, steht man morgens auf und kann, bis auf ein bisschen Gliederschmerzen, einen normalen Tag haben. Das bedeutet schon, dass man sich einigermaßen gut alleine anziehen kann. Hinzu kommen die Nebenwirkungen der Medikamente. Bei Parkinson muss man hoch dosiertes Dopamin zu sich nehmen, was im Gehirn Glücksgefühle auslöst. Auch wenn das schön klingt, kann dies Impulskontrollstörungen auslösen, die sich in Sexsucht, Spielsucht oder Kaufsucht widerspiegeln können. Hat mich selbst auch erwischt. Deshalb muss das Umfeld dringend auf einen aufpassen. Man hat Parkinson nie allein, es hat immer die ganze Familie.

    Woher nehmen Sie Ihre Kraft und Lebensfreude?

    Zum Glück habe ich die Off-Tage ganz, ganz selten. Doch das kann in ein paar Monaten schon ganz anders sein. Man muss die Krankheit mit ins Boot nehmen und akzeptieren, wie einen ungebetenen Gast, den man nicht am Tisch möchte, den man aber auch nicht rausschmeißen kann. 

    Ihr Beruf ist es, Menschen zum Lachen zu bringen. Gelingt Ihnen das bei sich selbst auch – trotz Krankheit? 

    Wir haben eine 16-jährige Tochter, da ist Spaß nicht so an der Tagesordnung. (lacht)

    Sie haben bereits beschrieben, warum Selbsthilfe so wichtig ist. Heute sind Sie Schirmherr der Parkinson Youngster. Warum?

    Ich habe selbst erfahren, wie wichtig das ist. In einer Selbsthilfegruppe ist man unter Gleichgesinnten, bekommt hilfreiche Tipps, lernt, besser mit der Erkrankung umzugehen, und hat zudem Zugang zu Experten, die bspw. über neue Therapien informieren. Man bekommt Hilfe und Trost gleichzeitig. Dadurch geht es einem besser und man kann einen positiven Einfluss auf die Erkrankung nehmen. 

    Ich habe mich für die Parkinson Youngster entschieden, weil es über Austausch und Kaffeetrinken hinausgeht. Der Verein ist viel aktiver, in den (sozialen) Medien sehr präsent und möchte wirklich etwas verändern. Es werden beispielsweise Camps für Erkrankte und deren Familien organisiert. Austausch ist so wichtig. Derzeit entwickeln wir eine App für Betroffene, die in rund drei Monaten verfügbar sein wird. Diese App wird mehr können als Tabletten- und Arztterminmanagement. Die App, die von Patienten für Patienten ist, wird neben vielen weiteren Features auch Schlucktrainings anbieten, denn das ist enorm wichtig, da es auch ein Muskel ist. Wenn man den nicht trainiert, kann man irgendwann nicht mehr schlucken. Aber natürlich sind wir auch auf Spenden angewiesen, um mehr solcher Projekte zum Leben zu erwecken. 

    Was hat Ihnen persönlich bisher am meisten geholfen?  

    Akzeptanz, Selbsthilfe, Sport und Kommunikation – und all das kann ich jedem Betroffenen nur ans Herz legen. 

    Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

    Ich habe Parkinson. Das wissen nun auch die meisten. Doch ich bin auch Künstler und möchte das in meinem Leben nicht missen. Solange es geht, werde ich auf der Bühne stehen. Das Gute ist: Durch das Adrenalin vor und bei einem Auftritt verschwinden die Beschwerden. Ich hoffe also, dass mich das Publikum noch lange sehen will und mich bei meiner ganz persönlichen Bühnentherapie unterstützt. (lacht) 

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