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    Einmal Neustart, bitte!

    Foto: Andrey_Popov via Shutterstock.com

    Im Januar 2016 ändert sich das Leben von Manuel S. innerhalb von zehn Minuten, denn so lang dauert damals sein Blackout nach seinem ersten epileptischen Anfall. Nur Stunden später wird er mit der Diagnose Epilepsie konfrontiert, an der in Deutschland fast 800.000 Menschen erkrankt sind.

    Manuel S.

    Epilepsiepatient

    Erzählen Sie uns von Ihrer Diagnose. Wie kam es dazu?

    Der erste Anfall hat sich förmlich in mein Gedächtnis gebrannt und traf mich ohne Vorwarnung. Ich war damals 21 und saß gerade gemütlich mit meiner Familie beim Kaffeetrinken. Keiner wusste, was gerade mit mir passierte. Als ich dann wieder zu mir kam, musste ich mir erst mal erklären lassen, was gerade passiert war. Die letzten zehn Minuten waren komplett ausgelöscht. Ich hoffte damals nur, dass es bei diesem einen Anfall bleiben würde. Erhielt dann allerdings sehr zeitnah die Diagnose fokale Epilepsie.

    Hat die Diagnose Ihr Leben auf den Kopf gestellt? 

    Die Anfälle kamen ab dann in sehr unterschiedlichen Abständen. Es gab Tage, da hatte ich manchmal zwei Anfälle, aber im Schnitt so alle drei bis sechs Wochen. Das hat mein Leben gehörig auf den Kopf gestellt. Ich hatte damals meine Ausbildung als Anlagenmechaniker gerade abgeschlossen und musste dann nach ein paar Monaten mit der Diagnose feststellen, dass ich meinen Beruf nicht mehr ausüben durfte. Nach einem Jahr begann ich eine neue Ausbildung als Informationselektroniker. Diese Tätigkeiten entsprachen eher meiner Krankheit. Ich musste dabei nicht mehr auf Leitern steigen, Auto fahren, Schweißen und schwere Maschinen bedienen. Seit Kurzem habe ich eine neue Stelle angenommen, als Haustechniker bei der Stadt, und bin sehr glücklich damit. 

    Welche Behandlungsoptionen standen für Sie zur Wahl?

    Ich wurde mit verschiedenen Antiepileptika medikamentiert. Manche halfen gar nicht und einige nur für eine kurze Zeit, bis sich eine gewisse Resistenz einstellte und die Anfälle wieder häufiger wurden. Nach zwei Jahren ohne große Erfolge wurden mir Tiefenhirnelektroden implantiert, wodurch ich vier Wochen lang im Krankenhaus verbringen musste, was eine Qual für mich war. Noch dazu stellte sich am Ende heraus, dass es nicht von Erfolg gekrönt war, weil der Ursprung meiner Epilepsie nicht direkt therapiert werden konnte, da er sich in meinem Fall direkt im Sprachzentrum befindet. Das war ein herber Tiefschlag für mich.

    Und dann?

    Durch eine glückliche Fügung wurde mir angeboten, an einer Studie mit einem völlig neuen Stimulationsgerät für Epilepsien mitzuwirken. Hierfür musste ich einige Tests durchlaufen hinsichtlich meiner Merkfähigkeit, Reaktion und auch Emotionen. Ich muss wohl bestanden haben, denn recht zeitnah folgte dann der Eingriff zur Implantation von Elektroden, die lediglich unter der Haut liegen, direkt oberhalb des Sprachzentrums. Ein Batteriegerät wurde in die Brust implantiert und das ist mit einem unter der Haut liegenden Kabel verbunden. Mithilfe des neuen Systems kann ich selbstständig reagieren, wenn sich ein Anfall anbahnt.

    Mit welchen Gefühlen sind Sie in den Eingriff gegangen?

    Für viele mag sich das nach einem „spaßigen“ Eingriff anhören, was es sicherlich auch ist. Aber Angst hatte ich zu keinem Zeitpunkt. Ich war voller Zuversicht, dass mir diese moderne Methode helfen kann. 

    Wie hat sich das dann mit Blick auf Ihr aktuelles Befinden, ausgewirkt?

    Mir geht seit dem Eingriff deutlich besser. Der Neustart ist jetzt 1,5 Jahre her und seitdem trat eine wesentliche Besserung ein. Ich bin noch nicht komplett anfallsfrei, aber das kommt noch.

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