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    Schmerzmanagement bei Endometriose –Wie medizinische Cannabis-Arzneimittel helfen können

    Foto: Marcel Gollin

    Nach aktuellen Schätzungen leidet in Deutschland jede zehnte Frau an Endometriose, einer chronischen Erkrankung, die mit starken Schmerzen einhergeht. Über die Ursachen der Erkrankung tappt die Forschung noch im Dunklen: Um speziell den starken Schmerzen entgegenzuwirken, kommen verschiedene Therapiemöglichkeiten in Betracht. Eine Möglichkeit ist die Behandlung mit Cannabis-Arzneimitteln. Wir sprachen mit Vanessa Maier, die selbst an einer Endometriose und Adenomyose leidet, über ihre persönlichen Erfahrungen mit dieser noch jungen Möglichkeit der Schmerzbekämpfung.

    Liebe Vanessa, du bist betroffen von einer Endometriose und Adenomyose. Welche Rolle spielen die Schmerzen in deinem Alltag?

    Die Schmerzen spielen in meinem Alltag eine große Rolle und sind sehr unterschiedlich. Aktuell gehen diese von der Adenomyose aus, da es eher ein krampfhafter Schmerz ist, der sich über mein Gesäß bis in das linke Bein zieht. Es ist ein drückender Schmerz, der permanent präsent ist und es dadurch fast unerträglich macht. Dadurch ermüdet mein ganzer Körper und verkrampft. Das macht Sitzen, Stehen und Liegen zu einer Qual. Meine Muskeln in den Beinen sind dadurch verkürzt, ich ziehe die Schultern nach vorne und meine ganze Körperhaltung leidet darunter. Am wenigsten spüre ich den Schmerz beim Laufen, aber das kann man ja auch nicht den ganzen Tag machen. Und nachts beim Schlafen wache ich vor Schmerzen oft auf. Das alles ist ein ziemlicher Kraftakt, und selbst mit meinem Teilzeitjob komme ich oft an meine Grenzen.

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    Eine recht neue Möglichkeit, um Schmerzen zu behandeln, sind Cannabis-Arzneimittel. Welche Erfahrungen konntest du persönlich bisher machen und wie hat sich das auf deine Schmerzen ausgewirkt?

    Ich teste aktuell noch, da es sehr viele Therapieoptionen gibt. Aktuell verdampfe ich eine CBD-haltige Cannabisblüte und mein Körper entspannt sich, und oft löst sich der Schmerz auf. Falls dieser aber sehr fest sitzt, entspannt sich wenigstens alles um das Schmerzzentrum herum. Ich erreiche dadurch, dass ich auch grundsätzlich entspannter mit meinen Schmerzen umgehe und meine Ängste und Sorgen weniger werden, denn es fühlt sich alles wohlig warm an. Mein Schmerz wird dadurch milder und unterschwelliger. Ich werde zwar auch ein bisschen vergesslicher und kann mir Sachen nicht so gut merken, aber das habe ich auch, wenn der Schmerz richtig stark ist und ich mich null konzentrieren kann. Ich finde aber auch nichts dazu, dass man das dem CBD zuordnen kann. Ich habe grundsätzlich das Potential von Cannabis als Medizin unterschätzt und bin froh, diese Möglichkeit zu haben, meine Schmerzen zu lindern.

    Foto: Marcel Gollin

    Hast du bereits Erfahrungen mit verschiedenen Darreichungsformen machen können (Blüten, Extrakte, Zäpfchen)?

    Ich verdampfe nur die Blüten durch meinen Vaporizer, und damit bin ich sehr zufrieden. Ich besitze zwar auch die freiverkäuflichen CBD-Tröpfchen, aber die sind im Vergleich zu den Blüten eher schwach. Zäpfchen habe ich auch schon einmal getestet.

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    Auf welche Hürden bist du bisher gestoßen?

    Endometriose ist eine von den Erkrankungen, die man Jahrzehnte als solche gar nicht erkannt hat, weil die verschiedenen Beschwerden lange nicht im Zusammenhang, und somit nicht als Krankheitsbild, diagnostiziert wurden. Viele Patientinnen werden nach wie vor erst nach einer langen Arztodyssee richtig diagnostiziert.

    Dann noch einen Arzt zu finden, der moderne Therapieansätze wie z. B. mit Cannabis verfolgt, ist daher eine schwierige Hürde. Weiterhin lehnte meine Krankenkasse die Kostenübernahme zunächst ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich so starke Schmerzen, dass ich mich einfach damit zufrieden gab. Die Bundesregierung hat aber kürzlich Erleichterungen bei der Kostenübernahme in Aussicht gestellt: jetzt versuche ich es noch mal mit einem Widerspruch, habe neuen Mut und hoffe auf Erfolg.

    Mittlerweile ist das Thema medizinisches Cannabis auch in unserer Gesundheitspolitik angekommen. Was muss deiner Meinung nach passieren, damit chronische Schmerzpatienten umfänglich von dieser Behandlungsoption profitieren?

    Wichtig und nützlich wäre es, eine Anlaufstelle wie z. B. eine Webseite zu haben, wo man nach Ärzten in seiner Umgebung schauen kann, die Cannabis-Arzneimittel einsetzen. Das würde die Suche sehr erleichtern und schneller voranbringen. Auch sollten die Kosten für die Behandlung übernommen werden. Ich zahle aktuell für 10g, die ich mir über den Monat rationiere, ungefähr 160€. Mit Physiotherapie und anderen Ausgaben, die aufgrund meiner Krankheit anfallen, habe ich hohe Kosten, die ich mit meiner Teilzeitstelle tragen muss. Es ist einfach ein Teufelskreis, denn Schmerz führt zu weniger Arbeitsfähigkeit, aber um die Schmerzen zu lindern, braucht man Medikamente und somit auch Geld. Schlussendlich geht es um die Lebensqualität der Menschen, die Schmerzen haben, und ich habe das Gefühl, dass das die Leute auf der anderen Seite offensichtlich nicht sehen!

    Weitere Informationen

    Vanessa klärt sowohl über ihre Website www.endopowerment.de als auch über ihren Instagram-Kanal instagram.com/endopowerment über Endometriose/Adenomyose und den Alltag mit den Erkrankungen auf. Zudem bietet sie Onlinekurse zu diesen Themen an und hat einen eigenen Podcast ins Leben gerufen.

    Ihr klares Signal für betroffene Frauen: Ihr seid nicht allein!

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