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    Lust (aus)leben

    Jana-Welch-Sexologin
    Jana-Welch-Sexologin
    Jana Welch, Sexologin M.A. in live und digitaler Praxis ( Foto: Melanie Greim )

    Unverletzlich, heilig, unanfechtbar, unberührbar, stillschweigend akzeptiert- sie leben mit und in uns. Tabus. Sie werden gerne überliefert, nicht diskutiert und bestimmen in vielen Aspekten unser Denken und Handeln. Es sind unsichtbare Regelwerke, an die man sich eben hält – und sie gelten vor allen Dingen für das Thema Sexualität. Hier jedoch nehmen Sie einen ganz besonderen Stellenwert ein.

    Sie schweben unsichtbar durch die Schlafzimmer und bestimmen gerne mit, wie geliebt wird. Wie laut oder leise wir sind, welche Positionen ok sind, welche Spielsachen ausprobiert werden usw.

    Jeder von uns hat eigene Werte, Moralen und Glaubenssätze, die die gelebte Sexualität und natürlich auch die der anderen, bewertet. Was gehört sich, was gehört sich vielleicht nicht. Wir sind schnell in unserem Urteil, was sich schickt und was nicht – was man vielleicht lieber mit einer Affäre lebt, als eben zu Hause im Ehebett. Was wird nur im Geheimen gelebt und nicht dem Partner preisgegeben. Wir sind quasi konstant am Bewerten, was wir– gerade bei dem Thema Sexualität – kommunizieren wollen und was wir lieber für uns behalten. Wir filtern und vermeiden damit eine intime Sexkommunikation. Wir wollen ja nicht als „pervers“ gelten mit eigenartigen Fantasien. Dabei stellen wir uns auch gerne vor, wie der andere – unser Partner – reagiert. Wir stellen uns vor, wie er oder sie uns vielleicht verurteilt, missversteht oder auch verlassen würde, wenn der tabuisierte Dark Eros im heimischen Bett Einzug halten würde.

    Diese dunkle sexuelle Seite in jedem von uns, könnte jedoch auch der Schlüssel sein für eine blühende und neue Sexualität. Sich zu erlauben, seine eigenen Tabus zu erkennen und sie  – wenn man das möchte – zu enttabuisieren. Das würde bedeuten, in eine verwundbare Kommunikation zu gehen – wo das Schweigen gebrochen wird. Doch auch hier legen wir leider unsere eigene moralische Messlatte an – wir muten unserem Partner zu wenig zu (zu glauben, wir wüssten schon, was der andere denkt, ist der wohl größte Irrglaube in meiner täglichen Praxis.)

    Und so verkümmert über die Jahre eine vielleicht blühende recht tabulose Anfangs Sexualität zu einem anstrengenden Ritual, das keinem mehr so richtig Spaß macht. Paare, die im Alltag  wunderbar miteinander reden, verstummen gerne, wenn es um das Thema Sexualität und Wünsche geht. Die Scham versperrt der Wahrheit oft den Weg und so bleiben viele intimen Ideen und Fantasien unausgesprochen. Ungehört.

    Aber was wäre, wenn der geliebte Partner ganz ähnliche Wünsche hat?

    jana-welch

    Jana Welch

    Sexologin M.A. in live und digitaler Praxis

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