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    „Offenheit ist das Wichtigste“

    Rabea hat Akne inversa: eine chronisch-systemische, nicht ansteckende Hauterkrankung, die bei ihr mit starken Schmerzen und eitrigen Abszessen im Intimbereich verbunden ist. Die Erkrankung verläuft in Schüben und kann in diesen Zeiten das Sozialleben Betroffener erheblich beeinträchtigen. Vor allem die Themen Partnerschaft und Intimität können in solchen Schubphasen große Stolpersteine sein. Rabea und ihr Partner Paddy erzählen uns im Interview, wie sie mit Rabeas Erkrankung umgehen und warum ein offener Austausch ein Gamechanger für Betroffene ist.

    Rabea hat Akne inversa und setzt sich dafür ein, dass die Erkrankung bekannt gemacht wird. Sie möchte anderen Betroffenen Mut machen, dass ein Leben mit Akne inversa gemeistert werden kann.

    @rabeas_little_world

    Rabea, du hast Akne inversa und gehst sehr offen mit deiner Erkrankung um. Das fiel dir sicher nicht immer leicht, oder?

    Rabea: Ursprünglich war es gar nicht mein Plan, öffentlich und auf Instagram über Akne inversa zu schreiben; ich war selbst auf der Suche nach Leuten, die Akne inversa haben, weil ich mich nach einem Austausch mit Betroffenen sehnte. Bei meiner Suche fand ich zwar viele Infoseiten, aber keine Person. Andererseits bekam ich immer wieder die Rückmeldungen von anderen, denen es ähnlich ging wie mir. Also dachte ich mir, ok, ich gehe in meinem Umfeld offen mit der Krankheit um – warum nicht auch anderen helfen, indem ich öffentlich darüber spreche. Akne inversa ist nicht schön, ich zeige auch nicht alles, aber ich versuche, möglichst transparent zu sein.

    Wie war das, als du deinen Partner Paddy kennengelernt hast? Hast du dir direkt Gedanken gemacht, wann und wie du ihm von deiner Erkrankung erzählen möchtest und wie hat er dann darauf reagiert?

    Rabea: Paddy kennt mich schon sehr lange, ich glaube, wir haben uns kurz vor meiner Diagnose kennengelernt. Damals waren wir noch kein Paar, aber er hat dennoch einiges mitbekommen. Er kennt mich so, wie es ist und akzeptiert es. Dementsprechend fiel es mir relativ leicht, ihm gegenüber offen mit der Akne inversa umzugehen, als wir ein Paar wurden.

    Paddy, kannst du dich erinnern, was in dir vorging, als Rabea dir von ihrer Erkrankung erzählt hat?

    Paddy: Ich habe über die Jahre mitbekommen, dass Rabea Akne inversa hat. Seitdem wir ein Paar sind, und auch schon eine gewisse Zeit davor, bekomme ich mehr mit, wie es ihr geht und was es bedeutet, mit der Erkrankung zu leben. Es ist aber nicht so, dass es einen bestimmten Moment gegeben hätte, in dem ich dachte‚ „Sie ist krank, ich muss jetzt alles wissen.“ Es ist halt so, wir können ehrlich miteinander sein.

    Welche Rolle spielt Rabeas Akne inversa in eurem Alltag als Paar?

    Rabea: Wir führen eine Fernbeziehung, wohnen beide in verschiedenen Städten. Direkt nach einer meiner vielen OPs kam Paddy und kümmerte sich um den Hund, damit ich das nicht machen muss. Aber ich würde nicht sagen, dass er viel übernehmen muss. Es ist ein Geben und Nehmen, wir unterstützen uns gegenseitig, je nachdem, wer es gerade braucht. Was allerdings in Zeiten, in denen es mir nicht gut geht, auf der Strecke bleibt, ist Sexualität, da die Akne inversa bei mir den Intimbereich betrifft.

    Möchtet ihr uns erzählen, wie ihr das Thema Intimität mit Akne inversa angeht? Was hilft euch dabei, euch trotz der Erkrankung fallen lassen zu können und was ist besonders für dich, Rabea, dabei wichtig?

    Rabea: Ich verstecke mich nicht vor ihm, auch meine Narben nicht. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Hätte ich Paddy ganz frisch kennengelernt und ihn vorher nicht gekannt, wäre es mir vielleicht schwerer gefallen, von Anfang an offen zu sein; vielleicht wäre ich vorsichtiger gewesen. Aber dadurch, dass wir schon befreundet waren, bevor wir ein Paar wurden, war das Vertrauensverhältnis schon da. Das ist das Gute an einer erwachsenen Beziehung.

    Paddy: Ich wusste, worauf ich mich einlasse. Ich kann mir aber vorstellen, dass es für Paare, die sich gerade frisch kennenlernen, schwieriger sein kann. Aber in dieser Situation waren wir nicht. Nach einer OP kann es sein, dass die Intimität (wobei zu Intimität ja auch noch andere Dinge gehören) und Sex für eine Zeitlang auf der Strecke bleiben, aber das ist dann so. Es kommen auch wieder andere Zeiten.

    Paddy, was ist aus deiner Sicht als Partner einer Akne inversa-Patientin wichtig, wenn man die Partnerin oder den Partner dabei unterstützen möchte, Hemmschwellen in der Partnerschaft abzubauen?

    Paddy: Auch hier wieder: Offenheit, das ist sehr, sehr wichtig. Dass das nicht jedem leicht fällt, kann ich nachvollziehen, aber es ist notwendig – für beide, für die betroffene Person und auch für den Partner. Auch Akzeptanz und das Interesse des Partners muss da sein: erfahren zu wollen, worum geht es geht, was die Erkrankung überhaupt ist und mit sich bringt.

    Rabea, welche Tipps möchtest du anderen Betroffenen an die Hand geben, die sich nicht sicher sind, wie sie mit ihrer Erkrankung in Bezug auf das Thema Partnerschaft umgehen sollen?

    Rabea: Was ich jedem Paar – egal ob frisch oder schon ewig zusammen – mitgeben möchte, ist: Die Offenheit ist elementar und muss beibehalten werden. Und auch der Partner muss sagen dürfen, wenn er oder sie mit etwas nicht umgehen kann. Das gilt für beide Seiten. Es ist nicht nur die Person mit der Erkrankung, die zur Beziehung gehört, es sind beide. Das muss man sich immer wieder bewusst machen.

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