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    Wenn die Lust nachlässt: Wie Paare die Leidenschaft in Beziehungen wieder entfachen können

    FOTO: ANNIKA FUSSWINKEL

    In einem Interview mit uns teilt Paar- und Sexualtherapeutin Julia Henchen ihre Expertise und Einblicke in die Welt der zwischenmenschlichen Beziehungen und sexuellen Erfüllung und beleuchtet wichtige Aspekte, die Paaren helfen können, ein erfülltes und intimes Leben miteinander zu gestalten.

    Liebe Julia, welche Rolle spielt Kommunikation in einer Partnerschaft, wenn es um ein erfüllendes Sexleben geht?

    Kommunikation spielt aus meiner Erfahrung die größte und wichtigste Rolle. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Paare, die nicht miteinander kommunizieren oder keine Augenhöhe in ihrer Beziehung erleben, auch im Schlafzimmer immer wieder ins Straucheln kommen. Das Tolle ist: Kommunikation kann man lernen und Schritt für Schritt eine größere Intimität und Vertrauen aufbauen. Ein guter Start ist es, sich im Alltag intensiver auszutauschen und zu beginnen, über Gefühle und Emotionen zu sprechen. Niemand kann erraten, was wir denken, auch wenn wir uns das manchmal wünschen würden.

    Was kannst du Paaren raten, die z.B. Hemmungen haben, über ihre sexuellen Wünsche und Bedürfnisse zu sprechen?

    Mein Tipp ist, sich im Alltag insgesamt intensiver auszutauschen, zu beginnen, die Themen zu teilen, zu teilen, die einen beschäftigen und sich klarzumachen, dass es nicht schlimm ist, dass es einem unangenehm ist, darüber zu sprechen. Es darf unangenehm sein, es darf schwierig sein und trotzdem können wir es lernen und aufeinander zugehen. Wenn die Hemmungen zu groß sind, kann ich immer eine Paarberatung empfehlen, aber auch ein Podcast, ein Buch oder eine Serie kann das erste Eis zum Brechen bringen, indem man es gemeinsam anhört oder anschaut und im An­schluss darüber spricht.

    Was für einen Einfluss haben Pornos auf unser Sexleben?

    Pornos können einen großen Einfluss auf unsere Sexleben haben, müssen sie aber nicht. Wichtig ist, dass wir nochmal verstehen, dass ein Porno wie ein Blockbuster ist und eben keine Dokumentation und wir aus Pornos, wie eben auch aus einer Liebeskomödie, uns nicht unbedingt Tipps holen können, manchmal aber Anregungen. Wir sehen im Liebesfilm auch nicht, wie das Paar ihren Alltag bestreitet und das ist ok, denn wir schauen einen Film und wollen unterhalten werden. Wenn Pornos das Sexleben negativ beeinflussen oder auch die Partnerschaft darunter leidet, empfehle ich auch hier ein Gespräch zu führen, bei dem eventuell eine Paar- oder Sexualberaterin unterstützen kann.

    Ist es normal, dass mit der Zeit in einer Beziehung die Lust aufeinander abnimmt und man auf Sex keine Lust mehr hat? Hast du Tipps, wie man die Lust aufeinander wieder entdecken kann?

    Dass die Lust in Langzeitbeziehungen manchmal schwindet, ist normal und kein Grund zur Sorge, aber natürlich kann es eine Partnerschaft belasten. Aber wir können daran etwas ändern und müssen die lustlose Phase nicht hinnehmen, wenn wir daran etwas ändern wollen. Wenn beide Partner damit fein sind, ist es übrigens auch nicht unbedingt nötig, sofort et­was zu ändern. In meine Praxis kommen Paare meist dann, wenn der Sex unregelmäßig statt­findet, wenn es ein paar Mal pro Jahr ist oder seit einigen Jahren nicht mehr. Was können wir machen? Die wichtigste Frage lautet: Wie müsste Sex sein, damit ich wieder Lust auf ihn bekom­me und mich auf den kommenden Abend freuen kann? Was braucht es dafür? Die Antwort ist dann sehr individuell und in einer Paarberatung schauen wir uns diese individuellen Voraus­setzungen genau an. Leser*innen können das aber natürlich auch für sich beantworten.

    In meinem neuen Buch, welches am 21. November erscheint, schreibe ich über Lustlosigkeit und wie man mithilfe meiner Methode diese auflösen kann. Es heißt „Kopf aus – Lust an!“ und kann bereits vorbestellt werden.

    Hat man besseren Sex, wenn man sich selbst attraktiver findet? Was kannst du Leuten raten, die sich nicht so wohl in ihrem Körper fühlen?

    Ich würde sagen: Nein, nicht unbedingt, aber natürlich trägt unser Wohlbefinden dazu bei, ob ich mich beim Sex fallen lassen kann oder nicht. Viel wichtiger aber ist, ob ich meinem Gegenüber vertrauen kann oder nicht. Ich halte auch nichts von dem Spruch „Du musst erst dich selbst lieben, bevor es andere tun“, denn das würde ja bedeutet, dass sehr viele Menschen allein wären. Es gibt einfach Tage, an denen wir uns einfach nicht leiden können und das ist ok. An solchen Tagen kann vor allem der Partner dabei helfen, dass man sich wieder sich selbst zuwendet, indem er für einen da ist. Daher arbeite ich mit meinen Klientinnen daran, dass sie sich annehmen, wie sie sind, mit allem, was dazu gehört. Das kann bedeuten, dass wir auch akzeptieren, dass wir uns nicht jeden Tag lieben können oder müssen. In Bezug auf den Körper geht es in der Beratung dann vor allem darum, seinen Köper anzunehmen, ihn nicht zu verurteilen und zu erkennen, dass Lust nichts mit einer Körperform zu tun hat.

    Meine Tipps: überlege einmal, welche Themen es sind, die dich davon abhalten, dich fallen lassen zu können. Ist es deine Körperform? Warum? Ist es eine Scham bezüglich loslassen oder eine Scham in Bezug auf die Genitalien? Sich diese Fragen zu stellen, kann dabei helfen, einen anderen Zugang zum eigenen Körper zu finden.

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