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    Prävention ist hier das Stichwort

    Foto: Catrin Weinstein, Blitzlichtgewitter Fotografie

    Als sie am Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere steht, bekommt Kathi Korn die Diagnose Diabetes-Typ 1. Im Interview spricht die deutsche Leistungssportlerin und Healthfluencerin darüber, wie sich ihr Leben dadurch verändert, was ihr hilft und wo sie noch Aufklärungsbedarf sieht.


    Liebe Kathi, du wurdest ja mit Anfang 20 mit Typ 1 Diabetes diagnostiziert. Wie erging es dir vor deiner Diagnose? Was waren deine Symptome?

    Nach einem schweren Magen-Darm-Infekt bemerkte ich die ersten Anzeichen. Vermehrter Durst, trockene Haut und Augen. Meine Sicht wurde immer verschwommener. Zu dieser Zeit war ich Leistungssportlerin und spielte täglich Tischtennis. Während der Spiele fiel mir vor Energielosigkeit ständig der Schläger runter. Bereits nach wenigen Wochen ging ich erstmalig zum Hausarzt. Mit der Bemerkung „Klingt nach Diabetes, Sie sehen aber nicht danach aus“ wurde ich ohne weitere Untersuchungen nach Hause geschickt. Einige Wochen danach und nach Aufsuchen verschiedener Ärzt*Innen, gab es den lebensrettenden „Fingerpieks“, wodurch mein Blutzucker bestimmt wurde. Mit einer lebensbedrohlichen Ketoazidose (Übersäuerung des Blutes) wurde ich als Notfall auf die Intensivstation gebracht.

    Dort hieß es „Sie haben Typ 1 Diabetes“.

    Als damaliger Laie und Mensch mit Nadelphobie war mir trotzdem bewusst: ich werde ab nun mein Leben lang mit Nadeln zu tun haben.

    Wie äußert sich dein Diabetes T1?

    Da die Insulin-produzierenden Zellen meiner Bauchspeicheldrüse zerstört sind, benötige ich das lebenswichtige Hormon Insulin von außen. Das funktioniert ausschließlich über Insulinpens oder eine Insulinpumpe. 24/7 läuft Insulin in meinen Körper. Immer wieder in kleinen Dosen. Die Insulinabgabe, um Kohlenhydrate abzudecken, muss ausgerechnet werden. Das bedeutet, ich muss die genaue Grammzahl an KH kennen, um sie in mein Handy, welches die Insulinpumpe steuert, einzugeben. Ein Sensor misst alle 5 Minuten meinen Gewebeglukosewert. Auf der Basis meiner Werte rechnet ein Algorithmus aus, wie viel Insulin mein Körper benötigt, um den selbst eingegebenen Zielwert zu erreichen. Die Signale laufen über Bluetooth. Mit Hilfe der neuen Diabetes-Technologie und teilautomatisierten Insulindosierungssystemen, bestehend aus Sensor, Pumpe und Algorithmus, werden mir heutzutage viele Behandlungsentscheidungen abgenommen. Aber noch lange nicht alle!

    Was würdest du dir generell wünschen in Bezug auf dein Diabetes Typ 1 (bezüglich Stigmen, Früherkennung durch Ärzt*innen, etc.)

    Foto: Catrin Weinstein, Blitzlichtgewitter Fotografie

    Ich wünsche mir mehr Aufklärung. Stigmatisierung entsteht durch Unwissenheit und Fehlinformation. Dem kann man in meinen Augen nur entgegenwirken, wenn frühzeitig Aufklärungsarbeit, gerne auch schon in Kindergärten und Schulen, betrieben wird. Die Symptome müssen bekannter werden, sodass ein Typ 1 Diabetes rechtzeitig erkannt wird. Diabetes ist hoch stigmatisiert. Vorurteile wie „du hast in deiner Kindheit bestimmt zu viele Süßigkeiten gegessen“ oder „du bist faul und unsportlich, deswegen hast du Diabetes bekommen“ bekommen wir alle zu hören. Diese Aussagen sind weder bei einem Typ 1 Diabetes noch bei einem Typ 2 Diabetes angebracht. Typ 1 Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, der Körper richtet sich gegen die eigenen Zellen und zerstört diese.

    Typ 2 Diabetes ist eine chronische Erkrankung, die sich meist schleichend verschlimmert. Vererbung spielt hier eine größere Rolle als die meisten Menschen denken. Äußere Einflüsse wie Bewegungsmangel und Fehlernährung können den Ausbruch von Typ 2 Diabetes und damit die Insulinresistenz begünstigen.

    Ein Typ 2 Diabetes tritt nicht nur bei älteren Menschen auf, sondern gerade in den letzten Jahren steigt die Zahl der Diagnosen auch bei Jugendlichen.

    Hast du mittlerweile noch mit anderen Begleiterscheinungen zu kämpfen, die mit dem Diabetes einhergehen?

    Getreu nach dem Motto „eine chronische Erkrankung kommt selten allein“ habe ich neben Typ 1 Diabetes noch weitere. Mit Hashimoto lebe ich bereits seit meiner frühen Jugend. Mit 14 Jahren erkrankte ich außerdem an Zöliakie – beide Erkrankungen treten gehäuft mit einem Typ 1 Diabetes auf. Auch die schmerzhafte Fettstoffwechselstörung Lipödem begleitet mich seit der Pubertät. Hier ist eine direkte Wechselwirkung mit Diabetes bekannt.

    Deine Diagnose kam erst im Erwachsenenalter. Denkst du, dass du heute schneller/früher diagnostiziert werden würdest und wenn ja warum?

    Prävention ist hier das Stichwort. Prävention bedeutet für mich in Bezug auf Typ 1 Diabetes es möglichst schnell zu erkennen, am besten beim Auftreten erster Symptome, sodass die lebenslange Therapie starten kann. Präventive Maßnahmen können Aufklärungskampagnen, Schulbesuche oder mediale Sichtbarkeit von Menschen mit Diabetes sein.

    Die präventiven Maßnahmen, für einen sich einschleichenden Typ 2 Diabetes, sehe ich in Form von regelmäßigen Check-Ups des Blutzuckers beim Hausarzt, einer „Zuckerampel“ auf Lebensmitteln, einer Lebensstiländerung bei Prädiabetes und ebenfalls gezielten Aufklärungskampagnen. Gerne auch vor Ort in Apotheken oder bei gesellschaftlichen Veranstaltungen.

    Wenn die Aufklärung voranschreitet und die Symptome von Diabetes bekannter werden, können erkrankte Menschen früher diagnostiziert werden.

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