Im Interview mit Schlafforscher Dr. Albrecht Vorster über Schlaf als Schlüssel zu körperlicher und seelischer Gesundheit.
Geringe Schlafqualität entsteht häufig durch Schnarchen mit Atemaussetzern, ruhelosen Beinen am Abend (RLS), unregelmäßigen Schlafenszeiten und zu wenig Tageslicht.
Dr. Albrecht Vorster
Schlafforscher
Sie haben sich intensiv mit den Auswirkungen von Schlaf auf die physische und psychische Gesundheit beschäftigt. Können Sie uns aus Ihrer eigenen Erfahrung oder Forschung berichten, wie sich Schlafmangel konkret auf das tägliche Leben auswirken kann?
Schlafmangel ist unserer Gesellschaft weniger ein Problem als unzureichende Schlafqualität. Geringe Schlafqualität entsteht häufig durch Schnarchen mit Atemaussetzern, ruhelosen Beinen am Abend (RLS), unregelmäßigen Schlafenszeiten und zu wenig Tageslicht. Die Folgen von geringer Schlafqualität sind Konzentrationsprobleme, Einschlafattacken am Tage, Mentale Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen, Übergewicht, Bluthochdruck mit den Folgen von Herzinfarkt und Schlaganfall. Wir sollten den Schlaf also ernst nehmen. Schlaf ist neben Bewegung, Ernährung und Sozialleben einer der Big 4 Lebensbereiche, die darüber bestimmen, ob wir 24 Jahre länger oder kürzer leben.
Schlafstörungen können vielfältige Ursachen haben. Welche persönlichen oder gesellschaftlichen Faktoren sehen Sie als besonders prägend für die Entwicklung von Schlafproblemen, und wie kann man diesen entgegenwirken?
Allen voran ist Übergewicht der größte Risikofaktor für Schlafstörungen und dieser hat bedrohlich zugenommen. In Deutschland sind mittlerweile 40 % der Bevölkerung übergewichtig, 20 % sind krankhaft adipös. Übergewicht befördert Schnarchen mit Atemaussetzern (Schlafapnoe), die häufigste Schlaferkrankung.
Der zweite Faktor ist die Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Das bedeutet mehr Arbeit am Abend oder in der Nacht für die 24-h-Gesellschaft, aufgrund von unregelmäßigen Arbeitszeiten. Ein unregelmäßiger Rhythmus ist der zweitgrößte Risikofaktor für einen guten Schlaf.
Als dritter Faktor kommt die Zunahme der Büroberufe in Innen- räumen am PC. Wir sitzen zu viel, bewegen uns zu wenig und bekommen viel zu wenig Tageslicht. Im Büro haben wir 10-40 Mal weniger Lichtstärke als draußen (250 Lux vs. 2500-10.000 Lux). Unser Körper braucht jedoch Tageslicht, um im Rhythmus zu bleiben. Ein Drittel aller Gene in unserem Körper sind zeitgesteuert und brauchen eine klare Zeitansage durch das Sonnenlicht.
Was ist Ihr persönlicher Tipp für Menschen, die Schwierigkeiten haben, zur Ruhe zu kommen und einen erholsamen Schlaf zu finden?
Ein (virtueller) Hund kann Wunder bewirken! Ein 15 Minuten Spaziergang am Abend hilft, den Kopf durchzupusten, die 15 Minuten Sonnenlicht am Morgen helfen, um wach zu werden und unsere innere Uhr zu stärken. Gerne beim Spaziergang aufschreiben, was einem durch den Kopf geht, was momentan wichtig ist im Leben, das beugt dem Grübeln in der Nacht vor. Sollte man morgens eine Stunde vor dem Wecker wach werden, ist es am besten, einfach aufzustehen.
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