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    Die elektronische Patientenakte: Die Zeit läuft!

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    Die Patientenakte ist untrennbar mit einer jeden Behandlung verknüpft. Sie ist längst nicht nur lästige Dokumentation. Vielmehr steht hier alles, was für den Arzt für die Therapiewahl von Bedeutung ist. Welche Vorerkrankungen gibt es? Wie schlugen vorherige Therapien an? Gibt es Medikamentenunverträglichkeiten? All diese Informationen stehen in den jeweiligen Arztinformationssystemen der Arztpraxen. Sobald ein anderer Arzt behandelt, werden diese Informationen häufig noch immer ausgedruckt, per Post oder sogar Fax mit einer anderen Praxis geteilt oder Untersuchungen unnötigerweise wiederholt. Daher soll in einem halben Jahr eine elektronische Patientenakte für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zur Verfügung stehen. Alle gesetzlich Versicherten sollen dann eine elektronische Patientenakte (ePA) ihrer Krankenkasse erhalten. Der große Vorteil: Vieles wird einfacher, schneller und effizienter.

    Doch was genau steckt dahinter? In erster Linie werden die wichtigsten medizini-schen Daten, Untersuchungs- und Behandlungsergebnisse eines Patienten dort digital gesammelt und geteilt. So kann jeder behandelnde Arzt schnell die wichtigsten Informationen einsehen und Doppeluntersuchungen vermeiden, was für alle Beteiligten Kosten- und Zeitersparnis bringt. Daten stehen jedem Berechtigten dann zur Verfügung, wann immer sie benötigt werden. Nicht zuletzt Gesundheitsminister Jens Spahn sieht die Möglichkeiten für die Zukunft: „Wenn die elek-tronische Akte erst einmal eingeführt ist, wird das eine gewaltige Dynamik auslösen: mit vielen ergänzenden App-Angeboten, etwa zur Beratung, oder mit Präventions-angeboten.“

    Haben wir in Deutschland grundsätzlich ein sehr leistungsfähiges Gesundheitssystem, was sich auch jetzt in der Corona-Krise sehr positiv ausgewirkt hat, hinken wir beim internationalen Vergleich in Bezug auf die elektronische Patientenakte und auch generell in der Digitalisierung hinterher. Über Blockchain-Infrastrukturen und eine elektronische ID hat beispielsweise Estland bereits ein E-Health-System etabliert. Über verschiedene Gesundheitsdatenbanken und -dienste können hier bereits heute medizinische Daten für Ärzte abrufbar gemacht werden. Im Notfall können sie direkt abgerufen und etwa vom Rettungswagen an die Klinik gesendet werden, damit kurzfristig entsprechend qualifizierte Ärzte, Mitarbeiter und Ressourcen bereitstehen.

    Teilweise ist dies für Privatversicherte auch in Deutschland schon Alltag. Sie haben bereits erste Erfahrungen machen dürfen. Durch zum Beispiel die Nutzung von Aktenangeboten ihrer Versicherung konnten erste wertvolle Erfahrungen gesammelt werden – insbesondere, was welchen Patientinnen und Patienten wichtig ist und in welcher Lebensphase die Nutzung besonders interessant ist. Sie können heute schon auf ihre Daten per Smartphone zugreifen, können Belege einfach einreichen und bekommen Impfempfehlungen oder Medikationspläne jederzeit abrufbar auf ihr mobiles Endgerät.

    Wie bei vielen digitalen Akten steht auch hier der Datenschutz an oberster Stelle. Versicherungen müssen auch heute schon Sicherheit gewährleisten und optimale Lösungen zum Schutz der Patientendaten gewährleisten. „Für die elektronische Patientenakte (ePA) gilt außerdem, dass diese hierzulande von den Patientinnen und Patienten selbst geführt werden soll – und nicht wie in anderen Ländern von Ärztinnen und Ärzten. Damit haben Patienten volle Entscheidungshoheit über ihre Daten: Sie sollen ganz individuell entscheiden können, welche Dokumente sie hochladen und wer diese einsehen darf“, so Sebastian Zilch, Geschäftsführer Bundesverband Gesundheits-IT. Dies wollen sich viele Patienten zunutze machen und sich für ihre Daten Vorteile in der Gesundheitsvorsorge zusichern lassen. Rund 70 Prozent der Befragten einer Roland-Berger-Studie erklären, dass sie als Patienten ihre Daten mit Versicherungen teilen werden, um günstigere Tarife zu bekommen.

    Aufgund der bereits gesammelten Erfahrungen sollten private Krankenversicherungen hierbei als Art Lotsen dienen, die eine Einführung und Umsetzung im gesetzlichen Bereich sicherstellen. Um die Erkenntnisse der privaten Versicherungen zu teilen und auch allen nötigen Einrichtungen Zugriff zu gewährleisten, setzt man auf eine Anbindung an bestehende Telematikinfrastrukturen. So könne der gesetzliche Bereich später das nutzen, was im Bereich privater Krankenversicherungen bereits getan wird. Doch Sebastian Zilch, Geschäftsführer Bundesverband Gesundheits-IT, gibt zu bedenken: „Wenn die ePA wie vorgesehen zukünftig zum Herzstück eines digitalen Gesundheitssystems werden soll, muss der Mehrwert für Patientinnen und Patienten aus unserer Sicht durch weitere Funktionen, wie zum Beispiel eine Erweiterung um den Krankenhausentlassungsbrief und den E-Pflegebericht, ausgeweitet werden. Denn auf diese Weise könnten weitere relevante Daten, etwa aus Laborbefunden und Operationsberichten, in eine bessere Patientenbehandlung fließen.

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