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Ein Gespräch mit Dr. med. Christian K. Brinkmann, Chefarzt der Klinik für Augenheilkunde am Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum in Neubrandenburg, über die Vorteile und Risiken der refraktiven Chirurgie.

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Dr. med. Christian K. Brinkmann

Chefarzt Klinik für Augenheilkunde

Können Sie kurz erklären, was die refraktive Chirurgie ist und was sie leistet?

Refraktive Chirurgie ermöglicht Brillenfreiheit. Allgemein unterteilt man sie in eine lasergestützte Chirurgie, die vor allem für jüngere Patienten in Frage kommt. Dabei korrigiert der Augenchirurg mit dem Laser die Hornhautbrechkraft. Bei Patienten ab dem mittleren Alter greifen wir direkt ein und implantieren künstliche Linsen ins Auge. Danach soll der Patient maximal unabhängig von Brille oder Kontaktlinsen sein. Wir verwenden sie zum Beispiel bei verschiedenen Formen der Fehlsichtigkeit oder dem altersbedingt schlechten Sehen. Es gibt auch Patienten, die mit Brillen oder Kontaktlinsen einfach nicht gut klar kommen oder aus beruflichen Gründen keine tragen können.

Die Komplikationsrate gilt dabei als gering, dennoch gibt es Risiken – welche?

Das Augenlicht ist ein hohes Gut. Jeder Eingriff sollte gut überlegt sein. Das ist die Kehrseite der maximalen Brillenfreiheit. Der Vorteil der Brille ist eben, dass sie wenige Nebenwirkungen aufweist. Nach der refraktiven Chirurgie kann es zum Beispiel zu Entzündungen kommen. Wir operieren immerhin in der Hornhaut mit ihren feinen und sehr sensiblen Nerven. Die können sozusagen „beleidigt“ reagieren. Mancher Patient spürt nach dem Eingriff ein „Missempfinden“ oder Gefühl der Trockenheit, oft über lange Zeit. Zu einer Abstoßung der künstlichen Linse im Auge, die viele Patienten fürchten, kommt es dagegen nicht. Das Auge akzeptiert die implantierten Materialien sehr gut. Früher hatte ich selbst Bedenken, ins eigentlich doch gesunde Organ Hornhaut einzugreifen. Ich habe jedoch beispielsweise fantastische Ergebnisse an Polizeianwärtern bemerkt, die Brillenfreiheit benötigten und sich lasern ließen. Die Technologie hat sich in den vergangenen Jahren enorm entwickelt. Sie ist deutlich präziser und schonender.

Welche Faktoren spielen für eine gute Behandlung eine Rolle?

Ein guter Chirurg ist wichtig. Die Geräte helfen zwar computerunterstüzt bei Vermessung und OP. Dennoch braucht es eine ruhige Hand, wenn Sie eine alte Linse absaugen oder eine neue implantieren. Da unterscheidet sich der Kataraktoperateur als Anfänger vom Profi. Und nur weil ein Kollege in seiner Praxis hohe Umsatzzahlen vorweist, kümmert er sich noch lange nicht um eine individuelle Betreuung. Wichtig ist professionelles Begleitpersonal, zum Beispiel hochspezialisierte Optiker. Alle Behandler des Patienten sollten sich viel Zeit nehmen und ihm ausreichend Bedenkzeit geben. Er muss sich aufgehoben fühlen. Das A und O ist eine gute Voruntersuchung und Nachsorge. Vor dem Lasern sollte der Arzt die Indikationen genau stellen. In der Nachbereitung hat es der Patient selbst in der Hand, antientzündliche Medikamente und Pflegepräparate regelmäßig einzunehmen. Auch das Gehirn muss sich auf die neuen Sehgewohnheiten einstellen.

Ich warne vor schwarzen Schafen mit Dumpingpreisen und falschen Versprechungen in Hochglanzmagazinen. So mancher Patient kombiniert die Augen-OP mit einem Sommerurlaub im Ausland, auch weil er hierzulande Kosten sparen möchte. Ich kenne den Fall einer Frau, bei der die Hornhäute viel zu dünn für eine erfolgte Laserbehandlung waren. Sie muss sich nun einer Hornhauttransplantation unterziehen. Falsche Behandlung kann zu Sehstörungen und Erblindung führen. Refraktive Chirurgie ist inzwischen in Deutschland finanziell leistbar. Und nicht nur in Großstädten. Es gibt inzwischen auch Zentren wie bei uns im ländlichen Raum.

Hat sich die Sehfähigkeit der Menschen heute wegen moderner Therapien eher verbessert – oder steigt mit dem Starren auf Bildschirme im digitalen Zeitalter die Fehlsichtigkeit?

Auch da gibt es die zwei Seiten der Medaille. Die Sehfähigkeit der Menschen ist auf der einen Seite heute weltweit mehr gefährdet. Es gibt Studien mit asiatischen Schülern, die mehr als eine Stunde täglich auf ihr Smartphone gucken und deshalb fortschreitend kurzsichtig werden. Inzwischen gibt es einen medikamentösen Ansatz, um diese Entwicklung aufzuhalten. Auch ältere Menschen beanspruchen ihre Augen durch visuellen Konsum mehr. Auf der anderen Seite gibt es aber deutlich mehr Korrekturmöglichkeiten in der Therapie als früher. Ich erinnere mich an meine Zeit als Mediziner in Ghana, wo wir bei Patienten starke Kataraktbefunde hatten. Das vernebelte Sehen der Patienten war nach der OP plötzlich weg und deren Glücksgefühle nach dem Aha-Erlebnis waren unbeschreiblich. Und so mancher 80-Jähriger sieht dank neuer Linse so glasklar wie ein Jugendlicher und ist ganz fasziniert von den Farben, die er verlernt hatte zu sehen. Außerdem haben Patienten wegen der vielen Möglichkeiten sehr hohe Ansprüche, denen wir als Ärzte genügen wollen. Jeder möchte für lange Eigenständigkeit im Alltag schließlich gut sehen können, allein für das Autofahren. Wichtig ist in der Beratung daher, über Grenzen der Therapie zu reden. Mit einer Multifokallinse hat der Patient zum Beispiel den Vorteil gleich mehrerer Scharfsehpunkte. Es kann aber auch die Farbbrillanz darunter leiden. Das sollte er vorher wissen.

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