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    Unsere Netzhaut – Außenstelle des Gehirns

    Foto: istock-eliflamra

    Neurologen bezeichnen die Netzhaut (Retina) nicht ohne Grund als „Außenstelle des Gehirns“. Sie verarbeitet durch ihre komplexe Schicht das Licht in Nervenimpulse und leitet sie zum Gehirn. Für die Verarbeitung des Impulses arbeiten Millionen von Photorezeptoren auf engstem Raum zusammen. Zu den Photorezeptoren zählen die Stäbchen und die Zapfen.

    Zwei Fragen an Dario Madani, Vorstandsvorsitzender von PRO RETINA Deutschland e. V.

    Sie sehen im Dunkeln: die Stäbchen

    Die etwa 120 Millionen Stäbchen liegen vorwiegend in der Peripherie der Netzhaut. Sie sind für die Hell-Dunkel-Wahrnehmung zuständig und ermöglichen die Orientierung im Raum.

    Sie bringen Farbe ins Spiel: die Zapfen

    Bei Tageslicht nehmen die über sechs Millionen Zapfen, die sich im Zentrum der Netzhaut befinden, ihre Funktion auf. Sie ermöglichen es, Farben zu erkennen und scharf zu sehen.

    Die Makula: Herzstück der Netzhaut

    In der Mitte der Netzhaut befindet sich die Makula, der Punkt des schärfsten Sehens, denn hier sind ausschließlich Zapfen angesiedelt. Sie ermöglicht ein exaktes Fokussieren, beispielsweise von Straßenschildern oder Buchstaben. Ist die Makula erkrankt, verringert sich die Sehschärfe: Buchstaben verschwimmen, wir nehmen Kontraste schlechter wahr und die Blendempfindlichkeit steigt.

    Der Verlauf von Netzhauterkrankungen

    Bei den vererbten Netzhauterkrankungen werden die Photorezeptoren unterversorgt und sterben ab (Degeneration). Die Ursache der Unterversorgung liegt in einer genetischen Fehlprogrammierung (Mutation). Dieser Prozess kann am Rand oder in der Mitte der Netzhaut beginnen.

    Tunnelblick bei RP durch absterbende Stäbchen

    Retinitis pigmentosa (RP) ist eine Stäbchen-Zapfen-Dystrophie, bei der zuerst die Stäbchen und später die Zapfen absterben. Da die Stäbchen in der Peripherie der Netzhaut liegen, wird das Gesichtsfeld von außen eingeengt. Die Betroffenen sind zunächst nachtblind. Bei fortschreitender RP bleibt nur ein kleiner Sehrest im Zentrum übrig, der sogenannte Tunnelblick. Es kann also durchaus vorkommen, dass Betroffene einer RP mit Tunnelblick zwar schon den Blindenlangstock zur Orientierung nutzen müssen, dennoch aber Zeitung lesen können.

    Juvenile Makula-Degenerationen

    Zu den genetisch bedingten Netzhauterkrankungen, die in der Mitte der Netzhaut, der Makula, beginnen gehören beispielsweise Morbus Stargardt und die Zapfen-Stäbchen-Dystrophie (ZSD). Hierbei sterben zuerst die Zapfen ab, danach die Stäbchen. Betroffene können nur mit Mühe lesen oder Gesichter erkennen. Dagegen bleibt das räumliche Sehen in der Regel erhalten.

    Genetische Ursachen

    Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass über 600 Gene an einer Netzhauterkrankung beteiligt sein können, erst knapp 300 von ihnen wurden bislang identifiziert. Schätzungsweise eine von 30.000 Personen ist von einer vererbten Netzhauterkrankung betroffen. Genauen Aufschluss über die Ursache kann nur eine diagnostische genetische Untersuchung geben.

    Volkskrankheit erworbene Netzhauterkrankungen

    Neben den vererbbaren Erkrankungen gibt es erworbene Netzhauterkrankungen. Diese sind deutlich weiter verbreitet: Etwa siebeneinhalb Millionen Bundesbürger sind zum Beispiel an einer frühen oder fortgeschrittenen Form der Altersabhängigen Makula-Degeneration (AMD) erkrankt.

    Ursachen sind genetische Voraussetzungen und das Älterwerden. Ein weiterer nachgewiesener Risikofaktor ist das Rauchen. Außerdem weisen Studien darauf hin, dass auch deutliches Übergewicht eine AMD begünstigen kann. Da sowohl die Symptome als auch die Veränderungen im Auge ähnlich sind wie bei erblich bedingten Erkrankungen ist eine Diagnose erst möglich, wenn man den Krankheitsverlauf beobachtet.

    Die Netzhaut aus der Retorte?

    Im Gegensatz zu vielen anderen Körperzellen können sich Photorezeptoren nicht regenerieren. Forschende versuchen bereits, spezialisierte Körperzellen zunächst in ihren ursprünglichen Zustand (Stammzelle) zurück zu versetzen. Die gewonnenen Stammzellen sollen sich zu Photorezeptorzellen entwickeln und die abgestorbenen Zellen ersetzen.

    Hoffnungsschimmer Therapie

    Während an der Stammzellentherapie noch geforscht wird, gibt es für manche Krankheitsbilder schon Therapieansätze. So ist für eine Unterform der RP zurzeit eine Gentherapie verfügbar. Patienten können sich nach der Behandlung bei schlechten Lichtverhältnissen besser orientieren. Diese neuartige Gentherapie gibt auch Menschen mit anderen erblichen Netzhauterkrankungen Hoffnung. Bei der am weitesten verbreiteten erworbenen Netzhauterkrankung, der AMD, gibt es für die trockene AMD bisher keine Therapie. Auch die feuchte AMD kann nicht geheilt werden. Jedoch kann ihr Verlauf durch die Therapie mit Wachstumshemmern deutlich beeinflusst werden.

    Patientenorganisationen können durch eine Vernetzung der Patienten mit Forschung und Medizin einen Beitrag dazu leisten, neue Therapien zu entwickeln, um Menschen mit erworbenen oder genetisch bedingten Netzhauterkrankungen neue Perspektiven zu geben.

    Dario Madani

    Vorstandsvorsitzender von PRO RETINA Deutschland e. V.

    Wie hilft PRO RETINA Menschen mit Netzhauterkrankungen?

    Wir möchten allen Betroffenen Mut machen, dass das Leben auch mit der Diagnose Netzhauterkrankung lebenswert ist. Unser Ziel ist es, dass jeder sehbehinderte und blinde Mensch und jeder Angehörige bei uns Rat, Hilfe und Unterstützung bekommt. Wir möchten ihnen helfen, die Krankheit zu bewältigen und ihr Leben trotz der Seheinschränkung weiterhin eigenständig zu gestalten. Dazu bieten wir ihnen fundierte Informationen, beispielweise durch unsere speziell geschulten Berater und in unseren PRO RETINA-Sprechstunden in zahlreichen Augenkliniken.

    Informationen und Hilfen für den Alltag erhalten Betroffene und Angehörige auch bei unseren Veranstaltungen, wie den Patientensymposien. Zugleich – und das ist enorm wichtig – legen wir besonderen Wert darauf, dass die Betroffenen sich untereinander austauschen können. Daher sind die bundesweit 60 PRO RETINA Regionalgruppen wichtige Ansprechpartner vor Ort. Sie geben den Betroffenen wertvolle emotionale Unterstützung, aber auch ganz praktische Tipps für den Alltag.

    Die Forschungsförderung ist eine weitere Aufgabe von PRO RETINA. Wie gelingt Ihnen das?

    PRO RETINA ist sehr eng vernetzt und im kontinuierlichen Austausch mit Forschung und Medizin. Wir besitzen Wissen und Erfahrung und fungieren als Berater, denn wir sind als Betroffene Experten in eigener Sache. Zusätzlich ermutigen wir mit der Verleihung von Forschungspreisen Wissenschaftler, zu Netzhauterkrankungen zu forschen. Als einzige Patientenorganisation verfügen wir zudem über ein Patientenregister für Netzhauterkrankungen. Es eröffnet den Betroffenen Zugang zu klinischen Studien und hilft auf diese Weise der Forschung, Therapien zu entwickeln.

    Über PRO RETINA Deutschland e. V.

    PRO RETINA Deutschland e. V. unterstützt Menschen mit Netzhauterkrankungen nach dem Leitsatz „Forschung fördern, Krankheit bewältigen, selbstbestimmt leben“. Die Patientenorganisation bietet fundierte Informationen und den Austausch mit anderen Betroffenen, fungiert als Bindeglied zwischen Patient und Arzt und unterstützt die Forschungsförderung, damit neue Therapien entwickelt werden. Ermöglicht wird diese Arbeit durch ehrenamtliches Engagement und durch Spenden.

    Weitere Informationen unter: www.pro-retina.de

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