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    Parkinson-Netzwerke: Für die Verbesserung der Lebensqualität von Parkinson-Betroffenen und deren Angehörigen 

    FOTO: Dragana Gordicm via shutterstock.com

    Das Thema Integrierte Gesundheitsversorgung ist im gesundheitspolitischen Umfeld im Fokus vieler Gesetzgebungen. Doch funktioniert sie in der Realität? In der Indikation Parkinson wird seit einigen Jahren mit sogenannten Parkinson-Netzwerken ein neuer Ansatz verfolgt – aus der Versorgung kommend und den Patienten in den Mittelpunkt stellend.

    Prof. Dr. Tobias Warnecke

    Chefarzt der Neurologie, Klinikum Osnabrück Initiator und Sprecher der Parkinsonnetze Münsterland+ und Osnabrück+

    Eine der größten Herausforderungen des deutschen Gesundheitswesens ist seit jeher der unzureichende Austausch zwischen verschiedenen Gesundheitssektoren und Fachdisziplinen. So besteht im normalen Versorgungsalltag beispielsweise kaum Interaktion zwischen Ärzten und Therapeuten. Gerade bei der Parkinson-Krankheit erfordert die komplexe Kombination aus motorischen und nicht-motorischen Symptomen eine regelhafte Mitbetreuung von Spezialisten und zahlreichen ambulanten und stationären Versorgenden. Für eine optimale Unterstützung ist ein interdisziplinärer Versorgungsansatz notwendig, der die individuellen Bedürfnisse sowie die Vielschichtigkeit der Erkrankung berücksichtigt.

    Für die Parkinson-Krankheit haben sich in den letzten Jahren in Deutschland vermehrt regionale Parkinson-Netzwerke gegründet. Inzwischen gibt es in Deutschland über 15 Netzwerke. Diese entstehen meist auf die Initiative von Ärzten oder Therapeuten in der jeweiligen Region. Ziel der Netzwerke ist es, die Lebensqualität von Betroffenen und deren Angehörigen langfristig zu verbessern.

    Dies setzen die Netzwerke um, indem sie alle an der Versorgung von Parkinson-Patienten beteiligten Akteure an einen gemeinsamen Tisch holen. Hierzu zählen Kliniken, Neurologen, Allgemeinmediziner, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychotherapeuten, Parkinson-Nurses, Patienten und Selbsthilfegruppen, Angehörige, Apotheken, Sanitätshäuser und Psychologen. Jeder dieser Versorgenden erlebt ein anderes Puzzleteil des Krankheitsbildes und der Symptomatik des Patienten.

    Nur indem diese Akteure miteinander kommunizieren und sich gegenseitig ihre täglichen Herausforderungen mitteilen, kann Versorgung nachhaltig verbessert werden. Ein wesentliches Kernelement ist hierbei die Kommunikation auf Augenhöhe. Gemeinsam entwickeln die Versorgenden dann Maßnahmen für ihre jeweilige Region, mit welchen den definierten Versorgungslücken entgegengewirkt werden kann.

    Beispielsweise hat die Region Münsterland/Osnabrück die spezifische Verordnung aktivierender Therapien, also Ergo- und Physiotherapie und Logopädie, mit dem sogenannten Quickcard-Modell umgesetzt. Um über den zielgerichteten Einsatz dieser Therapien aufzuklären, wurden entsprechende Schulungsmodule entwickelt. Eine Quickcard ist eine physische Karte, die über den Patienten sowohl dem Arzt als auch dem Therapeuten bei jedem Termin vorgelegt wird.

    Auf der Quickcard sind symptomorientierte Handlungsempfehlungen hinterlegt. Zudem könnten Arzt und Therapeut über die Quickcard kommunizieren. Durch das Innovationsfondsprojekt ParkinsonAKTIV wird es Versorgenden in Zukunft möglich sein, die Karten auch digital über eine elektronische Plattform auszutauschen.

    Die Quickcards werden derzeit in vielen weiteren Netzwerken in Deutschland regionsspezifisch weiterentwickelt. Auch der Austausch zwischen den verschiedenen Netzwerken ist ein großer Mehrwert dieser Arbeit. Daher hat sich im letzten Jahr das Parkinson-Netzwerk Deutschland gegründet, das die lokalen Aktivitäten unterstützt und auch übergreifende Strukturen aufbaut. So soll die Netzwerkversorgung möglichst flächendeckend ausgerollt werden.

    Parkinson-Netzwerke führen so durch den gesteigerten Austausch zwischen den Akteuren zu einem individualisierten und auf die spezifischen regionalen Versorgungsherausforderungen ausgerichteten Behandlungsansatz. Ein in Deutschland noch nicht fest verankertes, aber in den Netzwerken vorangetriebenes Thema ist das Patient Empowerment, das heißt, Patienten und Angehörige sollen in die Lage versetzt werden, ihre Therapieprozesse aktiv zu begleiten und, soweit möglich, auch zu steuern.

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