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    Deutschland kann ein wichtiger Entwicklungsstandort für Zell- und Gentherapien werden

    Foto: PopTika via Shutterstock.com

    Außerhalb des Körpers vermehrte Zellen als Medikament? Womöglich noch gentechnisch verändert? Was bis vor wenigen Jahren noch nach Science Fiction klang, ist mittlerweile in der Versorgung angekommen; und jährlich kommen weitere Zell- und Gentherapien hinzu. Gentechnisch veränderte Immunzellen – sogenannte CAR-T-Zellen – steigern beispielsweise die Überlebenschancen von Patientinnen und Patienten mit bestimmten Arten von Blutkrebs und Lymphomen; und in Studien oder im Labor spielen sie auch schon eine Rolle bei der Behandlung von anderen Krebserkrankungen, chronischen Virusinfektionen und von Diabetes. 

    Han Steutel

    Präsident des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa)

    Möglich wurden diese Zell- und Gentherapien neuester Art durch wegweisende Fortschritte in der Kultivierung, gentechnischen Veränderung und gezielten Umwandlung menschlicher Zellen, die meist aus dem Blut gewonnen werden. Wichtige Beiträge zur zugrunde liegenden Forschung kamen auch aus Deutschland. Doch was dann in den letzten Jahren an Therapien zugelassen wurde, stammte fast ausschließlich aus den USA. Und der weltweite Standort Nummer zwei für die Entwicklung solcher Therapien ist China. Deutschlands Beitrag hingegen, nicht nur an zugelassenen Zell- und Gentherapie-Produkten, sondern auch bei der klinischen Entwicklung von andernorts erfundenen Therapien, ist gering. 

    Doch abgeschlagen ist Deutschland dennoch nicht: Auch hierzulande bringen mittlerweile Unternehmen Projekte für Gen- und Zelltherapien voran, und Forschungsinstitute wie Firmen sammeln Erfahrungen in der Produktion der Zellen und sonstigen Gentherapeutika. Aus der medizinischen Forschung der Universitätskliniken kommen wichtige Ideen, wie die Therapien wirksamer gemacht werden können. Und die zuständige Arzneimittelbehörde, das Paul-Ehrlich-Institut, hat viel Kompetenz aufgebaut, um zelltherapeutische Entwicklungsprojekte konstruktiv zu begleiten. Für Berlin hat ein Unternehmen zusammen mit einer großen Klinik und einem Institut gerade umfassende Pläne für gemeinsame und für weitere Partner offene Forschung und Entwicklung vorgestellt. So ist es also für Deutschland durchaus noch möglich, im Zukunftsfeld der Zell- und Gentherapien entscheidend aufzuholen. 

    Zwei Maßnahmen könnten diesem innovativen Gebiet in unserem Land entscheidend Schub geben. Die eine wäre die Etablierung einer Task Force, die die Anforderungen der verschiedenen deutschen Bundesländer an die Durchführung von Zelltherapie-Studien und die Herstellung und Auslieferung therapeutischer Zellen endlich vereinheitlicht. Die andere wäre die Gründung eines deutschen Zentrums für Zell- und Gentherapien als zentraler Knotenpunkt eines wachsenden und auch international deutlich sichtbaren Netzes an entsprechenden Forschungs- und Produktionsaktivitäten. 

    Zelltherapien und Gentherapien haben in der Medizin eine große Zukunft. Deutschland muss entscheiden, ob es dabei nur „Endabnehmer“ oder auch Mitgestalter sein will.

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