Home » Immunologie » „Lass die Hose runter, wenn der Mensch dir gegenüber es wert ist!“
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Vor acht Jahren bekam Eva die Diagnose Morbus Crohn. Plötzlich stand sie vor der Herausforderung, ihr Leben neu zu strukturieren und mit einer chronischen Erkrankung zu leben. Seit 2015 bloggt sie über ihr Leben mit Morbus Crohn, 2017 gründete sie ihren eigenen Verein: Chronisch Glücklich e. V. Ihr erklärtes Ziel: anderen Betroffenen zu helfen und das Thema CED aus der Tabuzone zu holen!

Eva, du hast Morbus Crohn. Wann und wie wurde die Krankheit bei dir erkannt und diagnostiziert?

Schon als Kind war mein Bauch immer meine Schwachstelle. Mit Anfang 20 häuften sich die Beschwerden. Ich hatte dann sehr lange diffuse Beschwerden wie Bauchschmerzen, immer mal wieder Durchfälle, Übelkeit, körperliche Schwäche und eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte. Doch bis zur Diagnose hat es fast sieben Jahre gedauert. Erst 2012, als ich einen extremen Schub bekam, ging es plötzlich sehr schnell mit der Diagnose.

Warum wurde es nicht früher diagnostiziert?

Ich war bei vielen Ärzten, doch keiner nahm mich wirklich ernst. Sie schoben es meist auf Stress. Erst, als es dann so schlimm war, dass ich vor Schwäche nicht mehr aufstehen konnte, brachten meine Eltern mich zu ihrem Arzt, einem Internisten mit gastroenterologischer Zusatzausbildung, der bereits bei der Anamnese den Verdacht CED äußerte. Im Zuge einer Darmspiegelung wurde dieser dann bestätigt. Ich bekam die Diagnose Morbus Crohn.

Wem hast du nach deiner Diagnose von deiner Krankheit erzählt und wie war die Reaktion?

Da ich die Diagnose am Geburtstag meiner Schwester bekam, erwartete mich nach dem Arztbesuch die ganze Kaffeerunde. Ich habe es also sofort dem engsten Familienkreis erzählt. Mein Gefühl war zu dem Zeitpunkt eher positiv, weil ich nun endlich einen Grund für meine jahrelangen Beschwerden hatte. Wie uncool es ist, eine chronische Erkrankung zu haben, wurde mir erst durch die Reaktion meiner Angehörigen bewusst. Sie waren teilweise schon geschockt, einige waren eher verunsichert. 

Verschweigst du deine Erkrankung auch mal?

Anfangs habe ich nur den Leuten davon erzählt, mit denen ich durch die Erkrankung in Berührung kam. Ich musste erst einmal für mich selbst herausfinden, was sie genau bedeutet und wie sie mein Leben beeinflusst.

Morbus Crohn ist eine unsichtbare Erkrankung.

Das ist Segen und Fluch zugleich. Natürlich ist es schön, dass nicht jeder sofort sieht, wie krank man ist. Manchmal würde man sich das aber wünschen, denn obwohl äußerlich alles gut ist, ist man häufig trotzdem nicht fit. Ich hatte Momente, da habe ich mir eine Krücke gewünscht, so dass jeder sieht, dass ich gehandicapt bin. Ich für mich habe dann den Weg der offenen Kommunikation gewählt. Wenn es mir nicht gut geht, sage ich das – im beruflichen und auch im privaten. Dieser Weg ist für mich der beste. Und das rate ich auch anderen Betroffenen.

Gilt Morbus Crohn als Behinderung?

Es kommt auf die Schwere des Verlaufes an. Es gibt Fälle, die als 100-prozentige Behinderung bewertet werden. Obwohl ich bisher keine Operation benötigt habe, bekam ich dennoch einen Behinderungsgrad. Natürlich ist es eine Überwindung, diesen Prozess anzustoßen und sich selbst einzugestehen, dass man eine Behinderung hat. Auf der anderen Seite hat sich der Gesetzgeber ja etwas dabei gedacht, da wir ein Personenkreis sind, der besonders geschützt werden muss.

Vielen Betroffenen fällt es schwer, über ihre Erkrankung zu sprechen. Warum ist das so, und was rätst du solchen Patienten?

Ich rate jedem, auf sein Bauchgefühl zu hören. Man merkt sehr schnell, ob es dem Umfeld leichter fällt, mit einer Situation umzugehen, wenn man Informationen teilt – oder eben auch nicht. Dennoch würde ich allen raten, so offen wie möglich mit der Erkrankung umzugehen. Tut man es nicht, verliert man sich schnell in einem Konstrukt aus Lügen, und das führt häufig in die völlig falsche Richtung und zu einer hohen emotionalen Belastung, die dann auch schnell auf die Psyche schlagen kann. Meine Faustregel: Ist der Mensch mir gegenüber es wert, die Hosen runterzulassen? Wenn ich das für mich mit Ja beantworten kann, bin ich sehr offen. Zudem rate ich Betroffenen, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Das hat mir enorm viel gebracht, dieses „Ich-bin-nicht-allein-Gefühl“.

Dein großes Anliegen ist es, Aufklärung voranzutreiben und das Thema CED aus der Tabuzone zu holen. Dafür arbeitest du unter anderem mit Janssen zusammen. Was war die Motivation für diese Kooperation?

Eine höhere Sensibilität in der Gesellschaft zu erlangen. Aus diesem Grund habe ich den Verein gegründet und teile auch mein ganzen Leben – mit allen Hochs und Tiefs – in den sozialen Medien. Durch meine offene Art kam es auch zu dieser Kooperation. Wir haben das gleiche Ziel: Aufklärung und damit verbunden eine schnellere Diagnosestellung, ein größeres Grundverständnis für CED und eine Hilfestellung für Betroffene.

Sie möchten mehr erfahren?

Weitere Informationen finden Interessierte unter www.chronisch-gluecklich.de und www.meineced.de

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