Home » Kopf und Psyche » Leben mit Epilepsie: Diagnose, Hürden und der Kampf um Lebensqualität
  • Kopf und Psyche

    Leben mit Epilepsie: Diagnose, Hürden und der Kampf um Lebensqualität

    Foto: Privat

    Vanessas Reise mit Epilepsie begann in ihrer Teenagerzeit und führte zu einer Diagnose, die sie in bestimmten Lebensbereichen einschränkte. Trotz dieser Herausforderungen fand sie Trost und Freiheit in ihrer Leidenschaft für das Klettern und setzt sich gleichzeitig für die Aufklärung über Epilepsie ein.

    Vanessa Weber

    Health Influencerin, Sportlerin und Mutter von drei Kindern

    @epilepsy_vanessa (Foto: Frank Schobel)

    Vanessa, deine ersten epileptischen Anfälle sind im Teenageralter aufgetreten. Wie war der Weg zur Diagnose und wie war die Aufklärung über die Erkrankung damals? Gab es von da an Lebensbereiche, in denen du eingeschränkt warst?

    In der achten Klasse hatte ich meinen ersten klassischen Krampfanfall. Offenbar gab es schon vorher leisere Anzeichen in Form von kleineren Anfällen, denn meine Mutter gab mir wegen meiner Konzentrationsschwierigkeiten oft Traubenzucker. Unmittelbar danach ging ich mit meiner Mutter zum Arzt, der nach einer gründlichen Untersuchung die Diagnose Epilepsie stellte. Ich bekam entsprechende Medikamente verschrieben. Bei diesem Arztbesuch wurde bei mir ein EEG durchgeführt, um meine Gehirnströme zu messen. Leider erhielt ich nur wenige Informationen über mögliche Nebenwirkungen der Medikamente. Die Auswirkungen der Krankheit beschränkten sich hauptsächlich auf den Schulsport, wo ich zum Beispiel nicht mehr am Schwimmen oder Geräteturnen teilnehmen durfte.

    Anzeige

    Deine Diagnose lautet: generalisierte Epilepsie, die sich in Absencen und tonisch-klonischen Anfällen äußert, du giltst als „pharmakoresistent“. Zudem hast du eine hohe Fotosensibilität. Kannst du uns diese Begriffe erklären?

    Über die letzten Jahre hinweg habe ich unzählige Medikamente ausprobiert, doch bedauerlicherweise bleibt die ersehnte Anfallsfreiheit aus. Meine Epilepsie äußert sich nicht mehr in schweren Anfällen, da mein Medikament diese erfolgreich verhindert. Dennoch bleiben die sogenannten Absencen – kurze Bewusstseinspausen – bestehen, und kein Medikament scheint dies zu unterbinden. 2018, während meines Rehabilitationsaufenthalts, bekam ich dann die ernüchternde Erkenntnis seitens der Ärzte: Ich gelte als pharmakoresistent. Ich leide unter einer Sensibilisierung von Lichtreflexen, die sich z. B. in Situationen wie Zugfahrten, bei der Beleuchtung mit flackernden Glühbirnen oder teilweise beim Fernsehschauen bemerkbar macht. Jene visuellen Reize können als Auslöser wirken und potenziell einen Anfall hervorrufen.

    Auf Social Media Plattformen informiere ich und gebe einen Einblick in mein Leben mit Epilepsie.

    Foto: Thomas Soballa

    Du bist Mutter von drei Kindern. Schwangerschaft und Epilepsie schließen sich also nicht aus?

    Mein erster Sohn kam unerwartet zur Welt, während die Planung bei meinen beiden folgenden Kindern gezielter erfolgte. In allen Fällen begleitete uns jedoch ein erhöhtes Risiko und eine ständige Anspannung. Die Entscheidung für einen Kaiserschnitt traf ich für alle Geburten, obwohl heutzutage auch klassische Entbindungen möglich sind. Während meiner gesamten Schwangerschaften hielt ich stets an der Einnahme von Folsäure fest, um einen möglichen Mangel aufgrund meiner Epilepsie-Medikation zu verhindern. Dies war mir besonders wichtig, um die bestmögliche Entwicklung meiner Kinder zu gewähr

    Deine große Leidenschaft ist der Sport, vor allem das Klettern. Was gibt dir dieser Sport?

    Nach einer intensiven Periode der Pflege meiner Mutter, die schließlich verstarb, fand ich Trost im Klettern, einer Aktivität, die ich zuvor noch nie in Betracht gezogen hatte. Mein seelischer Zustand war auch durch eine schwierige und kräfteraubende Ehe angeschlagen, und im Klettern erkannte ich die Möglichkeit, meinen Gedanken eine Auszeit zu gönnen und mich frei zu fühlen. Die Kletterwand war wie eine Zuflucht, die es mir ermöglichte, in diesem Moment präsent zu sein und den Rest der Welt auszublenden. Ich fühle mich frei und bin total bei mir, wenn ich beim Sport bin. Ich finde Sport als Ventil sehr wichtig und man sollte sich nicht von anderen einschüchtern bzw. davon abhalten lassen!

    Du bist seit einiger Zeit in der Selbsthilfe aktiv und engagierst dich für die Deutsche Epilepsievereinigung. Wie kamst du dazu und warum ist dir dieses Engagement wichtig?

    Im Jahr 2018 durchlief ich eine Rehabilitationsphase, in der ich nicht nur enge Freundschaften schloss, sondern auch auf viele Menschen traf, die in einem Strudel des Selbstmitleids gefangen waren. Diese Begegnungen berührten mich zutiefst und weckten in mir den Wunsch zu helfen. Ich erkannte: Ich benötige aktuell selbst keine umfangreiche Unterstützung – daher wollte ich mich darauf konzentrieren, anderen beizustehen. Insbesondere in Selbsthilfegruppen und ähnlichen Zusammenkünften bemerkte ich, dass der Austausch auf diese Gruppen beschränkt blieb. Aus diesem Grund entschied ich mich, Social Media als Plattform zu nutzen. Ich begann, Aktivitäten rund um das Thema Epilepsie anzustoßen. Jetzt informiere ich und gebe Einblicke in mein Leben.

    Anzeige

    Nächster Artikel