Sie erhielten mit 17 Jahren die Diagnose Morbus Crohn – ein Alter, in dem es eigentlich um alles geht, aber nur selten um Krankheiten. Was waren die ersten Symptome?
Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr genau, wann und wie die Erkrankung ausgebrochen ist. Der Verlauf war schleichend. Mit Beginn der Periode habe ich gespürt, dass mein Körper mit der Veränderung nicht klarkam – Schilddrüsenüberfunktion, Eisenmangel, starke Müdigkeit, Kreislaufprobleme. Ich hatte häufiger Durchfälle, tat es aber als Normalität ab. „Jeder hat doch hin und wieder Magen- und Darmprobleme!“ Zunehmend wurden die Durchfälle – über 20 (!) am Tag – von Übelkeit, Fieber und später auch Appetitlosigkeit begleitet. Am schlimmsten fand ich jedoch die Krämpfe, die mich regelrecht außer Gefecht setzten. Es gab Tage, an denen ich paralysiert auf dem Bett lag und nichts aß, um genau dieser Quälerei, soweit es nur ging, aus dem Weg zu gehen. Mit 1,70 Meter wog ich 48 Kilo.
Wann und wie haben Sie die Diagnose erhalten, und wie haben Sie diese aufgenommen?
Es hat ganze zwei Jahre gedauert, bis die Ursache gefunden wurde. Nachdem ich sogar Blut im Stuhlgang entdeckte, wurde mir die Ernsthaftigkeit der Lage bewusst. Einer Koloskopie und Magenspiegelung konnte ich nicht mehr entfliehen! Ich landete bei einer Gastroenterologin in Tschechien, die mir völlig nüchtern die Diagnose „Morbus Crohn“ verkündete. Dann stattete sie mich mit zwei Kundenbroschüren und einer Tüte Medikamente aus. Ohne weitere Erklärung hat sie mich wie auf einem Laufband im Supermarkt abgefertigt. Ich weiß es noch ganz genau, ich war mit meiner Oma dort. Völlig gelähmt und mit tausend Fragen fuhren wir mit dem Zug nach Hause. Mulmig, nervös, übel, allein – ein Mixcoctail der Gefühle durchlief meinen ganzen Körper.
Wie waren die Reaktionen im Familien- und Freundeskreis?
Ich war zarte 17 Jahre und natürlich dachte ich nie darüber nach, dass gerade ich von einer schweren Erkrankung betroffen sein könnte. Gegenüber meiner Familie und meinen Freunden redete ich so gut wie nie über die Erkrankung. Es lag nicht daran, dass es mir peinlich gewesen wäre oder ich das Vertrauen in meine Engsten nicht gehabt hätte. Ich habe Morbus Crohn schlichtweg nicht akzeptiert. Rückblickend war das ein Fehler. Es gehört zur Therapie, eine Erkrankung zu akzeptieren und über sie zu sprechen. Morbus Crohn ist ein Teil von mir. Einen großen Dank will ich an dieser Stelle aussprechen – meiner Mama, die mich immer unterstützte!
Geben Sie uns bitte einen Einblick in den weiteren Krankheitsverlauf.
Der Krankheitsverlauf war davon geprägt, die richtige Therapie zu finden. Anfangs nahm ich eine Palette an Medikamenten ein, darunter Cortisol. Doch das Cortisol zeigte schnell seine Schattenseite: Die Nebenwirkungen konnte man an meinem aufgedunsenen Gesicht sehen, Wassereinlagerungen und schmerzende Gelenke gratis on top! Das machte mich traurig, ich wollte mich nicht mehr im Spiegel ansehen. Ich beschloss auf eigene Faust, mit der Therapie aufzuhören. „Nächste Station: TNFα-Blocker!“ Die TNFα-Blocker wurden in Form einer Infusion verabreicht, weshalb regelmäßige Besuche im Krankenhaus, begleitet von regelmäßigen Koloskopien, unumgänglich waren. Die Symptome wurden gut eingedämmt, doch die Fistelbildung machte meinem Darm zu schaffen. Eine OP war der letzte Ausweg. Dieser Eingriff hat einiges von mir gefordert, sowohl emotional als auch körperlich.
Wie sieht Ihr Leben heute aus?
Nach der OP dauerte es circa ein Jahr, bis sich mein Darm erholte. Seitdem lebe ich beschwerde-, medikamenten- und arztfrei! Wohl wissend, dass Morbus Crohn eine chronische Erkrankung ist. Genießend und dankbar für all die Dinge, die ich wieder ohne Einschränkungen tun und erleben kann. Natürlich achte ich verstärkt auf meine Ernährung und versuche, meinen Alltag möglichst entspannt anzugehen, aber das ist der mickrige Preis für ein symptomfreies (hoffentlich ganzes) Leben!
Mittlerweile ist die Diagnose zehn Jahre her. Rückblickend betrachtet: Wie gingen Sie damals mit der Diagnose um und wie heute?
Wie bereits erwähnt, fiel es mir sehr schwer, die Erkrankung zu akzeptieren. Ich habe mich oft gefragt: „Warum ich?!“ Diesen Ärger habe ich in mich reingefressen. Heute gehe ich mit der Erkrankung viel offener um. Ich suche Zuflucht in meiner Familie, ich tausche mich aktiv mit Betroffenen aus. Das kann ich jedem nur ans Herz legen! Zudem teile ich auf meinem Blog „Bauchgeschichten“ meine Erfahrungen und Rezepte zum Thema Darmgesundheit und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, einem Thema, das bereits über 440.000 Patienten in Deutschland betrifft.