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    DER KREBS UND ICH – ZWEI BETROFFENE BERICHTEN

    Foto: KittyVector via Shutterstock

    „Der Krebs hat meinem Leben einen Sinn gegeben“

    Carsten Witte ist 34 Jahre alt. Vor zehn Jahren bekam er die Diagnose Osteosarkom, Knochenkrebs. Gezeigt hat sich die Erkrankung durch Armschmerzen. Durch CT und Biopsie kam heraus: ein Tumor im Knochen. Nach Chemotherapie und erfolgreicher OP kam der Krebs zwei Jahre später, in Form von Metastasen in der Lunge, zurück. Auch diesmal bekämpft er den Krebs erfolgreich. Wir haben ihm folgende Frage gestellt: 

    War das Thema Vorsorge schon immer ein Thema für dich?

    Mich hat die Diagnose Knochenkrebs getroffen, als ich 24 Jahre alt war. In dem Alter hat man alles im Kopf, aber ganz sicher nicht die Erkrankung Krebs oder das Thema Vorsorge. Hinzu kommt, dass es für dieses Alter gar keine Angebote zur Vorsorge gibt. Natürlich kann man sich selbst den Hoden abtasten, aber wer tut das schon – besonders in dem Alter? Damals war ich Zeitsoldat und habe mich gefühlt wie ein Halbgott – mich haut nichts um, ich war total unbeschwert. Ich bin mit meinem Leben eher verschwenderisch umgegangen, habe alles als gegeben und normal angesehen. Ich hatte keine Ziele, keine Perspektiven, habe in den Tag hinein gelebt. Ich wusste gar nicht so recht, warum ich hier bin. Mir hat die Erkrankung ganz viel Lebensqualität gegeben. Denn jetzt, wo ich alles hinter mir habe, genieße ich das Leben viel mehr als vorher – ich weiß alles mehr zu schätzen. Ich habe eine Aufgabe, eine Fülle im Leben bekommen: Ich habe das Abitur nachgeholt, studiert und bin jetzt Gesundheitspädagoge und Psychoonkologe. Zudem engagiere ich mich ehrenamtlich für yeswecan!cer. Der Krebs hat meinem Leben einen Sinn gegeben. Dieses „Mich trifft es schon nicht“ hatte ich damals zu 100 Prozent, doch jeden kann es treffen und daher sollte auch jeder das Leben feiern. Keiner weiß, wie lange er es kann – der Krebs und viele andere Krankheiten kennen kein Alter.  

    „Ohne Magen, aber voller Lebensmut“

    Dilek Skrabania ist 34 Jahre alt. Bis zu ihrer Krebserkrankung arbeitete die gelernte Heilerziehungspfleger in einem Kindergarten. Da ihr auch die Milz entfernt wurde (Asplenie) durfte sie nicht mehr mit Kindern arbeiten. So kam sie zu yeswecan!cer. Nach der Diagnose Magenkrebs lebt die 34-jährige Dilek Skrabania ohne Magen. Wir haben ihr folgende Frage gestellt:

    Wann ist kämpfen für dich keine Option mehr? 

    Diese Frage stellt sich nicht. Denn zu kämpfen gegen den Krebs ist für mich nie eine Option gewesen. In Bezug auf die Krankheit Krebs finde ich diesen Begriff vollkommen unangebracht, weil ich gegen etwas ankämpfe, das ich nicht sehe. Es ist zu abstrakt. Niemand steht da mit dem Schwert, gegen den ich kämpfen könnte, daher finde das Wort sehr schwierig. Keiner, der an Krebs erkrankt ist, kann dagegen ankämpfen.  Die Aufforderung, den Krebs zu bekämpfen, setzt die Erkrankten unnötig unter Druck. Sie können sich operieren, sich bestrahlen lassen, eine Chemo machen, sich auf ihre Ärzte verlassen, die Ernährung umstellen etc.  Aber kämpfen? Ob jemand kämpft oder sich als Kämpfer sieht, interessiert den Krebs am Ende nicht. Ich habe viele Freundinnen, die gekämpft haben und trotzdem gestorben sind. Da nützt auch eine optimistische Grundhaltung nichts. Die positivsten Menschen wie die depressivsten sterben an Krebs. Denn wer kämpft, kann auch verlieren. Es heißt ja immer: Sie oder er hat den Kampf gegen den Krebs verloren. Doch das sehe ich anders: Wer stirbt, hat gewonnen, denn mit ihm stirbt auch der Krebs. Daher ist „kämpfen“ ein Wort, mit dem ich nicht konform gehe.  Andere bezeichnen sich gern als Krebskrieger. Wenn es ihnen hilft oder Kraft gibt, finde ich es vollkommen okay. Doch ich bin keine Kämpferin, unter keinen Umständen. Würde ich nur kämpfen, könnte ich nicht leben. Daher habe ich das Wort „Kampf“ durch den Begriff „Akzeptanz“ ersetzt. Ich akzeptiere, dass der Krebs und ich zusammen in diesem Körper leben. Ich bin gespannt, wie lange noch. Diese Haltung macht mich gelassener, auch im Hinblick darauf, wie sich irgendwann mein Sterben gestaltet. Aber ich möchte leben. Dafür muss ich sehen, wie ich meinen Körper mit genügend Nahrung versorge. Zu Essen ist für mich mit großen Schmerzen verbunden. Hier suche ich nach einer Lösung. Aber ich kämpfe nicht.  

    Weitere Informationen

    Mehr Mutmacher:innen finden Sie unter yeswecan-cer.org oder yeswecan-cer.org/die-yes-app.

    YES!CON – Jetzt mehr erfahren!

    Unter der Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dreht sich im Berliner Umspannwerk auf der YES!CON zwei Tage (18. und 19. September 2021) lang alles um Therapien, neueste Forschungsergebnisse, Lifestyle, aber auch ganz alltägliche Dinge, die das Leben von Krebs-Patient:innen und ihrer Familie und Freunde betreffen. Mit Vorträgen und Diskussionsrunden schaffen Betroffene ein Forum, um mit anderen Betroffenen ins Gespräch zu kommen: ein intensiver Austausch über das Leben mit dem Krebs und Ermutigung, um mit dieser Krankheit zu leben! Jede und jeder hat etwas beizutragen – Erkrankte, Angehörige, Ärzte:innen oder Therapeut:innen. Wie im vergangenen Jahr werden sich auch bei dieser YES!CON prominente Unterstützer:innen wie Joko Winterscheidt, Tim Mälzer, Anna Loos, Laura Malina Seiler, Tanja Wedhorn oder Dr. Lisa Federle sowie zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu Wort melden.

    Jedes Thema findet im passenden Format statt – vom Panel über Hearings, Work­shops bis zu Meditationen, Mut- und Mitmachaktionen etc.

    Zu den Themen dieses Jahres zählen u. a.: 
    • Palliativmedizin – Kein Grund zur Panik!
    • #youareonmute – Warum Männer nicht über Krebs reden
    • Zukunft Medizin – Impfstoff gegen Krebs
    • Eat well, feel better – Clinic Kitchen possible!!

    Parallel dazu sorgen viele Magic Moments für Gänsehautmomente – wie der legendäre Auftritt von SCHILLER alias Christopher von Deylen auf der YES!CON 2020, als er das Musikvideo zu seinem Song „Morgenstund“ präsentierte, an dem Betroffene, #Mutmacher und Unterstützer von yeswecan!cer mitgewirkt hatten.

    Das Motto lautet auch diesmal: Mitmachen, Mitdenken, Mitfiebern, Mitlachen. Jeder ist willkommen! Alle Vorträge, Diskussionsrunden und Workshops können als Videostream kostenlos und ohne Registrierung über die yescon.orgPlattform und die Kanäle diverser Kooperationspartner live im Netz verfolgt werden. Nach Anmeldung in der App kann auch aktiv an den Diskussionen teilgenommen werden.

    Die YES!CON 2021 findet in diesem Jahr in zwei Locations statt: zum einen im bUM, dem „Raum für engagierte Zivilgesellschaft“, zum anderen in der nahe gelegenen Ölbergkirche, die an diesem Tag den Namen „Church of Hope“ trägt.

    Alle Informationen gibt es unter: yescon.org

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