Ein Gespräch mit Prof. Dr. med. Uwe Platzbecker, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hämatologie, Zelltherapie und Hämostaseologie, Universitätsklinikum Leipzig.
Prof. Dr. med. Uwe Platzbecker
Direktor der Klinik und Poliklinik für Hämatologie, Zelltherapie und Hämostaseologie, Universitätsklinikum Leipzig
Mediziner wissen heute, dass Blutkrebs durch erworbene genetische Veränderungen einer Blutstammzelle entsteht. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich die modernen Therapien gegen Leukämie und verwandte bösartige Bluterkrankungen weiter. „Leukämie muss heilbar werden. Immer und bei jedem.“ ist das Ziel von Stifter und Startenor José Carreras. Er erkrankte selbst an Leukämie und gründete 1995 aus Dankbarkeit für seine Heilung die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung.
Mit diesem Ziel von José Carreras vor Augen, wo steht heute die Wissenschaft?
Im Vergleich mit der Behandlungssituation vor 20 Jahren sind wir dem Ziel deutlich nähergekommen. Es gibt inzwischen Leukämieformen, darunter die chronische Leukämie, die ohne Chemotherapie geheilt werden können. Zudem verstehen wir immer besser, wie sich Leukämiezellen entwickeln, vermehren und wie sie funktionieren. Auch können wir durch genetische Charakterisierungen bereits Vorstufen von Leukämien besser erkennen und damit einordnen. Auf dieser Basis entwickelt sich aktuell die sogenannte Präzisionsmedizin. Das Ziel ist, dass keine allgemein wirkenden Chemotherapien eingesetzt werden müssen, die auch gesunde Zellen zerstören. Vielmehr werden Leukämiezellen gezielt angegriffen und unschädlich gemacht.
Wie funktionieren die gezielten Therapien?
Leukämien entstehen aufgrund komplexer genetischer Veränderungen, sodass sich Leukämiezellen unkontrolliert vermehren können. Dabei werden bestimmte Eiweiße aktiviert, die von selbst nicht mehr abgeschaltet werden können. Zum Teil können diese „Schaltkreise“ mit Medikamenten gehemmt und damit die Leukämien gezielt behandelt werden. Doch Leukämien können sich anpassen und alternative „Schaltkreise“ für ihr Zellwachstum nutzen. Künftig möchten wir mit neuen molekularen Methoden diese komplexen „Schaltkreise“ aufdecken und mit zielgerichteten Medikamenten unterbrechen. Dazu bedarf es dann zum Teil verschiedener Angriffspunkte. Und genau hierbei gibt es die aktuell größte Dynamik in der wissenschaftlichen Entwicklung: Das sind die Immun- und Gentherapien. Zum einen kann das Immunsystem gezielt aktiviert und zum anderen können die eigenen Immunzellen „sehend“ für Leukämiezellen gemacht werden; das heißt, dass sie diese erkennen und zerstören können. Eine solche „CAR-T-Zell-Therapie“ ist bereits für manche Patienten mit fortgeschrittener Leukämie in vielen Zentren in Deutschland verfügbar. Die Vision dabei ist, zukünftig bei einigen Leukämieformen auf die Knochenmark- bzw. Stammzelltransplantation verzichten zu können.
Weitere Informationen
Die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung fördert seit 1995 wissenschaftliche Forschungs-, Infrastruktur- und Sozialprojekte. Wer mehr dazu erfahren möchte:
carreras-stiftung.de
Spendenkonto
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