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    Mit dem Krebs und Corona leben lernen

    Foto: Master1305 via Shutterstock.com

    Die Corona-Pandemie hat das Leben aller auf den Kopf gestellt. Beginnend schon bei den Kleinsten, die täglich für den Kindergarten getestet werden mussten, übers Homeschooling und parallele Arbeiten. Auch die Einsamkeit in Pflegeheimen muss unerträglich gewesen sein und das weit über die wochenlangen Lockdowns und Quarantänezeiten hinweg. Jeder von uns hat über die Pandemie-Jahre eine Geschichte zu erzählen. Wie aber haben es die Risikogruppen erlebt, insbesondere die Gruppe, die von Krebs betroffen ist? Wir haben drei Frauen gefunden, die einen Einblick geben. 

    Sandra Polli Holstein

    Autorin u.a. der Bücher „rumgeKREBSt“ sowie „ausgeKREBSt – mit Chancen, Checks und Corona“

    Die letzten Jahre waren tatsächlich ein Spießrutenlauf. Auch wenn ich bereits im fünften Jahr der Remission bin, wirkt sich der Lymphdrüsenkrebs als systemische Krebsform sehr auf das Immunsystem aus. Meine Devise lautet: „Bloß nicht krank werden.“ Mein Mann musste nur wenige Tage nach dem ersten Lockdown wieder zurück in die Firma. Unser Sohn musste in der zweiten Welle so lange zur Schule, bis ich die Reißleine zog und bei der Schulleitung meine „Krebskarte“ ausspielte. Ja, ich hatte und habe Angst vor den möglichen Folgen einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Hinzu kam, dass wir gerade aufs Land gezogen waren und ich einen begleitenden hausärztlichen Partner an meiner Seite wissen wollte. Das aber scheiterte kläglich. „Aufnahmestopp“ und „Corona“ waren die Begründungen.

    Sophie Gerber

    Brustkrebs-Palliativpatientin und Mutter von vier Kindern

    Zu Jahresbeginn 2020 erhielt ich die Diagnose Brustkrebs und bald war auch klar, dass auch die Lunge und Lymphknoten befallen sind. Darauf folgten Operationen und Chemotherapie. Ich habe metastasierenden Brustkrebs und bin in einem palliativen Zustand, wo keine Heilung mehr angestrebt wird. Derzeit ist die Erkrankung aber stabil. Gerade zu Beginn der Pandemie waren die Informationen über COVID-19 sehr verunsichernd, zur Angst vor dem Krebs kam die Angst vor dem Virus. Ich dachte: „Wenn du jetzt Corona bekommst, bist du sofort tot.“ Meine Sozialkontakte wurden auf null gestellt. Die ersten Monate waren wir da extrem streng. Durch die Chemotherapie ging es mir sehr schlecht, also wurde es nötig, eine Haushaltshilfe zu nehmen. Ich musste lernen, physische und psychische Gesundheit und Erkrankungsrisiko mit der nötigen Unterstützung zu vereinbaren. Ich habe ein stabiles Umfeld, aus Freundes- und Familienkreis waren wirklich viele für mich da. Nie hat jemand gefragt, warum er jetzt einen Corona-Test machen sollte, bevor er zu mir kommt.

    Anja Laskowski

    Brustkrebspatientin, Business Development bei yeswecan!cer gGmbH

    Als Brustkrebspatientin im Pandemie-modus habe ich mich vor allem einsam gefühlt. Ich wurde kurz vor dem ersten Lockdown diagnostiziert, im Februar 2020. Ich hatte große Angst vor Corona. Mein Immunsystem war während der Chemotherapie so schwach, dass ich mehrere Blutspenden bekam. Deshalb bin ich nicht davon ausgegangen, dass ich eine Infektion überleben würde. Ich kann mich noch gut erinnern, wie der Taxifahrer, der mich zur Chemotherapie gefahren hat, mich wegen meiner Maske belächelt hat und mir erklärte, dass nur Risikopatienten an Corona sterben, und das, obwohl ich mit Glatze eigentlich deutlich als Krebs- und damit Risikopatientin zu identifizieren war. Ich habe ihm tief in die Augen gesehen und gesagt: „Ich möchte aber auch nicht sterben“, und ich konnte an seinem Blick erkennen, dass er sich zuvor überhaupt keine Gedanken gemacht hat, was und wer eigentlich ein Risikopatient ist. Zu Beginn konnte sich das kaum jemand vorstellen, wie denn so ein Risikopatient aussieht, das war eine graue Masse, ein Schlagwort für „die anderen“.

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