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    Praxis oder Klinik?

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    Etwa 500.000 Menschen in Deutschland erkranken jährlich neu an Krebs. All ihnen stellt sich die Frage: Wo und von wem bekomme ich die für mich beste Behandlung? Ein Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Knauf, Vorstandsvorsitzender des Berufsverbands der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO).

    Prof. Dr. Wolfgang Knauf

    Vorstandsvorsitzender des Berufsverbands der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO)

    Welche Patienten kommen zu Ihnen in die Praxis? 

    Zum einen Menschen mit einem Krebsverdacht, bei denen zunächst die Diagnostik durchgeführt werden muss. Zum anderen Menschen, bei denen bereits eine Tumorerkrankung festgestellt wurde und die therapeutische Maßnahmen benötigen. Hinzu kommen all jene, die eine Krebserkrankung hinter sich haben und bei denen Nachsorge und ggf. Früherkennung eines möglichen Rückfalls betrieben wird. 

    Decken niedergelassene Onkologen alle Bereiche der Krebsmedizin ab? 

    Fast alle Tumorerkrankungen sind heutzutage ambulant behandelbar, auch Transfusionen und Schmerztherapien gehören ganz selbstverständlich zum Praxisalltag eines niedergelassenen Hämatologen und Onkologen. Ausgenommen sind natürlich große chirurgische Eingriffe. Wenn es um invasive Diagnostik geht und zum Beispiel eine Koloskopie, Lymphknotenbiopsie oder Mammografie zur Abklärung notwendig ist, arbeiten wir eng mit anderen niedergelassenen Fachärzten zusammen. Sofort in die Klinik gehört allerdings der Patient mit einer akuten Leukämie – da gibt es keine Diskussion.

    Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit zwischen einer Klinik und einer niedergelassenen Praxis?

    Therapien werden immer komplexer, Patienten immer älter und somit auch nebenwirkungsanfälliger. Die kontinuierliche, ambulante Betreuung eines Patienten durch seinen niedergelassenen Arzt wird gelegentlich – je nach Krankheitsgeschichte – durch stationäre Aufenthalte ergänzt. Es gibt keinen niedergelassenen Onkologen, der nicht eine gut funktionierende, feste Kooperation mit einem Krankenhaus mit entsprechender Spezialabteilung hätte. Zudem werden die Patienten regelhaft in fachübergreifenden Tumorkonferenzen besprochen und können sicher sein, genau die Behandlung zu bekommen, die ihre individuelle Situation erfordert.

    Wie sieht es mit Innovationen aus? Sind niedergelassene Onkologen diesbezüglich auf demselben Stand wie die Ärzte in großen universitären Zentren?

    Die Hämatologie und Onkologie decken ein Fachgebiet ab, in dem eine große Dynamik herrscht. Alle unsere Mitglieder wurden an großen Kliniken – viele auch an Universitätskliniken – ausgebildet und waren dort viele Jahre tätig. Mit dem Wechsel in die Praxis haben sie ihr Fachwissen ja nicht an der Klinikpforte abgegeben. Hinzu kommt eine immense Dichte an Fortbildungsveranstaltungen – man kann also davon ausgehen, dass die einzelnen Fachärzte auf einem sehr hohen, aktuellen Wissensstand sind. Als eine recht kleine Fachgruppe sind wir sehr gut vernetzt – auch sektorenübergreifend. Innovationen finden sehr schnell den Weg in die alltägliche Praxis. So werden zum Beispiel Zulassungsstudien und Therapieoptimierungsstudien mit neuen Medikamenten auch in Praxen angeboten.

    Hat die Behandlung in der Praxis gegenüber der Behandlung in der Klinik Vorteile?

    Intensive medizinische Maßnahmen in Verbindung mit hohem Pflegeaufwand oder zum Beispiel Stammzelltherapien erfordern eine Behandlung im Krankenhaus. Die zunehmenden Möglichkeiten bei der Behandlung von Krebserkrankungen führen dazu, dass sie meist ambulant erfolgreich behandelt werden können. Chemo-, Antikörper-, Immun- und weitere Begleittherapien gehören längst zum Standardrepertoire einer Praxis. Ein weiterer Vorteil der Betreuung durch einen niedergelassenen Spezialisten ist, dass er als behandlungsführender Arzt alle erforderlichen Maßnahmen koordiniert und wohnungsnah therapiert. Der Patient kann sich unabhängig vom Versichertenstatus dabei immer auf Facharztstandard verlassen. Nicht zu vergessen ist auch der Aspekt der Langzeitbetreuung – wir Niedergelassenen sind in der Regel rund drei Lebensjahrzehnte in unseren Praxen, kennen unsere Patienten und ihre Geschichten gut. Für viele sind wir deswegen fast so etwas wie lang vertraute Hausärzte. 

    Über den BNHO e. V.

    Der Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen in Deutschland vertritt bundesweit die berufspolitischen, wirtschaftlichen und sozialpolitischen Interessen seiner Mitglieder. Aktuell sind rund 600 niedergelassene Fachärztinnen und -ärzte  der Inneren Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie bzw. mit vergleichbarer hauptamtlicher onkologischer Tätigkeit im Berufsverband vereint. Zusammengefasst behandeln sie rund die Hälfte aller Tumorpatient(inn)en in Deutschland.

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