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    Liebe dich selbst!

    Gehe offen mit dieser Krankheit um und akzeptiere dich ganz genau so, wie du bist. Foto: Andrea Gottowik / Soulphotographics

    Kim hat Psoriasis. Wie sehr sie anfangs darunter gelitten hat und was schließlich den Anlass gab umzudenken, erzählt sie im Interview.

    Du leidest unter der Hautkrankheit Psoriasis, auch Schuppenflechte genannt. Wann und wie wurde bei dir Psoriasis diagnostiziert?

    Die Krankheit ist bei mir ausgebrochen, als ich drei oder vier war. Da hielt sie sich aber noch in Maßen. Erinnern kann ich mich an diese Zeit deshalb irgendwie überhaupt nicht mehr. Nur daran, dass die Krankheit sich in der Pubertät zusehends verschlimmert hat. Also so im Alter von zwölf, was natürlich für mich damals eine Katastrophe war.

    Wie hat dich die Schuppenflechte geprägt, gerade in der Jugend?

    Ehrlich gesagt, war meine Jugend dadurch sehr schwierig, aber nur, weil ich genau das zugelassen habe. Ich habe mich versteckt und es vertuscht und habe versucht, es geheim zu halten. Klar gab es damals Kinder und Jugendliche, die diesen „Makel“ genutzt haben, um mich zu ärgern – und das hat leider auch funktioniert. Es war mein Schwachpunkt, aber auch nur, weil ich ihn dazu gemacht habe. Heute weiß ich, ich hätte drüber- und vor allem dazu stehen müssen. So hätte ich niemandem einen Angriffspunkt gestattet und vermutlich damals schon von dem einen oder anderen Bewunderung geerntet. So habe ich aber für andere meine Lebensqualität heruntergeschraubt, indem ich nie kurze Sachen getragen habe. Egal wie heiß es war, die Angst, andere könnten gucken und mich abstoßend finden, war größer. Heute gibt es für mich keinen ersichtlichen Grund, warum ich mich damals so versteckt und fertiggemacht habe.

    Gab es für dich einen Schlüsselmoment, in dem du gemerkt hast, dass du deinen Körper nicht mehr verstecken möchtest?

    Viel zu spät habe ich mich dazu entschieden, voll und ganz dazu zu stehen. Als ich immer älter wurde und einen festen Freund hatte, der diese Krankheit an mir überhaupt nicht schlimm fand – weil sie es nicht ist –, bin ich zumindest in meinem engen Freundeskreis immer offener damit umgegangen. Da niemand damit ein Problem hatte (warum auch?!) und die Zeiten von blöden Kommentaren vorbei waren, ging das immer besser. Dann bin ich auf Instagram auf den Hashtag #Psoriasis aufmerksam geworden und mit ihm auf einige „Leidensgenossen“. Das hat mir so viel Mut gemacht, dass ich meinen ersten öffentlichen Post über mich und diese Krankheit verfasst habe. Mein Outing sozusagen. Darin habe ich geschrieben, dass das Leben zu kurz ist, um sich für andere zu verstellen. Die Welle der Nächstenliebe, auf der ich ab da an geritten bin, ist nicht in Worte zu fassen.

    Wie geht dein Partner mit der Schuppenflechte um?

    Als junger Teenager hatte ich immer Angst, dass ich wegen der Krankheit niemals einen Freund haben werde. Wie sich aber schnell herausgestellt hat, war das völliger Blödsinn. Diesbezüglich habe ich nie wirklich schlechte Erfahrungen gemacht. Für meinen Ehemann ist diese Krankheit überhaupt gar kein Thema. Er gibt mir das Gefühl, dass ich sie nicht habe.

    Hast du Alltagstipps für den Umgang mit Psoriasis, die für dich unverzichtbar sind?

    Auch wenn an dieser Stelle die Antwort vielleicht lauten sollte, dass man sich möglichst basisch ernähren sollte, sich gut pflegen muss und eventuell mal das ein oder andere Medikament ausprobieren könnte, ist meine Antwort doch eine andere. Gehe offen mit dieser Krankheit um und akzeptiere dich ganz genau so, wie du bist. Das bist du. Und du bist ja so was von gut, so wie du bist. Na gut, und im Sommer raus an die frische Luft. In kurzen Sachen! Das ist Lebensqualität. Klar wird es Tage geben, an denen du das Mantra nicht so verinnerlichst. Aber haben wir die nicht alle?

    Wie lebst du heute mit Psoriasis, und was möchtest du anderen Betroffenen mit auf den Weg geben?

    30 Jahre lang habe ich mir bei jedem „Wimpernpusten“ gewünscht, dass diese Krankheit bitte geht. Denn neben den „paar Flecken“ auf der Haut waren das Schlimmste doch die Schatten auf meiner Psyche. Wenn ich mir heute etwas wünsche, dann alles, nur nicht das. Mittlerweile ist dieser angebliche Makel nämlich für mich zu einer Bereicherung geworden. Mittlerweile öffnet diese Krankheit mir Türen und bricht Eis. Sie gibt mir Zugang zu Menschen, denen ich ohne diese Krankheit wohl nicht helfen könnte. Mein Rat ist: Es wird auch immer wieder Tage geben, an denen du dich nicht so wohlfühlst, und sie dich stört. Aber wenn du diese Krankheit mit selbstverständlichem Selbstbewusstsein trägst, dann sagen die Leute „Wow“ statt „Ihhh“. Seit ich offen damit umgehe, ist die Welle der Empathie, der Bewunderung und der Nächstenliebe enorm. Von meiner Lebensqualität ganz zu schweigen. Na klar, die Leute gucken immer noch. Aber weil sie toll finden, wie ich damit umgehe.

    INFORMATION

    Erfahre mehr von Kim auf ihrem Instagramkanal @bunterkundegimborly.

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