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    Sklerodermie – Die Krankheit der harten Haut

    Foto: Mal2TH via Shutterstock

    Jeder Mensch, der erkrankt, teilt seiner Familie, Freunden oder Kollegen mit, wie es ihm geht. Wir alle wissen, wie sich eine Erkältung, ein gebrochenes Bein oder eine OP anfühlt, und spenden Trost, bieten Hilfe an oder unterbreiten mehr oder weniger brauchbare Ratschläge.

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    Emma M. Reil

    Sklerodermie Selbsthilfe e. V.

    Selbst wenn jemand erzählt, dass er Krebs hat, nicken wir verständnisvoll und haben eine gewisse Vorstellung über diese Erkrankung. Zudem liest und hört man täglich in den Medien über alle Varianten von Krebs, über Diabetes, Grippewellen und sonstige Wehwehchen. Man ist aufgeklärt und glaubt zu wissen, was man oder der andere hat.  

    Wenn man eine Sklerodermie hat, ist die Chance, Aufgeklärte oder Betroffene zu finden, sehr gering. Teilt man seinem Umfeld mit, dass man eine Sklerodermie hat, sieht man beim Gegenüber nur Fragezeichen in den Augen. „Sklero-was? Was ist das? Habe ich noch nie gehört. Wird schon nicht so schlimm sein, siehst ja nicht krank aus.“ Anstelle von Verständnis hat man hinterher in seinem Rucksack Hilflosigkeit und das Gefühl, ein Exot zu sein.  

    Um dieser Hilflosigkeit zu entrinnen, hat sich vor 33 Jahren die „Sklerodermie Selbsthilfe“ gegründet. Betroffene können sich austauschen, von ihren Erfahrungen profitieren und solides Infomaterial erhalten. Unsere Mitglieder sind sehr gut informierte Patienten und lernen schnell, mit ihrer Sklerodermie – egal ob zirkumskripte Sklerodermie oder systemische Sklerose – umzugehen. So wissen auch alle, dass es unter anderen eine Beteiligung der Nieren, des Verdauungstraktes oder der Lunge geben kann.

    Dass eine Lungenbeteiligung nicht ganz harmlos ist, weiß man aus dem Infoblatt, aus Berichten im Grünen Heft und von Vorträgen bei Patientenforen. Nicht umsonst gehört zu den ersten Untersuchungen eine ausführliche Herz- und Lungendiagnostik. Bei vielen lautet sie dann „ohne Befund“. Einige haben aber eine Alveolitis, eine Lungenfibrose, einen Infekt oder ein Emphysem. Und ein paar ganz wenige haben eine Herzbeutelentzündung oder eine pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH).

    Angst vor der Diagnose hat man vor allem, weil man weiß, was es bedeutet, eine PAH zu haben.

    Alles Wissenswerte rund um die PAH liest man ausführlich und mit Respekt und lässt nebenbei im Kopf ein Abwehrprogramm laufen. „Das ist ja selten, das kriegen die anderen – die anderen kriegen ja auch Herzinfarkt oder einen Festplattencrash oder Hochwasser im Keller –, aber ich nicht. Mein Arzt hätte das bestimmt festgestellt. Zudem hätte ich das sicherlich gespürt.“

    Aus vielen Telefonaten, Gesprächen und Workshops weiß ich, dass die PAH von den Betroffenen zwar als Teil der systemischen Sklerose gesehen, aber trotzdem verdrängt wird. Primär aus Angst vor dieser Lebensqualität verändernden und unbehandelt auch Leben verkürzenden Krankheit. Aber auch weil man weiß, dass es heute Therapieoptionen gibt.

    Diese Optionen hatte man vor 21 Jahren (da fing mein Amt als Vorsitzende an) nicht. Da verstarben die Betroffenen an einer PAH binnen zwei bis drei Jahren – oft ohne zu wissen, dass sie eine hatten. Die meisten Ärzte kannten damals die vielschichtigen Facetten der systemischen Sklerose so gut wie nicht – und Medikamente dafür (beziehungsweise dagegen) gab es definitiv keine.

    Angst vor der Diagnose hat man vor allem, weil man weiß, was es bedeutet, eine PAH zu haben. Die Betroffenen berichten über Kurzatmigkeit, Atemnot, Müdigkeit, Schwindel, Kraftlosigkeit. In einem Körper, der zu wenig Sauerstoff in seinen Zellen hat, fühlt man sich nicht nur nicht wohl, man fühlt sich fremd in einer unbekannten Hülle. Eine ständige Müdigkeit isoliert einen sowohl von der Umwelt wie auch von der eigenen Familie – die anderen lachen, spielen, arbeiten und unternehmen ständig etwas.

    Selbst liegt man apathisch da, kann sich nicht mal aufraffen, um wenigstens gedanklich dem Treiben der anderen zu folgen, denn der Kopf bekommt ja auch zu wenig Sauerstoff ab. Einkaufen gehen, den Haushalt versorgen oder seinem Hobby nachgehen, und sei es nur Briefmarken sammeln, ist nur schwerlich, wenn überhaupt möglich. Denn durch den Sauerstoffmangel stellt sich neben der Kraftlosigkeit noch eine Konzentrationsschwäche und Verwirrtheit ein.

    Vor 20 Jahren hatten wir in unserem Mitgliederheft den ersten Aufruf zur Teilnahme an einer Phase-III-Studie für ein Medikament bei PAH, das ursprünglich bei der primären PAH eingesetzt wurde. Seither fanden x Studien rund um Diagnostik- und Therapieoptionen, um die Ursache und um die vielen Symptome der Sklerodermie statt. Heute gibt es einige Medikamente, in deren Waschzettel man das Wort Sklerodermie oder PAH lesen kann, und es gibt ein tolles Ärztenetzwerk für Sklerodermie.

    Und trotzdem vergessen viele Betroffene und leider auch viele Ärzte, in regelmäßigen Abständen an die PAH zu denken und entsprechende Diagnostik anzuleiern. Je früher man eine PAH diagnostiziert, desto eher kann man therapieren, desto kleiner bleiben die Schäden und desto größer ist die Chance zu überleben. Gut diagnostiziert und gut eingestellt, kann man ein normales Leben führen – mit ausgedehnten Spaziergängen, leichter Arbeit, Hobbys.

    INFORMATONEN

    Sklerodermie Selbsthilfe e. V.:  sklerodermie-selbsthilfe.de
    Weitere Informationen und Hilfe im Web: lungenhochdruck-infocenter.de
    Kostenfreie Patientenhotline: 0800 853 6360 (Mo.–Fr., 09.00–17.30)
    Gemeinnütziger Selbsthilfeverein: pulmonale hypertonie e. v. phev.de

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