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    Alpha-1: Unterschiede und Gemeinsamkeiten zur COPD

    Foto: Arif biswas via Shutterstock.com

    Die Krankheit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, kurz Alpha-1, hat in der Medizin diverse Bezeichnungen: „die genetisch bedingte COPD“, „eine Form der COPD“ oder auch „vergleichbar mit einer COPD“. Aber stimmt das so? Wird es den an Alpha-1 erkrankten Patienten gerecht und werden sie dann richtig therapiert?

    Marion Wilkens

    Vorsitzende der Gesellschaft für Alpha-1- Antitrypsinmangel-Erkrankte e.V.

    Wir, die Patientenorganisation Alpha1 Deutschland e.V., setzen uns seit Jahren dafür ein, dass Alpha-1 als eigenständige Erkrankung bekannter wird. So gibt es z. B. in Deutschland noch immer keine eigene Leitlinie, an der sich Ärzte orientieren könnten. Wir haben keine COPD, unsere Lungenprobleme sind ähnlich, aber sie ähneln auch denen der Asthmatiker. Was wenige wissen: Einige unserer Symptome stimmen auch mit denen der Fettleber überein, wie kann das sein?

    Alpha-1-Antitrypsin-Mangel – Was ist das?

    Bei der erblichen Stoffwechselkrankheit Alpha-1 fehlt Betroffenen ein Eiweiß, das sogenannte Alpha-1-Antitrypsin (AAT). Dieses wird in den Leberzellen gebildet, von dort gelangt es in den Blutkreislauf und auch, wenn sich das Schutzeiweiß in allen Körpergeweben finden lässt, spielt es vor allem in der Lunge eine entscheidende Rolle. Durch den fehlenden Schutz kann das Lungengewebe im Laufe der Jahre zersetzt werden. Die Stoffwechselkrankheit zeigt sich daher vor allem durch

    · Atemnot, zuerst nur bei Belastung – später auch in Ruhe

    · Husten, häufig zunächst in den frühen Morgenstunden

    · Auswurf, in vielen Variationen

    Was in der Lunge zu wenig ist, ist in der Leber zu viel. Bei Betroffenen polymerisiert (verklumpt) AAT in der Leber und wird nicht mehr oder nur teilweise ausgeschleust. Besonders auffällig kann sich dies auch bei Säuglingen und kleinen Kindern durch hohe Leberwerte und vergrößerte Organe zeigen. Es besteht die Gefahr einer Leberzirrhose, sowohl für Kinder als auch für erwachsene Alphas. Das erklärt, warum die Symptome (u. a. erhöhte Leberwerte) auch denen der Fettleber ähneln können. Obgleich Alpha-1 zu den seltenen Erkrankungen zählt, schätzen Experten, dass allein in Deutschland bis zu 20.000 vom schweren Mangel betroffen sind.

    Da die Hauptsymptome des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels auch auf andere Krankheiten wie COPD oder Asthma zutreffen, wird bei vielen Betroffenen die genetisch bedingte Ursache lange Zeit nicht erkannt. Ja, es gibt also viele Gemeinsamkeiten zur COPD, wenn bei Alpha-1- Patienten die Lunge betroffen ist. An das Testen auf Alpha-1 zu denken, scheint schwierig zu sein. Dabei ist das Testen selbst heute sehr einfach und die Erkrankung kann recht schnell mittels einfacher Testmethoden nachgewiesen bzw. ausgeschlossen werden. Als Gendefekt ist die Erkrankung nicht heilbar, es stehen aber verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, um den Verlauf des Lungenabbaus zu verlangsamen. Neben bronchienerweiternden Mitteln kann auch eine Substitutionstherapie helfen, bei der die Patienten das fehlende Alpha-1-Antitrypsin per Infusion erhalten. Für die Behandlung der Leber stehen seit Kurzem erste experimentelle Medikamente zur Verfügung.2

    „Fünf bis sieben Jahre durchschnittlich bis zur Diagnose ist einfach zu lang, wir hoffen, dass sich das ändert. Ein einfacher Test gibt Klarheit, ob Sie COPD oder vielleicht doch Alpha-1 haben.“

    Unterschiede zur COPD und Gemeinsamkeiten

    Die Gemeinsamkeiten mit der COPD haben Vor- und Nachteile. Da die Medikamente zur In- halation dieselben sind wie zur Behandlung der COPD, können wir Alpha-1-Patienten von neuen Entwicklungen aus der Forschung profitieren. Auch Behandlungen wie Lungensport, Atemphysiotherapie und psychologische Begleitung nutzen uns Alphas genau wie COPD-Patienten, hier muss das Rad also nicht neu erfunden werden. Der große Nachteil ist, dass viele Alpha-1-Patienten noch immer unerkannt unter den COPD-Betroffenen und Asthmatikern stecken, denen dann nicht die optimale Therapie zur Verfügung steht. Trauriger Fakt ist, dass es im Schnitt fünf bis sieben Jahre dauert, bis es zur richtigen Diagnose kommt, eine lange Zeit für uns Alpha-1-Patienten.

    Die wichtigsten Unterschiede im Überblick

    Alpha-1

    • Genetisch/ Vererbbar
    • Lungen- und Leberbeteiligung
    • Im Kindes- und Erwachsenenalter möglich

    COPD

    • Überwiegend durch Zigarettenrauch
    • Lungenerkrankung
    • Im späteren Erwachsenenalter

    Referenzen: 1 International Journal of COPD 2017:12 561ff, 2 N Engl J Med 2022; 387:514-524 

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