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Home » Neurologie » Mit fokussierten Schallwellen gegen Alzheimer
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Akustische Energie in Form von kurzen, fokussierten Pulsen in der Therapie von Alzheimer einzusetzen, klingt für den Laien zunächst sehr ungewöhnlich. Forscher der MedUni Wien, Universitätsklinik für Neurologie, des NIH in den USA und der Rheintalklinik in Bad Krozingen haben jedoch solch eine weltweit neue Therapiemethode entwickelt, die als „Transkranielle Pulsstimulation (TPS)“ bezeichnet wird. Ein Gespräch mit dem Leiter des Projekts Professor Beisteiner gibt Einblicke in die neuen Behandlungsmöglichkeiten.

Ao. Univ.-Prof. Dr. Roland Beisteiner

MD, MA Universitätsklinik für Neurologie
Medizinische Universität Wien

Wie kamen Sie auf die Idee, fokussierte Schallwellen für eine Therapie einzusetzen?

Hochenergetische akustische Pulse werden bereits seit den 1980er-Jahren zur nicht invasiven Behandlung von Nierensteinen eingesetzt. Hinzu kommen weitere Indikationen für Pulse niedrigerer Energie. Hierzu zählen insbesondere Erkrankungen, die mit Störungen der Zellfunktionen, der Mikrozirkulation und des Stoffwechsels einhergehen, wie Nerven- und Muskelerkrankungen und koronare Herzkrankheit. Basierend auf dieser Entwicklung und ersten Versuchen auch krankhaftes Gewebe im Gehirn zu eliminieren, entstand 2013 meine Idee Ultraschall mit niedrigerer Energie für hochgezielte Hirnaktivierung einzusetzen. 2014 erfolgten die ersten Behandlungen von Patienten mit Alzheimer mit dieser neuen TPS-Methode, ohne den Schädel öffnen zu müssen.

Welche Möglichkeiten bietet die TPS, und warum ist sie in diesem Fall besser oder anders anzuwenden als zum Beispiel die transkranielle Magnetstimulation (TMS), also aktuell bereits verfügbare Verfahren?

Die TPS hat gegenüber bekannten Verfahren wie der TMS oder TDCS (Transkranielle Gleichstromstimulation) entscheidende Vorteile. TPS ist unabhängig von der Gewebeleitfähigkeitssituation, welche bei erkrankten Gehirnen massiv verändert sein kann. Daher ist es mithilfe der TPS jetzt möglich, therapeutisch wichtige Gehirnareale mit hoher Präzision zu aktivieren. Ferner erlaubt das TPS Prinzip in Zukunft auch bisher unerreichbare Gehirnareale in der Tiefe des Gehirns zu stimulieren.

Wie können wir uns die Wirkung als Laien vorstellen?

In zahlreichen Grundlagenstudien konnte gezeigt werden, dass durch fokussierte Schallwellen Membranveränderungen an Zellen ausgelöst werden, welche zu Veränderungen von Botenstoffen und der Aktivierung von Zellen führen. Ein möglicher Vorteil dieses Effekts für die Behandlung von Alzheimer ist eine Verbesserung der Kommunikation zwischen Nervenzellen und somit der Leistungsfähigkeit des Gehirns.

Wie kann man sich eine Behandlung vorstellen, und für wen wäre die Therapie geeignet?

Grundsätzlich ist die TPS-Therapie für alle Erkrankungen des Gehirns geeignet, bei welchen sich durch Anregung von Regenerationsprozessen eine Leistungsverbesserung erwarten lässt. Das ist eine Vielzahl von Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Multiple Sklerose, Schlaganfall, psychiatrische Erkrankungen et cetera. Zugelassen ist die TPS derzeit zur Behandlung von Alzheimer. Bei welchen Erkrankungen TPS am besten einsetzbar ist, muss in weiteren Studien untersucht werden. Ein großer Vorteil von TPS ist, dass alle etablierten Therapien weitergeführt werden können und Betroffene damit eine additive Wirkung erhalten.

Eine Behandlung kann ambulant durchgeführt werden und ist schmerz- sowie meist nebenwirkungsfrei. Erforderlich ist die Anfertigung von individuellen MRT- oder CT-Bildern, um die zu aktivierenden
Hirnareale präzise und individuell identifizieren zu können. Anschließend wird mittels Infrarotnavigation eine exakte Stimulation der betroffenen Nervenzellnetzwerke durchgeführt, was ungefähr eine Stunde dauert.

Was haben Ihre Studienergebnisse und ersten Behandlungsergebnisse gezeigt? Was bewirkt die Anwendung im Gehirn?

Wir haben die weltweit erste klinische Studie zur TPS gemeinsam mit STORZ MEDICAL und dem deutschen Studienzentrum von Dr. Henning Lohse-Busch durchgeführt. In unserer Studie wurde der kontinuierliche Abfall der Gedächtnisleistung von Alzheimerpatienten gestoppt und sogar eine Leistungsverbesserung über drei Monate erzielt. Besonders wirksam erscheint die Therapie in den Frühphasen der Erkrankung, wenn noch genug intaktes Nervenzellgewebe für eine Regenerationsunterstützung vorhanden ist. Der grundsätzliche Krankheitsprozess der Alzheimererkrankung kann allerdings nicht aufgehalten werden. Sollten sich die Pilotergebnisse bestätigen, gehen führende Neurowissenschaftler von einem Durchbruch in der Behandlung von Hirnerkrankungen aus.

Wie geht es jetzt weiter?

Aktuell bauen wir mit Unterstützung von STORZ MEDICAL in Wien ein internationales TPS-Therapie- und -Forschungszentrum auf, um diese vielversprechende neue Hirntherapie möglichst vielen Patienten zukommen zu lassen. Dabei werden neben Alzheimer, Krankheitsbilder wie Parkinson oder Schlaganfall Schwerpunkte der klinischen Forschung und Entwicklung sein.

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