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    Mit Parkinson mitten im Leben

    FOTO: privat

    Der Kameramann Arne Peters war erst 44 Jahre alt und stand mitten im Leben, als er die Diagnose Parkinson erhielt. Seine Erlebnisse mit der Erkrankung hat er in mittlerweile vier Büchern verarbeitet, die mit viel Charme und einem Augenzwinkern vom Alltag mit Parkinson erzählen.

    Herr Peters, Sie erhielten 2009 die Diagnose Parkinson. Wie sind Sie damit umgegangen?

    Ich lief erst mal stundenlang rastlos durch Hamburg. Dann rief ich meine engsten Freunde an und meine Familie. Erst später habe ich mich überwunden, mehr Menschen einzuweihen. Zu sehen, wie toll meine Freunde, Familie und Kollegen damit umgegangen sind, war eine sehr schöne Erfahrung.

    Die Anfangszeit von Parkinson wird oft als „Honeymoon“ bezeichnet. Was bedeutet das? Wie haben Sie diese Phase erlebt?

    Durch die Medikamente verschwinden die Symptome zunächst ganz, ich hatte sogar kurz die Hoffnung, die Diagnose könnte vielleicht ein Irrtum gewesen sein. Dem ist natürlich nicht so, aber ich habe meinen Alltag zunächst fast normal weitergelebt und auch weitergearbeitet.

    Sie waren jung, als Sie Ihre Diagnose bekamen. Welche Rolle spielt das Alter?

    Ein Krankengymnast begrüßte mich mal mit den Worten:

    „In Ihrem Alter schon Parkinson ist auch nicht so schön, oder?“

    Das fand ich auf den Punkt gebracht. Nee, das ist nicht so schön. Mit meinen 44 Jahren gehörte ich in der Selbsthilfegruppe und am Parkinson-Stammtisch zu den ganz Jungen; ich war aber nicht der Jüngste.

    Gibt es bestimmte Symptome, an denen sich die Erkrankung schon früh zeigt?

    Schlafstörungen oder Riechstörungen können ein Hinweis auf Parkinson sein. Bei mir machte sich die Erkrankung allerdings anders bemerkbar, ich hatte z. B. plötzlich Schwierigkeiten, meine Spaghetti zu drehen, auch Zähneputzen machte mir Probleme. Später wurde ich häufiger darauf hingewiesen, dass mein rechter Arm beim Gehen nicht mehr mitschwingt. Auf La Gomera sprach mich schließlich ein Passant auf meinen Gang an. Er hatte selbst Parkinson, das gab mir zu denken und ich ging zum Arzt.

    Sie haben dann begonnen, zu schreiben. Wie kam es dazu?

    Das war im Jahr 2014, als ich das erste Mal für einige Wochen in einer neurologischen Klinik war. Solche Kliniken kannte ich durch meinen Beruf, aber mit einer Kamera zwischen mir und dem Geschehen. Jetzt gab es keine Kamera, kein Drehbuch und keinen Drehschluss; man denkt sich dann:

    „Hier gehöre ich doch eigentlich gar nicht hin.“

    Aber es gab auch schöne bzw. komische Momente. Irgendwann begann ich, meine Eindrücke, diesen Mix aus Gefühlen, aufzuschreiben. Eine Freundin ermutigte mich, sie zu veröffentlichen.

    Ihr erstes Buch heißt: „Bloß nicht in Tüdel kommen“. Für alle, die nicht aus Norddeutschland sind – können Sie den Titel übersetzen?

    Tüdel bedeutet „durcheinanderkommen“. Durch die Diagnose kam meine ganze Lebensplanung durcheinander. Aber „Tüdel“ meint auch kleine Dinge. Wenn man z. B. in der Reha Geschicklichkeitsspiele machen soll oder auf einem Wackelkissen steht, da kommt man auch in Tüdel.

    Es blieb nicht bei einem Buch, Sie haben bereits Ihr viertes veröffentlicht. Was bedeutet Ihnen das Schreiben und worum geht es?

    Die Reaktionen auf mein erstes Buch haben mich ermutigt, weiterzuschreiben. Humor ist dabei ganz wichtig, es soll keine Leidensgeschichte sein, auch wenn die Dramatik der Diagnose zwischen den Zeilen mitschwingt. In meinem vierten Buch „Tisch 15. Als wäre Moritz dabei gewesen“ gibt es ebenfalls viele Momente, die einen zum Schmunzeln bringen. Es passieren unerwartete, schöne und rührende Dinge und es ist auch ein Buch über Freundschaft. Meine Geschichten sind fiktiv, es ist allerdings auch einiges dabei, was so oder so ähnlich passiert ist.

    Wie geht es Ihnen heute mit der Krankheit?

    Ich habe gute und weniger gute Tage. An guten kann ich ein – zumindest fast – normales Leben führen. Das für Parkinson typische Zittern habe ich so gut wie gar nicht, bei mir sind die Bewegungen verlangsamt, was sich in schlechten Phasen vor allem beim Gehen bemerkbar macht. Aber dank der tollen Arbeit von Ärzten und Therapeuten und auch dank der Medikamente kann ich ein relativ gutes Leben führen.

    Gibt es etwas, das Ihnen im Alltag besonders hilft?

    Neben den Medikamenten ist Bewegung sehr wichtig, am besten regelmäßig. Deswegen sucht man sich am besten einen Sport, der einem Spaß macht. Ganz frisch für mich entdeckt habe ich Tischtennisspielen, ich habe vor einigen Wochen damit begonnen. Es macht mir wirklich großen Spaß und es hilft.

    Haben Sie einen Rat für andere Betroffene, vielleicht etwas, das Sie selbst gerne früher gewusst hätten?

    Ich kann nur empfehlen, dass man offen mit der Erkrankung umgeht. Der Versuch, sie zu verstecken, kostet nur unnötig Energie. Es gibt auch keinen Grund, so zu tun, als wäre alles in Ordnung, denn das ist es nicht.

    Man muss das Beste draus machen.

    „Tisch 15. Als wäre Moritz dabei gewesen“

    Ob es noch weit ist nach Gomera? Erst hatte nur Mathilda gequengelt, jetzt fing die Prinzessin auch noch an. „Man sollte eben nicht mit Leuten in Urlaub fahren, die man zufällig im Speisesaal einer neurologischen Klinik kennengelernt hat“, sage ich und versuche ganz streng zu gucken. Aber es will mir nicht gelingen. Denn ehrlich gesagt: Mit den beiden würde ich überall hinfahren. Auch ans Ende der Welt.

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