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    Neue Behandlungsmöglichkeit bei chronischen Knie-Schmerzen

    Die Lebensqualität der Betroffenen ist stark beeinträchtigt. Mit dem neuen  minimal-invasiven Verfahren der  Dorsalganglienstimulation können diese effektiver und gezielt behandelt werden.

    Es passierte 2011 beim Urlaub in Thailand. Eine große Welle erfasste Sylvia Angermann, zog sie ins Wasser und warf sie zurück an den Strand. Als sie dabei auf einen Felsen prallte, verletzte sie ihre linke Körperhälfte. Nicht nur ihre Schulter schmerzte. Ihr Knie war komplett verdreht und schwoll an. Zuhause in Deutschland  hörte für die 59-Jährige die Odyssée nicht auf. Nach einer Arthroskopie am Knie wurden ihre Schmerzen noch schlimmer.

    „Ich bin irgendwann an zwei Gehhilfen gelaufen, weil ich das Knie überhaupt nicht belasten konnte“, so Sylvia Angermann. Selbst sitzen konnte sie nicht mehr. „Der Schmerz zog sich bis vor in die Zehen.“ Zur gesundheitlichen Belastung gesellte sich die berufliche: Frau Angermann musste ihren Beruf als Assistentin der Geschäftsleitung aufgeben. Für die aktive, lebensfrohe Frau war diese Situation auch psychisch sehr belastend.

    Neurochirurgen diagnostizieren bei ihr einen neuropathischen Schmerz. Bei  Betroffenen ist dann ein Nerv oder das schmerzleitende Nervensystem so geschädigt, dass  ständig Schmerzimpulse über das Rückenmark in das Gehirn geleitet werden. Bei  Sylvia Angermann wirkte  auch eine hochdosierte medikamentöse Schmerztherapie kaum und die Nebenwirkungen waren nicht akzeptabel.

    Das Spinalganglion kann Schmerzsignale regulieren, bevor sie an das Rückenmark und dann weiter an das Gehirn geleitet werden.

    Frau Angermanns letzte Hoffnung war Prof. Dr. med. Matthias Morgalla, Leiter des Bereiches Neurochirurgische Schmerztherapie der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Tübingen. Er führte bei ihr das neue Verfahren einer Dorsalganglienstimulation durch. Dafür implantierte er ihr ein Neurostimulationssystem, bestehend aus einer Stimulationssonde und einem streichholzschachtelgroßen Neurostimulator.

    Die Sonde stimuliert das Spinalganglion. Dies ist eine Nerven-Struktur, die eine wichtige Funktion in der Schmerzweiterleitung hat. Das Spinalganglion ist die erste Schaltstruktur über die das Schmerzsignal in das Rückenmark und dann von dort  in das Gehirn gelangt. Das Spinalganglion befindet sich außerhalb des Rückenmarks und in unmittelbarer Nähe zum Wirbelkanal.

    „Das Spinalganglion kann Schmerzsignale regulieren, bevor sie an das Rückenmark und dann weiter an das Gehirn geleitet werden. Das Spinalganglion funktioniert dabei wie eine Ampel und kontrolliert, wann Empfindungen zum Rückenmark gelangen. Durch die Stimulation des Spinalganglions kann die Ampel auf Rot geschaltet werden, so dass die Schmerzsignale gestoppt werden und nicht zum Gehirn gelangen“, erklärt Prof. Morgalla.

    In einer vielbeachteten Studie konnte  Prof. Morgalla auch wissenschaftlich nachweisen, daß es durch die Stimulation des Spinalganglions wieder zu einer Normalisierung der erkrankten Schmerzleitung kommen kann.

    Betroffenen wie Sylvia Angermann, die nun seit vier Jahren mit dem System lebt, können die Stimulationsstärke mit einem I-Pod den persönlichen Bedürfnissen anpassen. „Ich spürte schon direkt nach der OP eine deutliche Linderung der Schmerzen“, so Sylvia Angermann. „Ich laufe heute zwar keine Marathons. Aber ich kann Auto fahren, arbeite wieder und spiele mit meinen Enkeln. Ich kann jedem diese Behandlung empfehlen.”

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