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    Schmerz ist ein Signal des Körpers hinzuhören!

    Foto: fizkes via Shutterstock

    Anna Klein

    Heute arbeite ich nicht mehr gegen meinen Schmerz und meine Skoliose, sondern mit ihnen.

    Mein Leben änderte sich auf einen Schlag, als ich mit 12 Jahren die Diagnose Idiopathische Adoleszenten-Skoliose bekam. Der Satz des Orthopäden „Wenn du jetzt nichts tust wirst du mit 50 Jahren im Rollstuhl sitzen.“ hat sich bis heute in meinen Kopf eingebrannt. So unsensibel diese Aussage auch ist, hat sie mich doch motiviert eine enorme Disziplin und Konsequenz an den Tag zu legen. 4 Jahre lang trug ich 23 Stunden täglich ein Chêneau-Korsett, eine Orthese zur Korrektur der Wirbelsäulenverkrümmung und Rotation. Nur zum Sport oder für die Physiotherapie durfte ich das Korsett ablegen. Die körperlichen und psychischen Belastungen waren zeitweise sehr schwer zu ertragen. Man kann sich das wie eine Zahnspange für den Rücken vorstellen. Das Korsett wird in regelmäßigen Abständen aufgepolstert, immer fester gezogen, um die gewünschte Korrektur nach und nach zu erreichen. Meine Schüchternheit damals hinderte mich daran offen mit dem Korsett umzugehen und ich versuchte es vor meinen Klassenkameraden zu verstecken. Ich fühlte mich oft anders und komisch und hatte Angst ausgelacht oder nicht akzeptiert zu werden.

    Zusätzlich zum Tragen des Korsetts ging ich regelmäßig zur Physiotherapie nach Schroth, das tägliche Üben zuhause und mehrere Kuraufenthalte erzielten nach Abschulung des Korsetts ein sehr gutes Ergebnis. Der Verkrümmungswinkel der Skoliose hatte sich sogar verbessert. Die Therapie war präventiv, da eine Progression der Krümmung im Alter wahrscheinlich ist.

    Nach Abschluss meines Abiturs folgte eine Zeit, in der ich mir wenig Gedanken über meinen Rücken machte und die Therapie ziemlich schleifen ließ. Ich konzentrierte mich auf mein Media&Entertainment Studium in den Niederlanden und in Spanien. Mit den Jahren wurde es allerdings immer deutlicher, dass langes Sitzen sowie langes Verharren in einer Position starke Schmerzen in meinem Rücken und Nackenbereich auslöste. Besonders in stressigen Prüfungsphasen wurden die Schmerzen unerträglich und ich konnte mir nur mit achtsamer Bewegung und Wärme helfen. Eine falsche Bewegung konnte dazu führen, dass ich tagelang bewegungsunfähig war und unter starken Schmerzen litt, die nur unter Schmerzmitteln zu ertragen waren.

    Der Wendepunkt in meinem Leben war ein halbjähriges Praktikum im Wassersportbereich auf Fuerteventura nach Abschluss meines Bachelorstudiums. Aus dem halben Jahr wurden drei wundervolle Jahre auf dieser heilsamen Insel. Ich kam das erste Mal mit Yoga in Berührung und verliebte mich direkt in diese Praxis, da ich mich und meinen Körper von einer ganz anderen Seite kennenlernte. Jeder, der schon mal chronische Schmerzen hatte weiß was für eine psychische Belastung das mit sich bringen kann. Die meditativen Aspekte des Yoga gaben mir endlich die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen und mich in meinem Körper wohl zu fühlen auch wenn er anders ist als der „perfekte Körper“. Ich hatte die psychische Belastung der Skoliose und der damit verbundenen traumatischen Erlebnisse aus meiner Jugend bis dahin völlig verdrängt und unterschätzt.

    Schnell wurde aus dem neuen Hobby ein nicht mehr wegzudenkender Teil meines Lebens. Ich verschlang im Selbststudium Bücher über orthopädisches Yoga und Yoga Anatomie und durchforstete das Internet nach Studien zum Thema Skoliose Therapie und Yoga für Menschen mit Skoliose.

    Als nun ausgebildete Sportwissenschaftlerin, Yogalehrerin und Stressmanagement Trainerin arbeitete ich in den letzten Jahren neben den eigenen Kursen viel in der betrieblichen Gesundheitsförderung. Hier musste ich die erschreckende Erfahrung machen, dass chronische Rückenschmerzen, Bandscheibenvorfälle und stressbedingte Erkrankungen bei Tausenden an der Tagesordnung liegen. Leider werden oft Symptome zu spät erkannt, da viele das Gespür für ihren eigenen Körper verloren haben oder der Druck von außen so enorm groß ist, dass die Therapiemaßnahmen eher in die Rehabilitation anstatt die Prävention gehen.

    Aufgrund meiner eigenen Geschichte habe ich mich in meinen Kursen und Workshops auf die Rückengesundheit für Menschen mit Skoliose spezialisiert. Es ist mir sehr wichtig die Schwere und die Anhaftung an Krankheit aus diesem Thema zu nehmen und das Selbstbewusstsein, die Akzeptanz des eigenen Körpers und die Stärke meiner Teilnehmer zu unterstützen.

    Yoga bedeutet für mich nicht in Extreme zu gehen, sondern seinen Körper zu verstehen, gewisse Limitationen zu akzeptieren und mit ihnen zu arbeiten. Für mich ist es ein ständiges Weiterentwickeln meiner Praxis, ich lasse mich gerne von anderen Therapieformen inspirieren und bleibe neugierig. Lange habe ich nach dieser einen Lösung gesucht, die meinen Schmerz verschwinden lässt und die Progression meiner Kurve stoppt, doch nur die Kontinuität des Trainings und die Kombination aus Kräftigung und Entspannung führen für mich langfristig zum Erfolg. Heute arbeite ich nicht mehr gegen meinen Schmerz und meine Skoliose, sondern mit ihnen. Schmerz ist ein Signal des Körpers hinzuhören.

    Auch heute merke ich in stressigeren Phasen meines Lebens die Belastung auf meinen Rücken stärker als sonst und habe manchmal Schmerzen. Doch das sind meist auch die Phasen, in denen ich aufhöre darauf zu hören, was mir eigentlich gut tut, weil der Alltag mich eingeholt hat. Yoga ist da ein perfektes Werkzeug um den Schmerzkreis zu durchbrechen, sich richtig zu bewegen und zu entspannen.

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    Weitere Informationen finden Sie unter backupyogi-training.com und auf Instagram.

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