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    Multimodale Schmerztherapie

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    Chronische Schmerzen können jeden treffen. Die Zahl der chronischen Schmerzpatienten ist hoch und steigt, es fehlt jedoch an qualifizierten Schmerzmedizinern. Wie dieses seit Jahren bestehende Problem gelöst werden kann, erklärt Prof. Dr. Dr. Joachim Nadstawek, Vorsitzender des Berufsverbands der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland e. V. (BVSD).

    Prof. Dr. Dr. Joachim Nadstawek

    Vorsitzender des Berufsverbands der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland e.V. (BVSD)

    Was läuft schief mit der Schmerzversorgung in Deutschland? 

    Die schmerzmedizinische Unterversorgung ist eklatant. In Deutschland leben rund 3,9 Millionen Patienten mit schweren und hochproblematischen chronischen Schmerzen. Von diesen Patienten können heute in Deutschland nur etwa 400.000 Patienten von einem der 1.329 ambulant tätigen Schmerzmedizinern im Quartal versorgt werden. Außerdem steht Deutschland vor einem akuten Nachwuchsproblem: In fünf Jahren stehen 49 Prozent der heute tätigen Schmerzmediziner vor dem Ruhestand. Wir haben keinen Facharzt für Schmerzmedizin und keine Bedarfsplanung. 

    Wie kann die Unterversorgung in der Schmerzmedizin beseitigt werden? 

    Wir brauchen dringend mehr Schmerzmediziner. Nicht nur um die Versorgungslücke zu schließen, sondern um dringend benötigten Nachwuchs zu gewinnen. Die Politik muss endlich aktiv werden und die Rahmenbedingungen verbessern. Die ambulante Schmerzmedizin muss attraktiver werden. Das Plus der multimodalen Schmerzmedizin sind ihre Interdisziplinarität und das Arbeiten im Team. 

    Multimodale Schmerzmedizin – was ist das? 

    Unter einer interdisziplinären multimodalen Schmerzmedizin versteht man die gleichzeitige und abgestimmte Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen durch ein Team. Deshalb haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung und wir als BVSD ein neues ambulantes Vertragskonzept entwickelt, die SASV. 

    Was ist unter einer SASV zu verstehen? 

    Mit der spezialisierten ambulanten schmerzmedizinischen Versorgung, SASV, einer multimodalen Schmerzkomplexbehandlung, wird die ambulante schmerzmedizinische Versorgung strukturell und nachhaltig deutlich verbessert. Ein Team aus spezialisierten Schmerzmedizinern, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Mototherapeuten, Ergotherapeuten und Pflegekräften arbeitet zusammen im Sinne einer multimodalen Therapie. Dabei steht der Patient im Mittelpunkt. Eine individuelle Therapie ist möglich. Damit können wir eine drohende Schmerzchronifizierung verhindern und bestehende chronische Schmerzen effektiver auch ambulant behandeln. 

    Wir stellen uns ein komplett abgestuftes schmerzmedizinisches Versorgungsangebot vor: ausgehend von der Basisversorgung durch Haus- sowie Fachärzte über die Versorgungsebene nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung bis zur neu hinzukommenden SASV-Komplexbehandlung im Team. Der voll- und teilstationäre Sektor sowie der Rehabereich vervollständigen die schmerzmedizinischen Versorgungsebenen. 

    Klar ist, dass eine SASV nicht mit stationären und teilstationären Versorgungsangeboten konkurriert, sondern eine Ergänzung und Erweiterung darstellt, insbesondere nach einem stationären Aufenthalt. 

    Die SASV wird den Wünschen vieler Ärztinnen und Ärzte gerecht nach Teamarbeit, nach festen Arbeitszeiten, nach interdisziplinärer und multiprofessioneller Zusammenarbeit. Dadurch wird die Attraktivität des Arztberufes in der Schmerzmedizin gestärkt. 

    Warum ist die SASV noch nicht umgesetzt? 

    Sowohl die Kassenärztliche Bundesvereinigung als auch die Krankenkassen bremsen die Einführung der SASV in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung. Wir brauchen deshalb jetzt einen sehr hohen politischen Druck, um die Unterversorgung in der Schmerzmedizin endlich zu beseitigen und konstruktive Lösungswege zu unterstützen, mit klaren gesundheitspolitischen Vorgaben an die verfasste Ärzteschaft und die Krankenkassen. 

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